"Für Österreichs Betriebe wird der sich zuspitzende Arbeits- und Fachkräftemangel zu einer zentralen Herausforderung. Der Arbeitsmarkt hat sich gedreht – wir haben derzeit die geringste Arbeitslosigkeit seit 2008 und gleichzeitig einen Rekord an offenen Stellen. Das wird das Leitthema der kommenden Jahre sein", sagte der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, in der ORF-Pressestunde am Sonntag.
Ideologiebefreite Leistungsdebatte
"Was wir jetzt brauchen, ist eine ideologiebefreite und ehrliche Leistungsdebatte. Wir brauchen Anreize, um Menschen über das Pensionsantrittsalter hinaus in Beschäftigung zu halten und Überstunden sowie das Aufstocken von Teilzeit auf Vollzeit müssen finanziell wieder attraktiver werden", betonte Knill.
Qualifizierter Zuzug
Neben der Aktivierung von Potenzialen am heimischen Arbeitsmarkt, sei auch der qualifizierte Zuzug ein Baustein. Die Steigerung der Anzahl der Rot-Weiß-Rot-Karten im Vorjahr sieht Knill positiv und betont die Notwendigkeit von aktivem Standortmarketing in Ländern, wo es Arbeitskraftpotenziale für Österreich gibt.
Neben der angespannten Lage am Arbeitsmarkt beschäftige die heimische Industrie weiterhin die Energiekrise und die Auswirkungen des Angriffs auf die Ukraine. In Hinblick auf den Füllstand der Gasspeicher in Österreich, mahnt Knill vor voreiligen Schlüssen: "Wir haben diesen ausklingenden Winter unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit gut überstanden. Was den kommenden Winter 2023/24 betrifft, dürfen wir uns aber keinesfalls in Sicherheit wiegen."
Bis auf weiteres könne Österreich nicht vollständig auf russisches Gas verzichten. Ein Boykott russischen Gases hätte nach wie vor "fatale Konsequenzen". Es sei von zentraler Bedeutung, sich jetzt auf die Diversifizierung der Energiequellen zu konzentrieren und die Fehler der Vergangenheit schnellstmöglich zu korrigieren.
Rückblickend bewertet Knill die Reaktion und die gesetzten Maßnahmen der Bundesregierung zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen des Krieges "grundsätzlich positiv".
Mehr Eigenverantwortung
"Die teils exorbitant gestiegenen Energiepreise waren und sind weiterhin eine Hypothek für den Industriestandort Österreich. Mit dem Energiekostenzuschuss ist es gelungen, die Effekte für die Betriebe zumindest abzufedern", sagt Knill.
Das Volumen der Wirtschaftshilfen sei – auch angesichts eines europäischen Subventionswettlaufs – hoch gewesen, aber notwendig. "Jetzt ist es wichtig, dass wir rasch aus dem Krisenmodus herauskommen und uns wieder Zukunftsfragen widmen. Wir müssen weg von der Vollkaskomentalität hin zu mehr Eigenverantwortung", so der IV-Präsident abschließend.
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