Am 11. Jänner 2024 fand im Haus der Industrie in Wien die traditionelle Jahrespressekonferenz der Automobilwirtschaft inklusive der Bekanntgabe der Kfz-Zulassungen des Vorjahres statt. Dabei wurden gemeinsam mit der Statistik die offiziellen Zahlen und Daten zum österreichischen Automobilmarkt 2023 präsentiert sowie ein Ausblick auf 2024 gegeben. Präsentiert wurden die Analysen, Ergebnisse und Erwartungen von Peter Laimer, stv. Leiter Direktion Raumwirtschaft Statistik Austria, Brigitte Allex, Bereichsleiterin Kraftfahrzeuge und Straßenverkehrssicherheit Statistik Austria, Günther Kerle, Sprecher der österreichischen Automobilimporteure und Klaus Edelsbrunner, Bundesgremialobmann Fahrzeughandel in der Wirtschaftskammer. Moderiert wurde die Pressekonferenz von Christian Pesau, Geschäftsführer Verband der Automobilimporteure in der Industriellenvereinigung.
Neuwagenmarkt dank alternativen Antrieben im Plus
Los ging es mit den Zahlen. Laut Statistik Austria wurden hierzulande 2023 exakt 239.150 Personenkraftwagen (Pkw) neu zugelassen. Damit stiegen die Neuzulassungen im Vergleich zu 2022 um 11,2 Prozent. Obwohl es damit im Gegensatz zum Vorjahr (-10,3 Prozent) wieder ein Plus gab, herrscht in der Branche keine Euphorie. Zum einen, weil der Anstieg zum Teil auf einem Abbau von Bestandsaufträgen beruht, zum anderen weil wir nach wie vor weit vom Vor-Corona-Niveau entfernt sind. Im Vergleich zu 2019 wurden 2023 nämlich um 27,4 Prozent weniger Pkw verkauft.
Doch zurück zu den aktuellen Zahlen. Im Vorjahr gab es mit Ausnahme von September in allen Monaten ein Plus. Dieses beruht vor allem am Boom alternativer Antriebe, wie die Statistik-Austria-Expert:innen erklärten. Im Vorjahr wurden 47.621 rein elektrisch betriebene Pkw neu zugelassen, dies entspricht im Vergleich zu 2022 einem Anstieg von 39,4 Prozent. Einen deutlichen Zuwachs gab es auch bei den Neuzulassungen von Hybriden (Benzin-Hybrid: 52.967 Stück; +30,1 Prozent, Diesel-Hybrid: 14.619 Stück; +8,9 Prozent). Rückläufig entwickelten sich hingegen die Neuzulassungen von Benzinern (77.354 Stück; −1,5 Prozent) und Selbstzündern (46.568 Stück; −3,2 Prozent).
Der Anteil von rein elektrisch betriebenen Autos an allen Pkw-Neuzulassungen lag 2023 bei 19,9 Prozent, der von Benzin-Hybrid-Pkw bei 22,1 Prozent und der von Diesel-Hybrid-Pkw bei 6,1 Prozent. Insgesamt erreichten alternative Antriebssysteme einen Anteil von 48,2 Prozent, konventionell angetriebene Autos einen Anteil von 51,8 Prozent (Benzin: 32,3 Prozent; Diesel: 19,5 Prozent).
Der Trend, dass Privatkund:innen beim Erwerb von Elektro- und Diesel-Pkw zurückhaltend sind, setzte sich 2023 fort. So entfielen von allen E-Auto-Neuzulassungen 79,4 Prozent auf juristische Personen, Firmen und Gebietskörperschaften und 20,6 Prozent auf private Fahrzeughalter:innen. Diesel-Pkw wurden im Jahr 2023 sogar nur zu 19,6 Prozent von Privatpersonen gekauft. Bei den Benzinern liegt dieser Anteil mit 43,3 Prozent deutlich höher.
