Immer mehr europäische Kunden liebäugeln mit Kauf chinesischer Autos

| Tobias Seifried 
| 28.11.2023

Laut Studie hat die Akzeptanz seit dem Frühjahr um fast 40 Prozent zugelegt. Auch in Österreich sind Fahrzeuge aus dem Reich der Mitte am Vormarsch. Nur ein großes EU-Land schwimmt aktuell gegen den Strom.

Viele Jahre galten chinesische Autos in Europa als verpönt. Gründe waren extrem schlechte Crashtestwerte Anfang der 2000er und ein sagen wir mal gewöhnungsbedürftiges Design. Doch diese Makel haben viele Hersteller aus dem Reich der Mitte mittlerweile beseitigt. Sie haben in den letzten Jahren extrem schnell dazugelernt und dabei auch von Kooperationen und Partnerschaften mit europäischen Herstellern in ihrem Heimatland profitiert. Laut diversen renommierten Fachexpert:innen haben chinesische Autos bei Software und der Batterietechnik (Elektrofahrzeuge) mittlerweile sogar einen Vorsprung gegenüber etablierten Marken aus der alten Welt. Und diese Entwicklungen machen sich nun auch im Konsumverhalten bemerkbar.

Offenheit stark gestiegen

Denn laut einer aktuellen Horváth-Studie (siehe Infobox) ist die Offenheit europäischer Kund:innen gegenüber chinesischen Automarken im Vergleich zum Frühjahr 2023 deutlich gestiegen. Während sich im April etwas mehr als ein Viertel für ein chinesisches Modell interessierte, können sich den Ergebnissen zufolge jetzt fast 40 Prozent vorstellen, bei ihrem nächsten Autokauf ein Fahrzeug eines chinesischen Herstellers zu erwerben. In Deutschland ist der Trend dagegen leicht rückläufig. Die Kaufbereitschaft ist hier von 35 Prozent um acht Prozentpunkte auf 27 Prozent gefallen. Gründe liegen laut der Managementberatung in der öffentlichen Diskussion zu Strom- bzw. Ladekosten sowie politischen Aspekten.

"Wir sehen in Europa grundsätzlich eine zunehmende Offenheit gegenüber Fahrzeugen chinesischer Hersteller. Das heißt, die Aktivitäten der chinesischen OEM zahlen sich aus", sagt Georg Mrusek, Studienleiter und Experte für Automobilvertrieb und Elektromobilität bei Horváth.

Preisvorteile als größtes Kaufargument

Als Kaufargumente für chinesische Fahrzeuge werden von den Befragten vor allem Preisvorteile genannt, insbesondere ein günstiger Preis und ein gutes Preis-Leistungsverhältnis. "Da chinesische Hersteller vor allem im Segment der vollelektrischen Fahrzeuge aktiv sind, profitieren sie zudem unmittelbar von der steigenden Akzeptanz und Nachfrage im Bereich Elektromobilität – und natürlich auch von Förderungen", so der Studienleiter.

In Österreich erfreuen sich chinesische Marken wie BYD oder MG ebenfalls wachsender Beliebtheit. BYD ist hierzulande Anfang des Jahres gestartet und zog unlängst eine erste Zwischenbilanz (LEADERSNET berichtete). Dabei zeigten sich die Verantwortlichen äußerst zufrieden. So wurde BYD in Österreich im September 2023 erstmals als Marke und mit einem Modell in den Top 10 der heimischen Elektroauto-Neuzulassungen gelistet. Für einen Hersteller, der erst seit wenigen Monaten am Markt ist, ein respektabler Erfolg. Konkret landete das Volumenmodell Atto 3 mit 103 Neuzulassungen auf dem neunten Platz des Modellrankings, die Marke selbst konnte sich im September mit 139 Neuzulassungen den zehnten Platz im Importeurs-Ranking sichern.

Deutsche Fahrzeugkäufer zurückhaltend

In Deutschland wirke sich der Elektroauto-Zusammenhang laut der Horváth-Studie aktuell allerdings negativ aus, denn die Umweltprämie für reine Stromer wird in unserem Nachbarland zum 1. Jänner 2024 reduziert. Auch die steigenden Strompreise würden die Offenheit für Elektrofahrzeuge in Deutschland dämpfen. Dazu kommen mediale Diskussionen um politische Abhängigkeiten, Nachhaltigkeitsaspekte und Mängel in der Ladeinfrastruktur.

Georg Mrusek sagt dazu: "Es benötigt Zeit, eine Marke neu aufzubauen und Kundenvertrauen zu gewinnen. In Deutschland, wo der Markteintritt der chinesischen Hersteller noch frisch ist, können sich aktuell 27 Prozent einen Kauf vorstellen. In Norwegen, wo letztes Jahr bereits jedes zehnte Auto aus China kam und verschiedene Hersteller erfolgreich im Markt etabliert sind, liegt die Kaufbereitschaft bei fast 50 Prozent."

Um Kund:innen zu überzeugen, könnte es dem Experten zufolge für weitere Markteintritte eine erfolgreiche Strategie sein, europäische Marken zu übernehmen und mit chinesischer Technologie weiterführen. Optionen für "weniger belebte" Marken, die sich dafür eignen, gebe es aktuell am Markt.

www.horvath-partners.com

Über die Horváth-Studie

Für die Studie "Customers & Markets Survey" wurden im Herbst 2023 über 2.000 Fahrzeugkäufer:innen aus zwölf europäischen Märkten zu ihren Präferenzen in Bezug auf Autokauf und Mobilität befragt.

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Über die Horváth-Studie

Für die Studie "Customers & Markets Survey" wurden im Herbst 2023 über 2.000 Fahrzeugkäufer:innen aus zwölf europäischen Märkten zu ihren Präferenzen in Bezug auf Autokauf und Mobilität befragt.

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