LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Sobotka, auch in der Marktforschung ist kein Stein auf dem anderen geblieben – wie groß ist diese Branche und welche Aufgabe hat sie?
Robert Sobotka: Die Branche der Markt- und Meinungsforschung ist in Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern nicht sehr groß. Das liegt vor allem daran, dass Marktforschung zumeist von internationalen Unternehmen beauftragt werden und wir in Österreich leider nur sehr wenige Stammhäuser großer Konzerne haben. Insgesamt setzen unsere heimischen Institute etwas mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr um. Im Verband der Marktforschungsinstitute (VdMI) haben wir circa 30 Institute integriert. Diese decken nahezu 90 Prozent des heimischen Marktes ab. Obwohl wir als Branche nicht sehr groß sind, kommt uns dennoch eine wichtige Bedeutung zu: Die von unseren Instituten durchgeführten Studien und deren Ergebnisse sind wichtige Grundlagen für strategische Entscheidungen unserer Auftraggeber:innen.
LEADERSNET: Warum hat die Marktforschungsbranche soziale Kompetenz – wie tickt sie? Besser wäre: Wie steht die Branche zum Thema "Nachhaltigkeit".
Sobotka: Das Markt- und Meinungsforschung im Gegensatz zu anderen Branchen keine nennenswerte CO2 Belastung darstellt, liegt in der Natur unsere Dienstleistungen. Nachhaltigkeit beinhaltet nach ESG-Kriterien aber auch das Thema "Social". In dieser Hinsicht sind unsere Institute vorbildhafte Unternehmen - nur das wird nicht oder zu wenig kommuniziert.
LEADERSNET: Sie sprechen von einem nötigen Image-Relaunch für die Marktforscher – wie werden sie heute wahrgenommen und was wünschst du dir, wie man sie mittelfristig wahrnehmen soll?
Sobotka: "Wie wahrgenommen" ist nicht unbedingt das Thema - jedenfalls wird man zu wenig und nicht als nachhaltig-sozialer Faktor wahrgenommen! Die großen Institute beschäftigen bis zu 300 Interviewer:innen - zumeist Student:innen, die sich mit diesen Nebenjobs ihr Studium finanzieren. Ein weiteres Beispiel: Über Frauenquoten müssen wir nicht nachdenken, da Gleichberechtigung aktiv gelebt wird. Das zeigt eine Vielzahl an Instituten, die von Frauen geleitet werden. Und auch zum Thema Inklusion in unserer Branche sollte vermehrt kommuniziert werden: Dass wir zahlreiche Arbeitsplätze für Rollstuhlfahrer:innen und körperlich beeinträchtigte Personen anbieten, wissen die Wenigsten.
LEADERSNET: Welche Visionen haben Sie als Präsident des VDMI – Verband der Marktforschungs-Institute?
Sobotka: Mein Ziel ist es, mit einen neuen, positiv besetzten Branchenimage in Zukunft Personen als Mitarbeiter:innen für unsere Branche, aber auch vermehrt Teilnehmer:innen für unsere Befragungen zu gewinnen. Um Letzteres zu erreichen, bedarf es eines Zusatznutzens für die Befragungsteilnahme: Meine Idee dazu ist es, mit Interviews Spenden für einen guten Zweck zu sammeln. Mit meinem Unternehmen Telemark Marketing habe ich bereits vor Jahren mit einer Initiative begonnen: Wir spenden 50 Cent für ein Telefoninterview an eine caritative Organisation! Diese einfache Möglichkeit, für ein wenig Zeit etwas Gutes zu tun, kommt bei den Befragten sehr gut an. In meiner Funktion als VdMI Vorsitzender möchte ich nun auch die Instituts-Kolleg:innen von dieser Initiative überzeugen. Meine Vision ist es, dass Respondent:innen wieder gerne an Befragungen – sowohl online oder am Telefon - teilnehmen, weil ihr Mitmachen auch anderen Menschen hilft. Gibt es eine bessere Motivation, an einer Befragung teilzunehmen?
LEADERSNET: Zum Abschluss eine persönliche Frage: Darf man sich auf die Zukunft freuen oder muss man diese mit Respekt erwarten?
Sobotka: Auf die Zukunft freue ich mich: Die Zukunft bringt immer neue spannende Herausforderungen. Respekt ist jedoch auch wichtig: Diesen habe ich vor allem vor anderen Menschen und weniger vor zukünftigen Entwicklungen, die wir gemeinsam meistern werden.
www.vdmi.at
www.telemark-marketing.com
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