Seit Beginn der Pandemie hat das "Arbeiten von Zuhause" in Österreich enorm an Bedeutung gewonnen. Mit 1. April 2021 tritt nun ein lang erwartetes Home-Office-Gesetz der Bundesregierung in Kraft, das Arbeitgebern und Arbeitnehmern mehr Flexibilität und Planbarkeit sowie steuerrechtliche Vorteile bringen soll.
Alexandra Platzer, Director Tax Solutions bei PwC Österreich, und Ursula Roberts, Partner und Leader Arbeitsrecht bei PwC Legal in Österreich, stellen die wichtigsten Neuerungen des Regelwerks aus steuerlicher und arbeitsrechtlicher Sicht dar:
1. Home Office basiert weiterhin auf Freiwilligkeit
Die Möglichkeit von Zuhause zu arbeiten wird weiterhin auf Freiwilligkeit beruhen. Weder soll Home Office einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden können noch soll der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Home Office haben.
Als Grundlage für den Arbeitsplatz von Zuhause dient künftig eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Unter Einhaltung einer einmonatigen Frist kann die Vereinbarung beiderseits aus wichtigem Grund – etwa eine wesentliche Veränderung der Wohnsituation des Arbeitnehmers oder der betrieblichen Erfordernisse – widerrufen werden.
2. Kein Home Office im Kaffeehaus möglich
Laut Definition liegt Arbeit im Home Office dann vor, wenn ein Arbeitnehmer Arbeitsleistungen in der Wohnung erbringt. Der Begriff "Wohnung" schließt auch eine Wohnung an einem Nebenwohnsitz oder die Wohnung eines nahen Angehörigen oder Lebensgefährten ein.
Alexandra Platzer, Director Tax Solutions bei PwC Österreich, betont jedoch: "Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer teilweise auf Dienstreise ist oder in das Büro des Arbeitgebers fährt, zählen nicht als Home-Office-Tage. Zudem gilt: Wird die Arbeit in Kaffeehäusern, Bibliotheken, Hotelzimmern oder im öffentlichen Raum erbracht, liegt steuerrechtlich kein Home-Office-Tag vor."
3. Home-Office-Pauschale: Bis zu drei Euro pro Home-Office-Tag
Vollständige Home-Office-Tage sind besonders aus steuerlicher Sicht ausschlaggebend: Über den Arbeitgeber besteht für Arbeitnehmer in den Jahren 2021 bis 2023 die Möglichkeit, bis zu drei Euro pro Home-Office-Tag – maximal jedoch 300 Euro pro Kalenderjahr – eine nicht steuerbare Home-Office-Pauschale zu erhalten.
Wird die Pauschale nicht ausgeschöpft, können Arbeitnehmer die Differenz als Werbungskosten in den Arbeitnehmerveranlagungen 2021 bis 2023 geltend machen. "Grundsätzlich ist der Arbeitgeber bereits für 2021 verpflichtet die Home-Office-Tage am Lohnkonto und Jahreslohnzettel (L16) anzudrucken. Wenn Home-Office vereinbart wurde, muss daher auch geklärt werden, wie diese Tage aufgezeichnet und die bereits zu Beginn des Jahres geleisteten Tage dokumentiert werden können", rät Platzer.
4. Werbungskosten für ergonomisch geeignetes Mobiliar
Bislang waren Ausgaben für Einrichtungsgegenstände nur dann abzugsfähig, wenn ein steuerlich anerkanntes Arbeitszimmer vorlag. Mit der Neuregelung kann – auch ohne Vorliegen eines anerkannten Arbeitszimmers – ergonomisch geeignetes Mobiliar am Home-Office-Arbeitsplatz mit bis zu 300 Euro pro Jahr geltend gemacht werden. Voraussetzung hierfür sind mindestens 26 geleistete Home-Office-Tage im Kalenderjahr.
"Auch für die Veranlagung 2020 können noch bis zu 150 Euro an Werbungskosten abgesetzt werden. Wenn ein Einkommenssteuerbescheid 2020 schon vorhanden ist, ist auch eine nachträgliche Berücksichtigung möglich. Arbeitnehmer sollten allfällige Anschaffungen von ergonomischen Büromöbeln zudem belegmäßig nachweisen können", rät Platzer.
