Rund 15 Jahre nach Beginn der Ermittlungen im Fall "Buwog" und fünf Jahre nach der ersten, nicht rechtskräftigen Verurteilung von Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger, Peter Hochegger, Karl Petrikovics und weiteren Angeklagten hat der Oberste Gerichtshof (OGH) am Dienstag die endgültige Entscheidung gefällt und verkündet.
Das wurde auch langsam Zeit. Denn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft haben bereits 2009 begonnen, der erste Prozess fand Ende 2017 statt. Im Dezember 2020 wurde Grasser dann u.a. wegen Untreue zu acht Jahren Haft verurteilt. Ins Gefängnis musste der Ex-Finanzminister aber nicht. Er ging nämlich in Berufung.
Urteil teilweise aufgehoben, Strafmaß reduziert
Doch welche Entscheidung hat der Fünf-Höchstrichtersenat unter dem Vorsitz von Christa Hetlinger am Dienstag gefällt? Das Urteil gegen Karl-Heinz Grasser und sechs weitere Angeklagte wurde teilweise aufgehoben. In Sachen Beweismittelfälschung wird das Urteil gegen den Ex-Politiker aufgehoben und ans Erstgericht zurückverwiesen. Schuldig wurde Grasser bezüglich Untreue und Geschenkannahme gesprochen. Hier wurde das Strafmaß von acht auf vier Jahre Haft reduziert – unbedingt. Er muss also ins Gefängnis.
Begründet wird die Halbierung der ursprünglichen Haftdauer wie folgt: Bei zur persönlichen Bereicherung begangener Untreue und Korruption durch ein Mitglied der Bundesregierung und dessen Vertraute mit einem Schaden in der Höhe von nahezu zehn Millionen Euro handle es sich um schwere Straftaten mit schweren Folgen. "Vor allem die exorbitant lange Verfahrensdauer, der bis zur Tatbegehung ordentliche Lebenswandel der Angeklagten und das mehr als 15 Jahre lange Zurückliegen der Taten samt seitherigem Wohlverhalten stehen aber der Verhängung von im obersten Bereich des zur Verfügung stehenden Strafrahmens gelegenen Strafen entgegen", so der Fünf-Richter-Senat.
Grasser sprach nach der Verkündung von einem Fehlurteil und einer massiven Verletzung seiner Menschenrechte und kündigte den Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) an. Einen Aufschub für den Antritt der Gefängnisstrafe gibt es trotzdem nicht. Diese muss er nach der schriftlichen Zustellung binnen eines Monats antreten. Auf Bewährung könnte Grasser frühestens nach zwei Jahren frei kommen, eine Fußfessel kann er nach einem Jahr beantragen.
Weitere Urteile
Die Strafmaße der weiteren Angeklagten lauten wie folgt: Ex-Lobbyist Meischberger wurde zu 3,5 Jahren unbedingter Haft verurteilt. Ex-Immofinanz-Chef Petrikovics bekam ein Jahr (teils bedingt) aufgebrummt und Hochegger eine Zusatzstrafe von drei Jahren, diese jedoch teils bedingt. Bei Letzterem hatte der OGH laut eigenen Angaben auf zwei rechtskräftige Vorverurteilungen mit einer dort verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren Bedacht zu nehmen. Da der mittlerweile 75-Jährige, der sich als einziger der Angeklagten teilweise geständig gezeigt und einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung geleistet hat, zwischenzeitig bereits mehrere Monate in Strafhaft verbracht und sich seit fast zwei Jahrzehnten wohlverhalten hat, sah der Oberste Gerichtshof einen Teil der verhängten Strafe von zwei Jahren unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nach.
Ein weiterer Angeklagter wurde für den zur Gänze bestätigten Schuldspruch zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten, die unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Zwei weitere Angeklagte wurden wegen Geldwäscherei, Beweismittelfälschungen und Begünstigung im Zusammenhang mit den inkriminierten Sachverhalten zu bedingten Freiheitsstrafen von zwölf Monaten und acht Monaten verurteilt.
Kapitel noch nicht geschlossen
In der sogenannten Buwog-Affäre geht es um den umstrittenen Verkauf von 60.000 Bundeswohnungen. Im Zuge der Privatisierung soll es zu illegalen Absprachen und Provisionszahlungen gekommen sein. Grasser, Meischberger und Co. sollen 9,8 Millionen Euro kassiert haben, was sie vehement bestritten haben.
Da das Urteil teilweise aufgehoben wurde, müssen die betroffenen Bereiche neu verhandelt werden. Damit ist das Kaptitel Buwog auch nach den vielen Jahren noch immer nicht komplett geschlossen.
www.ogh.gv.at
Kommentar veröffentlichen