- Die beliebtesten Marken und Modelle
Beim Markenranking gab es keine Überraschungen. Hier dominieren die Volkswagen Konzernmarken (VW, Audi, Seat, Skoda, Cupra, Porsche), die zusammen auf einen neuen Marktanteilsrekord von 39 Prozent kommen. Alle Top-10-Marken konnten im Jahresvergleich Zuwächse entweder im zweistelligen (Skoda +26,5 %, Audi +24,8 %, Dacia +24,7 %, Seat +15,3 %, Hyundai +12,3 %) oder im einstelligen Bereich (BMW +9,8 %, Toyota +7,6 %, Mercedes +5,6 %, VW +5,2 %, Kia +4,1 %) erzielen.
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Stück
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Marktanteil in Prozent
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1. VW
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33.602
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14,1
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2. Skoda
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23.684
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9,9
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3. BMW
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17.922
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7,5
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4. Audi
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15.239
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6,4
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5. Hyundai
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12.462
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5,2
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6. Mercedes
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12.157
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5,1
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7. Seat
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11.996
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5,0
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8. Toyota
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9.818
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4,0
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9. Dacia
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9.576
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4,0
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10. Kia
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9.065
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3,8
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Bei den Modellen gab es sehr wohl eine Überraschung. Hinter dem Spitzenreiter Skoda Octavia reiht sich nämlich das rein elektrische Tesla Model Y auf Platz 2 an. Damit konnte der US-Stromer sogar den bis vor wenigen Jahren jahrzehntelangen Spitzenreiter VW Golf, der auf Rang drei landet, hinter sich lassen. Komplettiert wird das Top 10-Modellranking von Toyota Yaris, BMW X1, Dacia Sandero, VW Tiguan, Skoda Enyaq, Seat Ateca und Skoda Karoq.
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Stück
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Marktanteil in Prozent
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1. Skoda Octavia
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6.877
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2,9
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2. Tesla Model Y
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6.039
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2,5
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3. VW Golf
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5.380
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2,2
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4. Toyota Yaris
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4.327
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1,8
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5. BMW X1
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4.019
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1,7
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6. Dacia Sandero
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3.948
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1,7
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7. VW Tiguan
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3.748
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1,6
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8. Skoda Enyaq
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3.743
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1,6
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9. Seat Ateca
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3.268
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1,4
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10. Skoda Karoq
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3.079
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1,3
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Bei den Elektroautos führt Tesla mit 8.417 verkauften Fahrzeugen das Markenranking an. Hinter dem US-Pionier landen Volkswagen (5.127 Fahrzeuge), Skoda (3.743 Fahrzeuge), Audi (3.038 Fahrzeuge) und Cupra (2.649 Fahrzeuge) in den Top 5. Da das Tesla Model Y bei den gesamten Neuzulassungen auf Platz zwei liegt, führt es natürlich auch das Modellranking an. Weiters unter die Top 10 schaffen es Škoda Enyaq, Cupra Born, VW ID.4, Tesla Model 3, BMW i4, Audi Q4, BMW iX1, VW ID.3 und BMW iX3.
Branche vor großen Herausforderungen
Wie eingangs erwähnt, herrscht in der Branche trotz des Anstiegs bei den Neuzulassungen keine allzu gute Stimmung. Nach dem absoluten Katastrophenjahr 2022 konnte man zwar den Abwärtstrend stoppen, aber man sei nach wie vor weit von einem "Normaljahr" mit bis zu 350.000 Einheiten in den Vor-Corona-Jahren entfernt, so Günther Kerle, der betonte, dass man von einer Trendumkehr daher nicht sprechen könne.
"Im letzten Jahr konnten die Lieferketten und somit auch die Produktionen wieder stabilisiert werden. Das führte zum Abbau der Aufträge aus 2022 und zu einer Normalisierung der Lieferzeiten. Doch das Jahr 2023 war auch geprägt von einer extremen Teuerungswelle in allen Bereichen und insbesondere die hohen Energiepreise führten zu einer weiteren Verunsicherung der Bevölkerung. Das Ergebnis ist eine spürbare Kaufzurückhaltung sowohl im privaten Bereich als auch im Firmengeschäft“, so Kerle. Dies würde vielleicht einige politische Akteure freuen, wäre aber für die angestrebte CO2-Reduktion im Straßenverkehr keine positive Nachricht, da es zu einer weiteren Veralterung des Fahrzeugbestandes und damit zu einer Verlangsamung der CO2-Reduktion komme.
