Österreichs Fahrzeughandel konnte 2018 trotz Absatzeinbußen noch ein Umsatzplus von 1,9 Prozent nominell auf 47,3 Milliarden Euro verbuchen. Bis Juli 2019 hat sich die Pkw-Nachfrage weiter verlangsamt und einen Umsatzrückgang im Kfz-Handel von 1,1 Prozent nominell ausgelöst. Wie der aktuelle Branchenbericht zur Kfz-Wirtschaft der UniCredit Bank Austria zeigt, kann das Minus bis Jahresende 2019 ausgeglichen werden und die Branche ihr Vorjahresergebnis wieder erreichen.
Leichte Umsatzzuwächse erwartet
Im August und September 2019 haben sich die Geschäftsvertrauenswerte der Kfz-Händler und die kurzfristigen Nachfrageerwartungen deutlich verbessert und kündigen ein Ende des Abschwungs noch in den nächsten Monaten an. Darüber hinaus werden die Pkw-Neuzulassungen, die bis September 2019 um 6,3 Prozent gesunken sind, vor dem Hintergrund des sehr hohen Rückgangs im vierten Quartal 2018, bis Jahresende wieder zulegen. Damit können im Kfz-Handel in den nächsten Monaten nicht nur weitere Absatz-, sondern auch leichte Umsatzzuwächse erwartet werden.
"2020 wird sich die Autonachfrage in Österreich voraussichtlich weiter erholen, gestützt auf die erwarteten höheren Ausgaben für dauerhafte Konsumgüter und die unverändert günstigen Finanzierungsbedingungen. Dafür spricht auch die etwas verbesserte Konsumentenstimmung im Rahmen der jüngsten Konjunkturbefragung vom dritten Quartal 2019", analysiert Bank Austria Ökonom Günter Wolf. Zuletzt hat sich die Zahl der Konsumenten, die innerhalb des nächsten Jahres ein Auto kaufen wollen, leicht erhöht.
Tageszulassungen bremsen Anschaffungskosten
Langfristig werden die Ausgaben der österreichischen Konsumenten für die Anschaffung und den Betrieb eines Autos vor allem von den Service- und Treibstoffkosten angetrieben. Von 2008 bis Mitte 2019 wurden Kfz-Serviceleistungen um 43 Prozent teurer, Kraft- und Schmierstoffe im Durchschnitt um drei Prozent. Im Vergleich dazu legten die Verbraucherpreise um 21 Prozent zu.
Hingegen sind die Anschaffungskosten für neue und gebrauchte Kfz kaum gestiegen beziehungsweise seit 2008, trotz der stark steigenden Nachfrage nach stärker motorisierten und vielfach teureren Fahrzeugen, sogar um drei Prozent gefallen. Allein in den letzten fünf Jahren erhöhte sich der Neuzulassungsanteil von Pkw in der höchsten ausgewiesenen Motorleistungsklasse ab 126 Kilowatt von elf Prozent auf mehr als 14 Prozent.
Die relativ schwache Entwicklung der Pkw-Anschaffungskosten sei unter anderem ein Hinweis auf die hohen Preisnachlässe im Autohandel. Die wiederum sind Ausdruck des hohen Konkurrenz-und Preisdrucks unter den Herstellern und im Autohandel selbst. Zudem bremsen strukturelle Veränderungen beim Neuwagenkauf die Preisentwicklung, insofern als der Großteil der erstmals zugelassenen Pkw bereits als verbilligte Vorführ- oder Jungwagen beziehungsweise als Leasingfahrzeuge am Markt kommen (2018 wurden 38 Prozent der neu registrierten Pkw geleast).
Neue Absatzrekorde unwahrscheinlicher
Entsprechend dem wachsenden Motorisierungsgrad hat der Individualverkehr beziehungsweise das Auto kaum von seinem hohen gesellschaftlichen Stellenwert eingebüßt. Noch 2018, als der Automarkt in Österreich nach einem Zulassungsrekord 2017 ins Minus rutschte, wurden 341.100 neue Pkw angemeldet, der dritthöchste jemals registrierte Wert. Insofern kann das Zulassungsminus von 6,3 Prozent bis September 2019 als ein Einlenken des Automarktes auf ein langfristiges Niveau interpretiert werden.
