Porsche Austria-Geschäftsführer Wilfried Weitgasser feiert heuer sein 20-jähriges Jubiläum im Unternehmen. Grund genug für LEADERSNET den Manager zum Interview zu bitten und anlässlich der Vienna Autoshow 2019 einen Blick in die Zukunft der Autobranche zu werfen.
LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Weitgasser, herzliche Gratulation zu Ihrem persönlichen Jubiläum, das Sie dieses Jahr begangen haben. Mit April dieses Jahres sind Sie 20 Jahre für Porsche Austria tätig, zehn Jahre davon sind Sie in der Geschäftsführung. Wenn Sie zurückblicken, welche Branchenentwicklung war in diesen 20 Jahren für Sie die wichtigste, einschneidendste oder gar herausforderndste?
Weitgasser: Grundsätzlich ist das herausforderndste Jahr immer das nächste, weil ich gerne nach vorne schaue. Aber retrospektiv auf die letzten 20 Jahre: die Verbreitung des Internets, der Zugang zu Informationen und die zunehmende Geschwindigkeit von Innovationen.
LEADERSNET: Das Thema der Digitalisierung ist allgegenwärtig. Täglich erfahren wir von neuen Initiativen im technologischen Zeitalter. Sie sind sehr technikaffin, bezeichneten sich einmal als "Digital Hybrid" und beschäftigen sich intensiv mit der Transformationsthematik. Wo steht hier Porsche Austria aktuell und wo möchte man hin, was erwartet uns?
Weitgasser: Entscheidend ist in der Transformationsphase die Schnittstelle zwischen der digitalen Onlinewelt und der realen Welt beim Händler vor Ort. So haben wir Digitalisierung in unser Kerngeschäft integriert. Die Produkte sind im Markt und Kunden sowie Händler nutzen diese bereits täglich. Natürlich entwickeln wir diese Tools mit Fokus auf den Kundennutzen laufend weiter.
LEADERSNET: Neuerungen, Trends und der Status Quo der Branche – das sind auch die Kernelemente der Vienna Autoshow. Für 2019 wurde hier die Premiere der neuen E-Mobility-Area angekündigt. Können Sie uns verraten, wie sich die Marken der Porsche Holding dort präsentieren werden?
Weitgasser: Wir werden mit der Marke Moon vertreten sein, mit der wir Exponate zur E-Infrastruktur präsentieren werden – von der Wallbox, über den Heimspeicher bis zum Power Charger.
LEADERSNET: Mit Moon haben Sie eine Marke gegründet, die sich mit der Infrastruktur rund um die E-Mobilität beschäftigt. Einen Standort in der Sterneckstraße in Salzburg wollen Sie als "Moon City" etablieren. Wie weit ist dieses Projekt vorgeschritten und was sind die nächsten Schritte, die Sie mit Moon geplant haben?
Weitgasser: Wir haben eine Studie bei GfK in Auftrag gegeben und über 1.000 Kunden zum Thema E-Mobilität befragt. Eine Erkenntnis daraus war, dass sich rund 75 Prozent der Befragten ein markenneutrales, physisches Besucherzentrum zur Information rund um die Themen E-Mobilität und Verkehr, mit der Möglichkeit, eine Probefahrt durchzuführen, wünschen. Der Kundenzuspruch ist also klar vorhanden und diesem werden wir natürlich auch gerecht werden.
LEADERSNET: Wie wird die Elektroladestation Moon Wallbox am Markt angenommen?
Weitgasser: Moon ist mehr als eine Wallbox. Moon bietet Komplettlösungen mit Speichern, Ladestationen und Energiemanagementlösungen. Die Nachfrage übertrifft bei Weitem unsere Erwartungen. Wir bauen weiter Kapazitäten auf. Besonders freut uns, dass auch Betriebe außerhalb der VW-Markengruppe die Produkte nachfragen. Das zeigt das Grundvertrauen in unsere Vertriebskompetenz und bestätigt die Strategie ein markenneutrales Produkt anzubieten.
LEADERSNET: Welche Neuheiten und Highlights werden Sie sonst noch auf der Vienna Autoshow präsentieren?
Weitgasser: Wir werden ein Zusammenspiel aus klassischen, sparsamen Verbrennungsmotoren und innovativen E-Antrieben präsentieren. So zeigt Volkswagen den neuen T-Cross – den kleinsten SUV – genauso wie den I.D. Buzz, eine zukunftsweisende E-Studie, die nicht nur mit attraktivem Design, sondern auch mit viel Komfort und Raum punktet.
Audi zeigt den neuen e-tron, der erste vollelektrische SUV der Marke mit einer alltagstauglichen Reichweite von 400 Kilometern. Spurhalten geht jetzt also auch elektrisch. Das Auto hat im Vorfeld schon zu Begeisterung, Euphorie und zahlreichen Vorreservierungen geführt. Ganz ehrlich, wir bemühen uns schon um eine deutliche Mehrproduktion für Österreich, um der überwältigenden Nachfrage gerecht zu werden. Weitere Publikumsmagneten sind der neue Q3, der neue A1 und das neue TT Coupé. In Halle D finden Sie das gesamte Produktportfolio aus der VW Gruppe.
LEADERSNET: In unserem letzten Interview haben Sie gesagt, dass für zukünftige Antriebskonzepte der Diesel Teil der Lösung sei. Dennoch hat VW-Strategieleiter Michael Jost angekündigt, dass der "letzte Produktstart einer Verbrennerplattform im Jahr 2026" beginnen werde und Porsche wird keine Autos mit Dieselmotor mehr verkaufen. Hat sich Ihre Meinung zum Diesel mittlerweile geändert?
