"Bei uns könnten pro Tag 30.000 Personen geimpft werden"

Susanne Baumann-Söllner, Vorständin des Austria Center Vienna, im Interview über das skalierbare Impfstraßensystem, wie man maßgeblich zur Pandemiebekämpfung beiträgt und  wie der Start der Kongress- und Veranstaltungsbranche gelingen kann. 

Mit 24 Sälen, 180 Meetingräumen, 26.000 m² Ausstellungs- beziehungsweise Networkingfläche sowie einer Kapazität von 22.800 Personen ist das Austria Center Vienna nicht nur Österreichs größtes Kongresszentrum, sondern einer der Top-Player im internationalen Kongresswesen. Im Rahmen der österreichischen Corona-Impf- und Teststrategie spielt das ACV eine zentrale Rolle. LEADERSNET hat die Vorständin des Austria Center Vienna, Susanne Baumann-Söllner, zum Interview gebeten.

LEADERSNET: Nun wütet die Corona-Pandemie schon mehr als ein Jahr lang. Wie schätzen Sie die Situation ein? Können Sie kurz Resümee ziehen?

Baumann-Söllner: Die Corona-Pandemie hat unser aller Leben stark verändert und auch die internationale Kongressbranche massiv getroffen. Der für Wien so wichtige internationale Kongresstourismus fiel fast vollständig aus. Wir, als Austria Center Vienna, versuchen als Österreichs größte Test- und Impfstraße einen Beitrag zur Pandemiebekämpfung zu leisten und hoffen natürlich, dass wir alle bald wieder zu mehr Normalität zurückkehren können und auch Veranstaltungen in absehbarer Zeit wieder möglich sein werden.

LEADERSNET: Was bedeutet Covid-19 für die Kongress- und Veranstaltungsbranche?

Baumann-Söllner: Wir waren eine der ersten Branchen, die schließen mussten. Auch jetzt ist unsicher, wann Veranstaltungen wieder stattfinden dürfen. Das hat nach wie vor auch dramatische Auswirkungen auf Stadthotellerie, Gastronomie und zahlreiche Partnerunternehmen in Wien. Mit dem Schutzschirm für Veranstalter – der ein Volumen von 300 Mio. Euro hat – ist es zumindest gelungen, für die Veranstalter die Planungssicherheit für heuer massiv zu erhöhen.

LEADERSNET: Wie haben sich die Geschehnisse auf das ACV ausgewirkt?

Baumann-Söllner: Seit März 2020 mussten allein im Austria Center Vienna rund 50 Veranstaltungen verschoben oder abgesagt werden. Die mit der Corona-Pandemie verbundenen Kongressverschiebungen und -ausfälle machen sehr schmerzhaft deutlich, welche hohe Bedeutung die Kongresswirtschaft und das Austria Center Vienna für den Tourismusstandort Wien hat, denn in einem normalen Jahr werden durch die internationalen Veranstaltungen in unserem Haus eine Bruttowertschöpfung von 400 bis 500 Mio. Euro generiert.

LEADERSNET: Mit welchen Maßnahmen haben Sie versucht, die Krise einzudämmen?

Baumann-Söllner: Wir haben sofort reagiert und ein detailliertes Hygienekonzept erarbeitet. Zudem haben wir unser Hybrid Meeting Angebot massiv ausgebaut und schon sehr früh – gemeinsam mit der WU Wien – ein Pilotprojekt gestartet, das zeigt, wie künftig Veranstaltungen in Wien mit einem höchstmöglichen Sicherheitsstandard stattfinden können. Dafür wurden wir übrigens gerade mit internationalen Stevie-Award in Silber ausgezeichnet, als eine der wertvollsten Reaktionen eines Unternehmens auf die Pandemie.

LEADERSNET: Was hat ihr Engagement im Pilotprojekt mit der WU zum Thema Covid-Test ergeben?

Baumann-Söllner: Das daraus resultierende Interesse durch Veranstalter, Hotellerie, Krankenhäuser, nationale und internationale Wirtschaft und Politik war überwältigend. Wir haben – im Sinne einer offenen Wissensdatenbank dann – alle wichtigen Ergebnisse aus diesem Pilotprojekt veröffentlicht. Die Erkenntnisse aus diesem Versuch flossen auch in das Konzept für Österreichs größte Schnellteststraße ein.

LEADERSNET: Das Austria Center Vienna fungiert nun auch als Schnellteststraße? Wie kam es dazu? Wie sind die Kapazitäten? Was ist geplant?

Baumann-Söllner: Ja, seit Anfang Dezember 2020 dürfen wir im Auftrag der Stadt Wien als größte COVID-Schnellteststraße eine zentrale Rolle in Wiens Corona-Teststraßenstrategie einnehmen. Die Idee dazu ist aus dem von uns initiierten Pilot-Projekt mit der WU entstanden. Dafür haben wir ein skalierbares Teststraßensystem entwickelt, dass sich auch beim unserer Teststraße im Auftrag der Stadt Wien bestens bewährt.

