LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Stark, Sie sind Unternehmer mit Leidenschaft und geben diesen Spirit auch als Keynote-Speaker weiter. Durch welche Lebensgeschichte sind Sie, Geschäftsführer von Infinity Media und einer der international anerkannten Keynote Speaker, zum Thema "Vertrauen" gekommen?
Peter Stark: Meine Lebensgeschichte bezeichne ich gerne als "klassisch". Was allerdings bemerkenswert ist – ich bin bisher 27-mal umgezogen und durfte mich in unterschiedlichen Umgebungen immer wieder neu beweisen. Das hat bestimmt meine Anpassungsfähigkeit und meine Empathie gefördert. Außerdem wurde ich dadurch gezwungen, an den Rand meiner Komfortzone zu gehen.
Nach meinem MBA in Kopenhagen, startete ich meine berufliche Laufbahn bei einem Softwareunternehmen, an dem ich mich auch finanziell beteiligt habe. Meine Aufgabe lag im Vertrieb und im Aufbau neuer Standorte im Ausland. Der "Vertrieb" ist für mich nach wie vor eine der besten Lebens-Schulen. Es geht um Fleiß, Einsatz, vernetztes Denken, den Aufbau von Beziehungen und nirgendwo liegen Erfolg und Misserfolg so nahe beieinander.
Mit Anfang 40 begann ich als Interim-Manger und durfte für diverse Unternehmen Führungsverantwortung übernehmen. Vom Start-up bis zum Konzern – von Norddeutschland über die Schweiz bis Kärnten – war ich als Geschäftsführer, Vorstand oder Verantwortlicher für Vertrieb im Einsatz. Teilweise in mehreren Unternehmen gleichzeitig. Was ich dabei gelernt habe, ist, dass es gleichgültig ist, in welcher Branche, Region oder Unternehmensgröße man Verantwortung übernimmt – es geht immer darum, Menschen zu begeistern, zu fördern, aber auch zu fordern. Gegenseitiges Vertrauen und Zutrauen ist der Schlüssel zu Erfolg. In unserer bunten Welt geht es darum Verständnis für Diversität, Religion, Kultur und auch für Generationen zu schaffen.
Im Zuge meiner Tätigkeit wurden mir einige Geschäftsmodelle nähergebracht, die allesamt mehr oder weniger interessant waren. Für die Infinity Media war ich vom Start weg Feuer und Flamme. Hier passt das Geschäftsmodell hundertprozentig und das Team aufzubauen ist eine der schönsten Aufgaben, die ich bisher hatte.
Daneben möchte ich als Speaker einem breiten Publikum die Wirkung der unterschiedlichen Ebenen von Vertrauen näherbringen. Während die Generationen vor uns noch in die klassischen Institutionen Politik, Wissenschaft, Medien und Kirche vertraut haben, ist das heute bei Weitem nicht mehr der Fall. Aus unterschiedlichen Studien geht hervor, dass nur mehr 20 bis 30 Prozent der Menschen in Politik, die Bedeutung von Wissenschaft oder aber in die Unabhängigkeit von Medien vertrauen. Laut Vatikan News vom November 2023 liegt das Vertrauen in die katholische Kirche nur mehr bei neun Prozent. Andererseits sehnen sich Menschen nach Institutionen, denen sie vertrauen können – das ist die große Chance für Familie oder Unternehmen. Das mache ich in meinen Vorträgen deutlich und gebe auch Beispiele aus meinem Leben.
LEADERSNET: Warum ist Vertrauen aus Ihrer Sicht die Superkraft für den Erfolg eines Unternehmens?
Stark: Wir leben in glorreichen Zeiten, die in einer radikalen Geschwindigkeit neue Optionen ermöglichen und neue Informationen liefern. Informationen werden sekündlich erzeugt und verbreitet. Das führt zu einer unglaublichen Verwirrung, weil man nicht mehr weiß, was richtig oder falsch ist. Wir Menschen wollen möglichst alles "richtig" machen und "brav" sein – das wird aber immer schwieriger. Als Beispiel: Dieselautos waren in meiner Jugend "die Lösung", um die Umwelt zu retten. Weniger Verbrauch bei geringeren Kosten gegenüber mit Benzin betriebenen Autos. Heute darf man mit diesen Autos teilweise nicht mehr in Städte fahren. Sie werden verbannt und geächtet. Als Unternehmen können wir Klarheit geben, Regeln des Miteinander aufstellen und einhalten und vor allen Dingen: Unseren anvertrauten Mitarbeiter:innen einen Purpose/einen Sinn geben. Die Tätigkeit jedes:er einzelnen soll einen wesentlichen Beitrag zum Gemeinwohl machen.
