Die Bedeutung von Produktinnovationen für Industrie und Handel ist unbestritten. Das ist eine der zentralen Erkenntnisse einer aktuellen Marketagent-Studie. Rund neun von zehn Branchen-Expert:innen halten Produktinnovationen für sehr oder eher wichtig. Im Lebensmittelhandel liegt der Wert bei 90 Prozent, im Drogeriefachhandel bei 85 Prozent. Auch auf der Verbraucherseite stoßen Neuheiten im Handel auf Interesse: 63 Prozent legen Wert auf Innovationen im Lebensmitteleinzelhandel, 57 Prozent im Drogeriefachhandel. Ein Vergleich mit einer Erhebung aus dem Jahr 2018 zeigt jedoch, dass sowohl der Innovationsdrang der Hersteller als auch die Offenheit der Konsument:innen für neue Produkte in den vergangenen Jahren leicht zurückgegangen sind.
Branche setzt auf Regalplatzierung
Für die Branche steht fest: Die Präsenz im Handel ist der Schlüssel zum Erfolg einer Produktneueinführung. Entscheidend sind laut Manager:innen eine prominente Regalplatzierung (98 Prozent) und eine breite Distribution (92 Prozent). Erst an dritter Stelle folgt die Produktqualität mit 88 Prozent, gefolgt von begleitender Werbung (87 Prozent). Die richtige Preisstrategie (87 Prozent) rundet die fünf wichtigsten Erfolgskriterien ab.
Preis für Bevölkerung am wichtigsten
Für Konsument:innen ist der Preis hingegen ein dominierendes Entscheidungskriterium beim Einkauf von Produkten des täglichen Bedarfs. Ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis ist mit Abstand der wichtigste Faktor – sowohl bei Lebensmitteln (63 Prozent) als auch bei Drogerieprodukten (56 Prozent). Danach folgen Rabattaktionen und die Produktqualität. Auch bei Neuheiten im Regal spielt das Preisschild eine entscheidende Rolle: Hier steht die wirtschaftliche Attraktivität einer Innovation an oberster Stelle (80 Prozent). Vertrauen in eine Marke erhöht die Bereitschaft, ein neues Produkt auszuprobieren. 74 Prozent greifen eher zu, wenn sie bereits positive Erfahrungen mit dem Hersteller gemacht haben. Ferner wecken ein klar erkennbarer Mehrwert (68 Prozent), natürliche Inhaltsstoffe (59 Prozent) und eine Produktion in Österreich (57 Prozent) besonderes Interesse.
Konsument:innen und Profis liegen weit auseinander
Die Studie zeigt auch eine gestiegene Preissensitivität bei der Bevölkerung. Die Bereitschaft, für besondere Produktfeatures mehr zu zahlen, ist in den vergangenen Jahren merklich zurückgegangen. Egal, ob Bio-Qualität, Regionalität, Fairtrade, besondere Wirkstoffe oder Gütesiegelauszeichnungen: die heimischen Konsument:innen sind aktuell deutlich weniger bereit, dafür mehr Geld auszugeben, als noch vor sieben Jahren. Da wundert es nicht, dass sich die Käufer:innen eher Produktinnovationen im niedrigeren Preissegment wünschen (40 Prozent). Das Ergebnis steht im krassen Widerspruch zu den Daten der Branchenprofis. Manager:innen nehmen die größten Innovationspotenziale in der Premium-Positionierung, also im höherpreisigen Segment, wahr (55 Prozent).
Bei der Frage, wie innovativ neue Produkte sein sollten, gehen die Vorstellungen von Industrie, Handel und Konsument:innen ebenfalls auseinander. "Kleine Variationen bestehender Produkte oder bahnbrechende Neuheiten? Während Handel und Industrie sich gerne viel trauen und einen hohen Innovationsgrad und mutige Produktentwicklungen bevorzugen, zeigen sich die Shopper:innen pragmatischer. Für sie muss es nicht immer eine revolutionäre Neuerung sein – auch leicht weiterentwickelte Varianten bewährter Produkte finden Anklang", fasst Thomas Schwabl, Gründer und Geschäftsführer von Marketagent, die unterschiedlichen Perspektiven zusammen.
Beim Blick auf verschiedene Warengruppen zeigt sich ein scheinbarer Widerspruch: Während Handel und Industrie Produktinnovationen tendenziell eher in Kategorien mit geringer Sortimentsvielfalt für Erfolg versprechend halten, gelten aus ihrer Sicht gerade impulsstarke Warengruppen mit breitem Angebot als besonders geeignet für Neuprodukte. So sehen die Branchen-Expert:innen die größten Chancen für Innovationen bei alkoholfreien Getränken (81 Prozent), Süßwaren (79 Prozent) und Knabberartikeln (76 Prozent). Auch der aktuelle Trend der veganen Alternativen (79 Prozent) gilt als zukunftsträchtiges Innovationsfeld. Im Drogeriebereich dominiert mit Nahrungsergänzungsmitteln (79 Prozent) ein weiterer hochaktueller Trend. Ebenso gelten dekorative Kosmetik (79 Prozent) und Gesichtspflege (77 Prozent) als erfolgversprechende Kategorien für Produktneuheiten. Die befragten Konsument:innen setzen völlig Prioritäten. Neben den impulsstarken Süßigkeiten (36 Prozent) wünschen sie sich insbesondere Innovationen bei Grundnahrungsmitteln wie Brot & Backwaren (30 Prozent) und Milchprodukten (30 Prozent). Im Drogeriefachhandel sind Körperpflegeprodukte (33 Prozent), Haarpflege (28 Prozent) und Deodorants (27 Prozent) besonders gefragt, wenn es um neue Produkte geht.
Produkte schwerer zu etablieren
77 Prozent der Branchenprofis empfinden es übrigens als schwierig, echte Innovationen nachhaltig am Markt zu etablieren. Im Vergleich zu 2018 scheint die Situation noch herausfordernder geworden zu sein. Im Schnitt werden nur 20 Prozent der Innovationen eine nachhaltige Etablierung am Markt zugetraut. Die größten Stolpersteine werden in einer nicht ausreichenden Unterstützung durch den Handel und einer mangelnden werblichen Begleitung verortet.
www.marketagent.com
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