Eine COVID-Teststraße dieser Dimension mit Walk-Ins und Drive-Ins ist in Österreich bisher einzigartig. Bis zu 15.000 Tests können täglich abgewickelt werden. Unser großer Vorteil ist dabei das skalierbare System. So konnte z.B. zu Weihnachten sehr kurzfristig von 7 auf 20 Test-Lanes aufgestockt werden. Allein in den zwei Wochen vor Weihnachten und Silvester haben sich hier rund 113.000 Wienerinnen und Wiener testen lassen. Diese Flexibilität durch skalierbare Teststraßen macht es auch möglich, gezielte Einteilungen vorzunehmen, also z.B. für Bürger, spezielle Berufsgruppen mit regelmäßigem Testbedarf sowie Veranstaltungsteilnehmer.

LEADERSNET: Wird auch die neu installierte Impfstraße gut angenommen?

Baumann-Söllner: Ja, sehr. Derzeit werden täglich in unseren Hallen auf 25 Impfstraßen an die 5.000 Menschen geimpft. Das skalierbare Impfstraßensystem kann bei uns auf bis zu 216 Impfstraßen in Haus und Hallen aufgestockt werden, sodass hier – je nach Verfügbarkeit der Impfstoffe – zukünftig pro Tag 30.000 Personen geimpft werden könnten.  



LEADERSNET: Was bedeuten all diese Maßnahmen für ihr Unternehmen?

Baumann-Söllner: Die Erfahrungen mit Großkongressen mit einer Teilnehmerzahl von über 20.000 Personen kommen uns nun sehr zugute, da die Test- und Impfstraßen sehr viele logistische Herausforderungen mitbringen. Dies betrifft Vorinformation, Bewerbung, Anreise, Beschilderung, Sicherheits- und Hygienekonzept, Prozesse in den Straßen, Personalorganisation und Freundlichkeit der Mitarbeiter gleichermaßen. Und wir entwickeln das alles ständig weiter. So bieten wir beispielsweise seit kurzem für ältere Personen e-Rikschas an, die für einen Transfer von der U-Bahn zu uns genutzt werden können. Auch ein eigener Bummelzug ist in Planung.

Wir freuen uns, mit unseren Test- und Impfstraßen einen wertvollen Beitrag für die Bekämpfung der Pandemie leisten zu dürfen.

LEADERSNET: Wie sehen Sie die Zukunft der Veranstaltungsbranche?

Baumann-Söllner: Als Kongresszentrum, welches von der Pandemie ganz besonders hart getroffen wird, setzen wir große Hoffnung in die derzeit anlaufende Impfung in Kombination mit Schnelltests als Eintrittskarte für Veranstaltungen. Seit letztem Herbst konnten wir als internationaler Vorreiter beweisen, dass eine derartige Zugangstestung organisatorisch planbar und durchführbar ist. Mittlerweile finden die Schnelltests sowohl bei der Bevölkerung als auch in der Politik und der Wirtschaft großen Zuspruch. Auch die Impfungen gehen gut voran. Daher sind wir zuversichtlich, mit diesem Konzept demnächst schrittweise wieder größere Veranstaltungen durchführen zu können und damit langfristig wieder den Kongress- und Tourismusstandort Wien stärken zu können.

LEADERSNET: Welche Pläne haben Sie für das ACV?

Baumann-Söllner: Wir haben in den vergangenen Jahren viel modernisiert, damit wir national wie international auch zukünftig eines der beliebtesten Kongress- und Veranstaltungszentrum bleiben. Ich freue mich ganz besonders, dass die Wienerinnen und Wiener das Haus jetzt – sowohl durch das Spielefest als auch als Test- und Impfstraße – kennen lernen konnten und auch gesehen haben, wie es sich entwickelt hat. Wir haben hier sehr, sehr positive Rückmeldungen von allen Seiten bekommen. Das freut uns und zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Wir legen daher auch weiterhin den Fokus auf innovative Eventkonzepte. Indoor wie outdoor sind dadurch coole Inszenierungen von Veranstaltungen möglich. Neben unseren Terrassen für Sunset-Events hat da der prominente Platz unter dem donauSEGEL unendlich viel zu bieten. Diesen Platz werden wir zukünftig auch noch weiter attraktiveren.

Ganz wichtig ist uns auch der Fokus auf die Digitalisierung, denn Kongresse wie Veranstaltungen werden zunehmend hybrid sein. Hier haben wir mit LED-Walls, Green Screen Studio, virtuellen Studios und Live-Zuschaltungen unser Angebot massiv ausgebaut und entwickeln die Formate auch ständig weiter.

www.acv.at


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