LEADERSNET: Warum ist menschenzentrierte Führung die Grundlage für Zusammenarbeit?
Stark: Die Generation meiner Eltern hat mit dem Begriff "führen" sehr viel Trauer, Wut und Destruktivität verbunden. Werte wie Respekt, Disziplin oder Anstand wurden mit einem Regime in Verbindung gebracht, das unter Führung Ungerechtigkeit, Diskriminierung, Raub, Folter und sogar Mord im großen Stil verstanden hat. Diese Zeiten sind Gott sein Dank vorerst einmal vorbei.
LEADERSNET: Führen versus geführt werden. Wann ist man hier auf der richtigen Seite?
Stark: Führung ist meiner Meinung nach kein Konzept, dass wir Menschen erfunden haben. Es ist ein Grundkonzept dafür, was Menschen brauchen, um friedlich und erfolgreich zusammenleben zu können.
Kleine Kinder wollen geführt werden – sie erwarten das von Geburt an. Sie können sich nur dann als Kinder benehmen und entwickeln, wenn für sie gesorgt ist. Gleich wie in einem Rudel muss es eine:n Alpha geben, der Richtung, Werte und Umgangsformen vorgibt. Wenn Mama oder Papa diese Rolle nicht ausüben, führt das bei Kindern zu Stress und Überforderung, weil sie davon ausgehen müssen, dass sie selbst "Alpha" also Chef sind – eine Rolle, die sie unmöglich ausfüllen können.
Gleich ist es im Unternehmen. Jemanden ausschließlich deshalb zu befördern, weil er schon lang im Unternehmen ist oder weil er:sie der/die beste operative Kraft im Team ist – das ist fahrlässig und führt ebenfalls zu Überforderung.
Meine Empfehlung ist, dass man sich Zeit nimmt und viele Gespräche führt, bevor man Führungspositionen besetzt.
LEADERSNET: Die Extrameile zu gehen, bedeutet einen Wettbewerbsvorteil. Kann die Extrameile durch Vertrauen leichter erreicht werden?
Stark: Das sehe ich genauso. Man kann zusätzlichen Einsatz von keinem Menschen "einfordern". Man kann den Einsatz mit Drohungen erzwingen oder durch hohe Belohnungen bezahlen. Das funktioniert aber auf Dauer nicht. Mein Mentor, Dr. Manfred Winterheller, sagt sinngemäß: Wenn die richtigen Menschen in der richtigen Stimmung sind, kann außergewöhnliches geschehen.
Die "richtigen" Menschen beschreibt dabei ein Team, das sich uneingeschränkt vertraut. Dieter Kalt, eine Sportlegende und enger Freund sagt: in Leadership Teams kümmern sich die Mitglieder umeinander und garantieren dadurch den gemeinsamen Erfolg. Auch hier geht es darum, dass man sich nur dann umeinander kümmern kann, wenn man einander vertraut.
LEADERSNET: "Great Place to Work" ist eine Positionierung, wie Arbeitgeber:innen mit ihren Mitarbeiter:innen umgehen. Was ist deine Empfehlung, um Mitarbeiter:innen zu begeistern?
Stark: Menschen wie Menschen behandeln – mehr ist es nicht. Auf der einen Seite Wertschätzung und Anerkennung und auf der anderen Seite Herausforderung und Klarheit. Mitarbeiter:innen sollten von sich aus begeistert sein und einen Sinn in ihrem Tun haben. Da braucht es keine "klassische" Führung. Führung bedeutet dann mehr "da sein", "Zeit haben", "zuhören" und "Sicherheit geben" – das sorgt dann dafür, dass Mitarbeiter:innen und Teams in Ruhe arbeiten können und erfolgreich das tun, was ihnen Freude bereitet.
LEADERSNET: Wo Peter Stark spricht, bleibt emotionale Motivation zurück. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Stark: Das ist eine Frage, mit der ich mich natürlich auch immer wieder beschäftige. Ist es eine Gabe oder ein Talent, das ich habe? Letztendlich ist es aber völlig gleichgültig – wichtig ist, dass Menschen wissen, dass sie mir vertrauen können. Mein Interesse für jede Person, der ich begegnen darf, ist riesig. Ich höre unglaublich gerne zu und lerne aus den großteils sehr persönlichen Geschichten, die mir erzählt werden.
Es gilt bei mir immer: what you see is what you get. Ich bin offen, ehrlich und authentisch.
www.infinitymedia.at
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