Weitgasser: Nein, da sich das nicht widerspricht. Wir sind in einer Transformationsperiode und es wird noch über viele Jahre hinweg eine Parallelentwicklung der verschiedenen Antriebsformen geben. Diesel, Benzin, Erdgas, Plug-In-Hybride, batterieelektrische Modelle etc. werden parallel existieren. Der Grund dafür ist klar: gemäß einer bedarfsgerechten Mobilität muss der Antrieb zum Nutzungsverhalten passen. Und da ist der Diesel insbesondere für Vielfahrer aufgrund der Reichweite und des niedrigen Verbrauchs der beste Antrieb. Ein niedriger Verbrauch bedeutet niedrige CO2-Emissionen – ebenso ein wichtiges Argument. Und zudem wird hier über den letzten Produktionsstart für Verbrenner und nicht über deren Produktionsende gesprochen. Der Verbrennungsmotor wird uns also noch viele Jahre begleiten.
LEADERSNET: Neben E-Mobility gibt es noch einen großen Trend, der die Branche bewegt: autonomes Fahren. Wann wird es aus Ihrem Haus das erste Auto ohne Lenkrad geben?
Weitgasser: Bis der erste PKW ohne Lenkrad im Straßenverkehr unterwegs ist, werden noch viele Jahre vergehen. Da ist rechtlich noch viel zu klären. Die Novelle zum Kraftfahrgesetz und eine Verordnung betreffend automatisiertes Fahren wird hier Klarheit schaffen. Erlaubt wird etwa, Einparkhilfen für PKWs zu verwenden, für die kein Fahrer mehr im Auto sitzen muss. Dieser muss sich aber in Sichtweite des Fahrzeugs befinden.
LEADERSNET: Matthias Müller sagte einst, dass die Marke Porsche von der Emotion lebe. Auch Sie als bekennender Technikfreak betonen gerne die Wichtigkeit des menschlichen Aspekts im Digitalen. Wie holt man die Kunden auf menschlicher Ebene ab?
Weitgasser: Wir verkaufen viel mehr als Autos. Wir verkaufen Emotion, Lebensgefühl und Leidenschaft. Die individuelle Mobilität ist ein hohes Gut. Die Nahversorgung und ein guter Kundendienst auch. Wir haben 400 Standorte in Österreich mit exzellent ausgebildetem Personal, das mit unseren Kunden täglich in Dialog tritt. Wir setzen ganz stark auf unseren Einzelhandel und damit auf die Menschen, die unsere Marken vertreiben.
LEADERSNET: Als Digitalexperte ist es in Ihrer Tätigkeit auch wichtig, Prognosen zu stellen und sich daran zu orientieren. Die Automobilbranche befindet sich nicht zuletzt durch E-Mobility mitten im Umbruch, wohin führt der Weg in den nächsten zehn bis 15 Jahren?
Weitgasser: Wir gehen auf eine Dualität zwischen klassischen Verbrennern und E-Fahrzeugen zu. Die E-Mobilität wird in den kommenden Jahren richtig Fahrt aufnehmen, da fast alle Hersteller auf diese Technologie setzen, sie rasch verfügbar ist und sich die Ladeinfrastruktur im Aufbau befindet.
LEADERSNET: In Sachen Emotion und Prestige im E-Mobility-Bereich ist Tesla ein Big Player, der in Europa an Beliebtheit gewinnt. Neue Anbieter drängen ebenso auf den Markt und wollen ein Stück vom Kuchen. Wie sehr, denken Sie, ist diese Entwicklung bedrohlich für Platzhirsche wie VW, Porsche oder Audi?
Weitgasser: Wir beobachten den Markt und die Anforderungen unserer Kunden sehr genau. Bei den E-Fahrzeugen führt Volkswagen in Österreich bereits heute das Segment an und laut einer aktuellen Umfrage von marketagent.com hat Audi die stärkste Anziehungskraft aller Automarken, gefolgt von VW. Unsere Aufgabe ist es, gemeinsam mit einer starken Vertriebs- und Serviceorganisation, die neuen Technologien den Menschen näher zu bringen und zu demokratisieren und damit einen Beitrag für die Umwelt und Gesellschaft zu leisten.
LEADERSNET: Durch die Digitalisierung hat sich auch die Art verändert, wie sich Kunden über Autos informieren. Als wie wichtig erachten Sie große Messen, wie die Vienna Autoshow, im digitalen Zeitalter?
Weitgasser: Der Stellenwert der Vienna Autoshow ist unangefochten. Das zeigen auch die faszinierenden Zahlen von rund 150.000 interessierten Messebesuchern. Haptik, Innenraum, Materialanmutung und Verarbeitungsqualität können nur live und real erlebt werden.
LEADERSNET: Zum Abschluss noch eine Frage zu Ihrer langjährigen Tätigkeit bei der Porsche Holding. Wo sehen Sie sich und das Unternehmen in weiteren zehn Jahren, zu ihrem 30-jährigen Jubiläum?
Weitgasser: Das Unternehmen wird Vorbild im Bereich Integrität, Nachhaltigkeit, Unternehmertun, Digitalisierung und Future Retail – und das mit Bodenhaftung und immer im Sinne des Kunden. Mich selbst sehe ich als Teil eines tollen, engagierten Teams mit Mut und Offenheit für Neues. Denn wie eingangs erwähnt: Das nächste Jahr ist immer das herausforderndste.
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