Kerle legte noch nach: "Trotz der enormen Anstrengungen, die die Automobilindustrie unternimmt, die Emissionen im Verkehr so weit als möglich zu senken, ist das Auto das erklärte Feindbild einer kleinen, aber lauten Minderheit. Es wird keine Gelegenheit ausgelassen, um gegen den Individualverkehr und somit gegen das Auto mobil zu machen. Sei es das Dieselprivileg, die immer wiederkehrenden Diskussionen über die Pendlerpauschale oder auch den 100er auf Autobahnen." Hier werde laufend mit Unwahrheiten argumentiert, so der Sprecher der österreichischen Automobilimporteure, der sich auch gegen gegen weitere Belastungen aussprach und eine Reform der Pendlerpauschale, keine weitere Erhöhung der Mineralölsteuer sowie eine Valorisierung des Kilometergeldes und der Luxustangente forderte. Die individuelle motorisierte Mobilität müsse jedenfalls für alle Bürger leistbar bleiben.
Einig waren sich die Expert:innen darüber, dass die Zukunft bei den Pkw zumindest in Europa jedenfalls elektrisch sei, auch wenn die Unsicherheit speziell im Privatkundenbereich immer noch sehr hoch ist. Um für mehr Akzeptanz zu sorgen, müsse der Ausbau der Ladeinfrastruktur weiter beschleunigt und die Ladetarife transparent und einfacher werden. Laden müsse genauso unkompliziert sein wie tanken. Klaus Edelsbrunner fügte hinzu: "Für einen Ausbau der Infrastruktur ist auch notwendig, dass Förderungen erweitert werden und die Anschlusskosten auch umfassend gefördert werden müssen." Ausdrücklich begrüßt wurde vom Obmann des Bundesgremiums Fahrzeughandel, dass die E-Mobilität im Privatbereich vom Klimaschutzministerium auch 2024 gefördert wird. Privatkund:innen erhalten beim Kauf eines neuen Elektroautos auch in diesem Jahr 5.000 Euro (Teil kommt vom Importeur), wenn sie die Anforderungen erfüllen.
Weiters verwies Edelsbrunner darauf, dass sich der heimische Autohandel aktuell in einem großen Wandel befinde. So haben einige Hersteller bereits ihre Vertriebssysteme auf ein Agenturmodell umgestellt. Hier fungiert der:die Autohändler:in nur noch als Vermittler:in (Agent:in) zwischen Hersteller und Kund:innen. Preise, Margen, etc. werden fix vorgegeben. Am Autoverkauf verdient man dabei nur noch auf Provisionsbasis. Unlängst ging das Agentursystem in Österreich nach Mercedes und Volkswagen (nur Elektroautos) auch bei Stellantis (Opel, Peugeot, Citroen, Fiat, Jeep, etc.) an den Start. BMW könnte in absehbarer Zeit folgen.
Verhaltener Ausblick
Für 2024 bleibe die Gesamtsituation weiter herausfordernd, so Günther Kerle. Laut ihm werde das erste Halbjahr vom geordneten Abbau der Auftragsbestände dominiert, während das zweite Halbjahr insbesondere von Produktneuheiten und absatzbelebenden Maßnahmen (Rabatten, etc.) geprägt sein werde. Man rechne auf Grund der schwierigen Rahmenbedingungen mit einem ähnlichen Geschäftsjahr wie 2023. Auch der Fahrzeughandel geht für 2024 erneut von rund 240.000 Neuzulassungen aus.
LEADERSNET war bei der Pressekonferenz. Fotos sehen Sie in unserer Galerie.
www.automobilimporteure.at
www.statistik.at
www.wko.at/fahrzeughandel
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