5. Digitale Arbeitsmittel müssen zur Verfügung gestellt werden
Das Home-Office-Gesetz stellt klar, dass Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern grundsätzlich die für das regelmäßige Arbeiten im Home-Office erforderlichen digitalen Arbeitsmittel zur Verfügung stellen müssen. Darunter sind sowohl IT-Hardware als auch die benötigte Datenverbindung zu verstehen.
"Die Verpflichtung soll nicht bestehen, wenn die Ausübung von Home Office nur einmalig erfolgt ist, ohne dass weitere Einsätze im Home Office beabsichtigt wären. Einzelvertraglich oder im Rahmen einer Betriebsvereinbarung kann zudem auch die Verwendung von mitarbeitereigenen digitalen Arbeitsmitteln vereinbart werden. Hier hat der Arbeitgeber jedoch eine angemessene (Pauschal-)Abgeltung zu leisten", so Ursula Roberts, Partner und Leader Arbeitsrecht bei PwC Legal in Österreich.
6. Arbeitszeit und Arbeitsruhe sind einzuhalten
Sämtliche allgemeinen Bestimmungen über Arbeitszeit und Arbeitsruhe sowie individuelle vertragliche Arbeitszeit-Vereinbarungen sind auch bei der Arbeit im Home Office anzuwenden. So gilt schon jetzt eine Beschäftigung eines Arbeitnehmers "in seiner eigenen Wohnung" als Arbeitszeit.
Wie auch bisher kann bei der Arbeitszeiterfassung bei überwiegender Tätigkeit im Home Office eine Saldenaufzeichnung – anstelle der genauen Erfassung des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit inklusive der Pausen – durchgeführt werden, soweit die gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitszeitsgesetzes erfüllt sind.
7. Arbeitnehmerschutz
Die derzeitigen, für Home Office relevanten Regelungen des Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG) und des Arbeitsinspektionsgesetz (ArbIG) bleiben weiterhin anwendbar. Arbeitsstättenbezogene Arbeitsschutzvorschriften gelten hingegen nicht für Arbeiten im Privathaushalt.
"Arbeitgeber sind angehalten, die Arbeitnehmer vor Beginn der Ausübung von Home Office zu den Erfordernissen der Arbeitsplatzgestaltung zu unterweisen. Es trifft sie jedoch nur dann eine Verantwortung nach dem ASchG für die Ausstattung des Home Office, wenn sie dazu beispielsweise Büromöbel oder technische Arbeitsgeräte bereitgestellt haben", erklärt Roberts
Weiters wird im ArbIG ausdrücklich festgehalten, dass das Arbeitsinspektorat private Wohnungen von Arbeitnehmern im Home Office nur mit deren Zustimmung betreten darf. "Ein absolutes Betretungsverbot – wie noch im Home-Office-Maßnahmenpaket 2021 geplant – wird somit nicht verwirklicht, aber auch kein Betretungsrecht. Ergänzend soll eine Musterevaluierung von Home-Office-Arbeitsplätzen erarbeitet werden", so Roberts.
8. Keine direkte Haftung von Haushaltsangehörigen
Schäden an Arbeitsmitteln des Arbeitsgebers wie zum Beispiel IT-Hardware, die durch Haushaltsangehörige im Home Office zugefügt wurden, werden dem Arbeitnehmer als "Schadensverursacher" zugerechnet. Dadurch sind auch in diesen Fällen die Privilegierungen des DHG anwendbar, wie etwa mögliche Mäßigung des Schadensersatzanspruchs. Roberts dazu: "Schadenszuführungen durch Haustiere, wie im Gesetzesentwurf vorgesehen, sind nun doch nicht von der Priviligierung des DHG mitumfasst."
9. Unfallversicherung aus COVID-Regelung wird weitergeführt
In Bezug auf die Unfallversicherung im Home Office wird die im Vorjahr (ursprünglich befristete) eingeführte COVID-Regelung ins Dauerrecht übernommen. Unfälle im Home Office im Zusammenhang mit der begründenden Beschäftigung gelten auch in Zukunft als Arbeitsunfälle. Außerhalb der eigenen vier Wände, des Nebenwohnsitzes oder der Wohnung eines nahen Angehörigen oder Lebensgefährten, gilt diese Unfallversicherung daher grundsätzlich nicht. Die Unfallversicherung greift aber auch dann, wenn man Kinder vom Home Office in die Schule bzw. den Kindergarten bringt. (as)
www.pwc.at
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