Der Motorisierungsgrad in Österreich ist mit 555 Pkw pro 1.000 Einwohner längst einer der höchsten im europäischen Vergleich (EU-Durchschnitt: 510 Pkw pro 1.000 Einwohner). Zudem ist die Fahrzeugflotte mit einem Durchschnittsalter von neun Jahren pro Pkw eine der jüngsten Europas (EU-Durchschnitt: elf Jahre).
Dass Österreichs Konsumenten für den Fahrzeugkauf relativ zu ihren gesamten Konsumausgaben dennoch immer weniger ausgeben, seit Mitte der 90er Jahre ist der Anteil von fünf Prozent auf drei Prozent gesunken, ist einerseits eine Folge des geringen Wachstums der Pkw-Anschaffungskosten, kann andererseits aber auch mit der stark gestiegenen Zahl an Leasing- und Firmenwagen erklärt werden. Auf jeden Fall ist der rückläufige Anteil der Ausgaben für die Anschaffung von Fahrzeugen am privaten Konsum kein Indikator für eine Reduktion des motorisierten Individualverkehrs.
Pkw-Bestand steigt kontinuierlich
Darüber hinaus finden sich kaum Indikatoren, die auf einen Rückgang des privaten Pkw-Verkehrs außerhalb der Ballungsräume hinweisen. Im gesamten Bundesgebiet ist der Pkw-Anteil an allen im Landverkehr zurückgelegten Wegen in den letzten zehn Jahren zwar geringfügig gefallen, um etwa ein Prozentpunkt auf circa 77 Prozent. Allerdings erklärt sich der Rückgang vor allem mit dem überproportionalen Anstieg der Beförderungsleistung anderer Verkehrsmittel, vor allem der Bahn. In Summe ist die Beförderungsleistung mit Pkw seit 2008 um 14 Prozent gestiegen.
Laut der aktuellen Trendabschätzung des Umweltbundesamtes wird der PKW-Bestand in Österreich von derzeit fünf Millionen Fahrzeugen bis 2050 fast kontinuierlich mit durchschnittlich 0,8 Prozent im Jahr auf rund 6,5 Millionen Fahrzeuge wachsen. Im Vergleich zu den letzten zwei Jahrzehnten als die Zahl der Pkw in Österreich um durchschnittlich 1,3 Prozent im Jahr gestiegen ist, werden die Zuwächse zwar schwächer, der Motorisierungsgrad nimmt aber weiter zu. Angetrieben wird die Autonachfrage vor allem von der steigenden Zahl der Einwohner, die 2050 9,7 Millionen erreichen sollte. Pro 1.000 Einwohner würden dann 660 Pkw gezählt werden.
Auto verliert in Österreich nicht an Bedeutung
Die Fahrzeugnachfrage bleibt zudem in Schwung, weil ein Teil der Flotte sukzessive von Verbrennungsmotoren auf Elektro- oder Hybridantriebe umgestellt wird. Das Umweltbundesamt schätzt, dass der Bestand an vollelektrischen und Plug-In-Hybridfahrzeugen in Österreich von derzeit 33.000 Pkw bis 2030 auf 1,2 Millionen und bis 2050 auf rund 4,4 Millionen Pkw zunimmt.
"Parallel zum steigenden Motorisierungsgrad wächst aber auch der Druck auf die Kfz-Wirtschaft in Österreich. Kurzfristig werden die Hersteller den Verkaufsdruck auf das Händlernetz noch verstärken, da sie deutlich mehr Diesel- und Elektrofahrzeuge absetzen müssen, um den CO2-Flottenverbrauch zu senken. Langfristig verliert die Branche mit der Verbreitung neuer Mobilitätsangebote, beispielsweise unter dem Stichwort 'Shared Mobility', Anteile am Neuwagengeschäft. Letztendlich wird es zu einer weiteren Konsolidierung der bestehenden Händlernetze kommen", analysiert Günter Wolf. (red)
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