„Früher Stammtisch, heute Facebook“

| 02.06.2016

Donauinselfest und Casinos Austria luden zum Talk über österreichische Musik.

Was kommt nach dem Hype um Wanda, Bilderbuch, Seiler & Speer? Wer wird international den Durchbruch schaffen? Wird es jemals einen neuen Falco geben? Oder sind die kulturpolitischen Rahmenbedingungen in Österreich denkbar schlecht für Nachwuchsmusiker? Diese und andere Fragen wurden von Insidern der österreichischen Musikszene im Weinpavillon der Wiener Summerstage intensiv diskutiert.

Kein Hype in Österreich

„In Österreich gibt es aus meiner Sicht keinen wirklichen Hype. Weil Hype bedeutet, dass etwas künstlich aufgeblasen wird. Davon sind wir in Österreich weit entfernt. Seiler & Speer sind das beste Beispiel für einen klassischen 'Nicht-Hype', denn die beiden gibt es schon lange und haben es aus Eigeninitiative geschafft“, eröffnete Walter Gröbchen, Journalist und Musikverleger, die Diskussionsrunde. Mediales Airplay sei zwar nach wie vor essentiell für Nachwuchsmusiker, aber nicht mehr der einzige Kanal. „Heute schauen Journalisten bei ihrer Recherche auf die Anzahl von Twitter-Follower, Klicks auf YouTube und so weiter. Es gibt also heutzutage viel mehr Dampf in allen Kanälen.“

Dietmar Hoscher pflichtete Gröbchen bei: „Österreichische Bands setzen sich heute auch durch, wenn sie nicht im Radio gespielt werden. Denn Wanda waren zuerst in der Community bekannt, bevor sie zu Radiostars wurden.“ Hannes Tschürtz will die Medien dennoch stärker in die Pflicht nehmen: „Die Qualitätspresse berichtet gut, aber bei Seiler & Speer dauerte es elendslang, bis sie endlich in der Kronen Zeitung waren.“ Und Elisabeth Hakel ergänzte: „Die österreichischen Medien sind im Bereich Musik viel zu langsam. Denn die heutige Kommunikation ist eine andere, viel schnellere. Was früher der Stammtisch war, ist heute Facebook."

Gitarre vom Gemeindeamt

Nicht nur die sozialen Netzwerke tragen zu einem fruchtbaren musikalischen Klima eines Landes bei, sondern auch eine aktive Kulturförderung. Ewald Pfleger: „In Schweden geht man als Künstler zum Gemeindeamt und bekommt sinnbildlich eine Gitarre oder ein Keyboard. Nicht umsonst stammen 70 bis 80 Prozent der US-Hits aus schwedischer Feder. Auch die österreichischen Pop-Künstler müsste man also viel mehr unterstützen. Dann würde es auch mit dem internationalen Durchbruch besser klappen.“

Beim Wiener Donauinselfest sei man schon auf einem guten Weg. „Bei uns stammen heuer zwei Drittel aller Bands aus Österreich, Tendenz steigend. Das ist schon ein Zeichen, dass die österreichische Musikszene sehr lebendig ist. Allerdings bin ich auch der Meinung, dass es hier noch sehr viel zu tun gibt“, berichtete Thomas Waldner. Auch Virginia Ernst zeigte sich sehr optimistisch: „Ich hoffe, der Conchita-Effekt hält weiter an und noch viele österreichischen Künstler werden auch international wahrgenommen. Ich bin jetzt seit zweieinhalb Jahren in diesem Business und es ist für mich ein Wahnsinn, wie viel schon passiert ist. Wir sollten einfach alle an einem Strang ziehen und einen gemeinsamen Weg gehen. Ich jedenfalls bin stolz darauf, für Österreich Musik machen zu können. Hoffentlich bald international.“

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