Tourismuskonjunktur kühlt im Herbst ab - 2023 Rückkehr auf Vorkrisenniveau

| Redaktion 
| 27.09.2022

Laut dem aktuellen UniCredit Bank Austria Branchenbericht gewinnt die Tourismusdestination Österreich an Wettbewerbsstärke.

Der Tourismus war einer der größten Verlierer der Pandemie. In Österreich sind die Einnahmen in den letzten zwei Jahren um 45 Prozent unter das Vorkrisenniveau gefallen. Dass die Verluste bis Mitte 2022 großteils wieder aufgeholt werden konnten, dürfte dem hohen Nachholbedarf beim Urlaub geschuldet gewesen sein, zeigt aber auch die Konkurrenzstärke der heimischen Tourismuswirtschaft.

Laut dem UniCredit Bank Austria Branchenbericht Tourismus werden die Zuwächse der Tourismusnachfrage seit Juli jedoch wieder schwächer. "Voraussichtlich gelingt es dem heimischen Tourismus erst im Lauf von 2023 das coronabedingte Minus vollständig auszugleichen. Mit der starken Verteuerung von Energie und Lebensmittel sind die Reisekosten beziehungsweise die Lebenshaltungskosten potenzieller Gäste gestiegen und ihre Reisebereitschaft ist gesunken", sagt Bank Austria Ökonom Günter Wolf.

Erholung kommt 2023

Seit Februar 2022 habe sich die Tourismusnachfrage mit der schrittweisen Aufhebung der Covid-Restriktionen rasch erholt. In der vergangenen Wintersaison erreichten die Gästeankünfte in Österreich wieder zwei Drittel des Niveaus der Saison 2019, die Einnahmen bereits 82 Prozent der Vorkrisensaison. Die hohe Reiselust vor allem der Österreicher:innen schien zu Beginn der Sommersaison ungebrochen zu sein. In den ersten drei Sommermonaten, von Mai bis Juli 2022, lag die Zahl der Übernachtungen dem Bericht zufolge nur mehr um vier Prozent unter dem Vergleichszeitraum 2019. Die Nächtigungen von Gästen aus Österreich und aus Deutschland haben das Vorkrisenniveau bereits um fünf Prozent respektive um zwei Prozent übertroffen.

Die Zuwächse der Tourismusnachfrage seien allerdings schon im Juli von den zunehmend schlechter werdenden Rahmenbedingungen deutlich gebremst worden, wobei die Übernachtungen von Inländer:innen im Vorjahresvergleich sogar wieder um 9,6 Prozent gesunken seien. Zudem fehlten viele Reisende aus den Überseemärkten. Die Übernachtungen von US-Gästen in Österreich lagen in den ersten drei Sommermonaten 2022 noch um 22 Prozent unter dem Niveau von 2019, von chinesischen Gästen sogar um 96 Prozent darunter.

Voraussichtlich wird die weitere Tourismusentwicklung 2022 durch den Ukrainekrieg beziehungsweise die hohe Inflation erheblich beeinträchtigt, heißt es im Branchenbericht. Die steigenden Preise für Energie und Lebensmittel würden nicht nur Fernreisen bremsen, sondern auch die Nachfrage aus nahen Märkten, vor allem weil die hohen Treibstoffpreise Pkw-Reisen verteuern. Zudem würden die höheren Lebenshaltungskosten das verfügbare Einkommen und damit die Reisebereitschaft vor allem einkommensschwächerer Gästeschichten dämpfen.

Auch die Geschäftserwartungen der Unternehmen sowohl im österreichischen Beherbergungsgewerbe als auch in der Gastronomie seien seit Juli deutlich pessimistischer geworden und kündigten ebenfalls eine Abkühlung der Tourismuskonjunktur in den nächsten Monaten an. Zuletzt beurteilten die Unternehmen im August die Nachfrageentwicklung in den nächsten Monaten per Saldo schlechter als noch während des Teil-Lockdowns Anfang des Jahres. Laut der Analyse werden die Tourismuseinnahmen das Vorkrisenniveau erst 2023 erreicht.

Wettbewerbsvorteile für Österreich

Der Tourismusdestination Österreich könnten die Einschränkungen, die potenziell Reisende in den Pandemiejahren erfahren haben, zusätzliche Wettbewerbsvorteile bringen. Weltweit erhole sich der Tourismus von den pandemiebedingten Einbußen verstärkt im Inlandsreiseverkehr und angetrieben vom Trend zu naturnahen Reisezielen. Auch in Österreich hätten die Gästenächtigungen in den Destinationen außerhalb der Landeshauptstädte in der ersten Hälfte der Sommersaison ihr Vorkrisenniveau bereits wieder erreicht, während die Städtenächtigungen noch um 14 Prozent darunter lagen.

Das langfristige Wachstum des Tourismussektors hänge zunehmend von der Fähigkeit einer Destination ab, ökologische Bedrohungen zu managen. Der aktuelle Global Risk Report des World Economic Forum (WEF) zeige, dass fünf der zehn global bedrohlichsten Risikoereignisse die Umwelt betreffen. Im Vordergrund stünden dabei das Handlungsversagen in Bezug auf die Klimakrise, extreme Wetterereignisse und der Verlust der Biodiversität einer Region. In diesem Zusammenhang sei die hohe Qualität der natürlichen Ressourcen Österreichs eine überdurchschnittlich konkurrenzstarke Grundlage. Die Umweltbedingungen im Land würden zu den besten im europäischen Vergleich zählen.

Qualitative Aufwertung ermöglicht hohe Preiszuwächse

Die gute Platzierung Österreichs im WEF Tourismus-Ranking beruhe zusätzlich zum hervorragenden Gesundheitswesen und den guten Umweltbedingungen auf der hohen Qualität der touristischen Infrastruktur. Der Bestand an Beherbergungsbetrieben ist seit dem Höchststand in den 70er Jahren um ein Drittel beziehungsweise um 34.000 Betriebe gesunken. Großteils waren das Privatquartiere. Im gewerblichen Segment wurden langfristig vor allem 1/2-Stern- und 3-Stern-Betriebe geschlossen, in eine höhere Kategorie adaptiert oder zu Ferienwohnungen ausgebaut. Die Aufwertung der Angebotsqualität habe für mehr Gäste und für eine steigende Bettenauslastung gesorgt. Zudem konnten die Betten zu höheren Preisen verkauft werden, was sich daran zeige, dass die nominellen Einnahmen pro Übernachtung über vier Jahrzehnte mehr oder weniger ungebremst zugelegt hätten (bis auf 206 Euro 2021).

Allerdings habe das Einnahmenwachstum im Vergleich zu den Übernachtungen nach 2008 an Schwung verloren, weil sich die Tourismusnachfrage zunehmend in Richtung günstigere Angebote verschoben habe, vor allem zu den Ferienwohnungen.

Die Verschiebung der Gästenachfrage zu einfacheren Beherbergungsangeboten habe sich letztendlich auch in den Ergebnissen der Betriebe im höher kategorisierten Segmenten niedergeschlagen. "Die schwache Ertragsentwicklung trotz der steigenden Auslastung bei höher kategorisierten Betrieben lässt den Schluss zu, dass das Beherbergungsangebot in qualitativ höherwertigeren Segmenten in Österreich zum Teil zu billig verkauft worden ist. Einen Indikator dafür liefert auch das WEF Tourismusranking, wonach die Hotelpreise in Österreich 2019 die günstigsten im westeuropäischen Vergleich waren," sagt Wolf abschließend.

www.bankaustria.at

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