"Asien wird bis 2020 für über 50 Prozent der Weltwirtschaftsleistung sorgen"
Platzhirsch bei Forschung und Entwicklung.
"Asien wird bis 2020 für über 50 Prozent der Weltwirtschaftsleistung sorgen", sagt Gerold Bührer, Verwaltungsrat-Vizepräsident von SwissLife, im Rahmen der Podiumsdiskussion "Weltwirtschaft im Wandel - Herausforderungen für Europa", die von der Handelskammer Schweiz - Österreich - Liechtenstein in Wien veranstaltet wurde. Asien ist jedoch nicht mehr als verlängerte Werkbank Europas, sondern als entschlossener Platzhirsch bei Forschung und Entwicklung anzusehen, so Liechtensteins Regierungschef Klaus Tschütscher, der von Europa mehr Profitabilität und Bevölkerungszuwachs fordert.
"Wurzelbehandlung nötig"
Die Zeiten sind laut Bührer stürmisch und werden es noch länger bleiben. Es gebe allerdings Silberstreifen am Horizont 2013 wie Chinas Wirtschaftsleistung, die Konsumlaune Amerikas oder der Einkaufsindex Europas. "Langfristig wird die massive Verlagerung nach Asien dort auch für Dynamik sorgen, Europa hingegen die Verschuldungsspirale weiter schwächen", schätzt der Manager. Man stecke schlichtweg in einer Wachstumsfalle verursacht durch zu wenig Wirtschaftsliberalismus, unflexible Arbeitsmärkte und Technologie-Skepsis, so Bührer.
"Kosmetik bei den Finanzsystemen wird uns eine tiefe Wurzelbehandlung nicht ersparen", sagt der Experte und hält die Zentrifugalkräfte Europas für das eigentlich größte Problem. "Die Idee der Währungsunion ist am Erodieren und die Unabhängigkeit der EZB immer mehr gefährdet. Auch mehr Gleichheit allerorts wird nichts bringen." Der Schweizer rät zu Föderalismus in Europa und mehr Wettbewerb unter den EU-Mitgliedern. Zudem müssten Universitäten für mehr Absolventen in den Naturwissenschaften sorgen. Die Schweiz hält Bührer für nicht in die EU integrierbar.
"Euro muss überleben"
Das Fürstentum Liechtenstein sieht Klaus Tschütscher als Zwitter zwischen zwei Wirtschaftsräumen, der auf die EU angewiesen sei wie kein Land sonst. Bezüglich des Binnenmarktes solle diese aber nicht alles über einen Kamm scheren und auch wieder für mehr Vertrauen bei der Bevölkerung sorgen, fordert Regierungschef Tschütscher. "Die Krise der EU wird verwaltet und nicht gelöst", kritisiert Tschütscher. Einen Zusammenbruch der Euro-Region könne sich Europa jedenfalls auf keinen Fall leisten.
Für Österreichs Nationalbank-Präsident Claus Raidl http://oenb.at ist die Stimmung in der EU am schlechtesten. Das Wirtschaftswachstum der Euro-Zone im kommenden Jahr hält der Bankenaufseher für einen "Luxus des Rechengangs" und die EU auch nicht für eine Einheit. "Dabei funktioniert eine Währungsunion nur als politische Union und mit einem europäischen Finanzminister", meint Raidl. Der einstige Stabilitäts- und Wirtschaftspakt sei zumindest ein "virtueller Finanzminister" gewesen, wurde aber beispielsweise von Deutschland aufgeweicht. (pte)