Ob aufgrund der gestiegenen Bewerberzahl oder weil ihnen der Job nur wenig Zeit lässt: Personaler nehmen sich durchschnittlich nicht einmal eine Minute Zeit für den Lebenslauf von Bewerbern. Das zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Studie von StepStone Österreich und der Marktforschungsagentur MindTake, bei der das Nutzungsverhalten von Personalentscheidern beim Scannen von Bewerbungsunterlagen sowohl durch persönliche Befragung als auch unterstützt durch Eyetracking-Messung untersucht wurde.
Das Resultat: Durchschnittlich 43 Sekunden nehmen sich Personalisten Zeit, um einen Lebenslauf zu screenen. Gefühlt sind es dennoch mehr: Knapp zwei Minuten, so die Schätzung der befragten Personaler, würden sie pro Lebenslauf aufwenden – eine Diskrepanz von mehr als einer Minute. Dabei werden mehr als zwei Drittel der Bewerbungen in digitaler Form gelesen, bei den Recruitern unter 36 Jahren sind es sogar 80 Prozent. Ausgedruckte Unterlagen werden vor allem dann eingesetzt, wenn ein Kandidat zu einem persönlichen Gespräch eingeladen wird.
Lebenslauf bleibt Herzstück einer Bewerbung
Herzstück der Bewerbungsunterlagen ist der Lebenslauf: Er macht mehr als zwei Drittel (68 Prozent) des Gewichts der Bewerbung aus. Demgegenüber ist nicht einmal jedem Vierten das Motivationsschreiben wichtig (22 Prozent), nur jeder zehnte Befragte gewichtet auch Zeugnisse (zehn Prozent). Rechtschreib- und Grammatikfehler im Lebenslauf sind für 64 Prozent der Recruiter ein klares No-Go, ebenso wie zu lange CVs: Die Mehrheit der Befragten (61 Prozent) wünscht sich einen Lebenslauf auf zwei A4-Seiten, lediglich bei älteren Bewerbern mit langjähriger Berufserfahrung dürfen es bis zu vier Seiten sein.
Der Aspekt, den Personaler dabei mit Abstand am längsten in Augenschein nehmen, ist die Berufserfahrung. Durchschnittlich 22,3 Sekunden werden hier laut Eyetracking investiert, noch weit vor dem letzten Job (sieben Sekunden), der Ausbildung (6,1 Sekunden) und den Soft Skills (4,7 Sekunden). Wie die Heatmap im Eyetracking zeigt, werden die Unterlagen von Bewerberinnen sowohl von männlichen als auch weiblichen Personalentscheidern länger begutachtet als die von Bewerbern. Männer betrachten dabei das Foto intensiver, Frauen lesen hingegen die Berufserfahrung aufmerksamer und genauer.
Bewerberfoto ist erster Blickfang
Nach wie vor zieht zuerst das Bewerberfoto die Augen auf sich: Ein kurzer Blick darauf (1,8 Sekunden) beeinflusst die Einschätzung einer Bewerbung nachhaltig. "Ein gutes Foto erhöht den Wiedererkennungswert eines Bewerbers und kann positive Aufmerksamkeit schaffen", so Rudi Bauer, Geschäftsführer von StepStone Österreich. Umgekehrt schließen jedoch 42 Prozent der Teilnehmer von einem schlechten Foto auf eine schlechte Bewerbung: Die häufigsten No-Gos sind dabei unpassende, zu freizügige Kleidung (46 Prozent), Selfies (39 Prozent) sowie Fotos aus dem Urlaub (36 Prozent).
Eine Bewerbung ohne Foto lehnen die meisten Personalentscheider dennoch ab. Zwar glaubt mehr als die Hälfte (55 Prozent) aller befragten Personaler, dass der US-Trend der "gesichtslosen Bewerbung" auch hierzulande kommt – positiv bewertet wird das aber aktuell nur von einem Drittel (33 Prozent) der Teilnehmer.
Jobhopping ist kein Problem – bis zu einem gewissen Alter
Kein Problem hingegen sind Jobwechsel im Lebenslauf – wenn diese begründet werden können. Für 94 Prozent aller befragten Personaler sind die Wechselmotive sehr oder eher relevant und lassen unter anderem auf die Konfliktfähigkeit und Frustrationstoleranz von Kandidaten schließen. Um nicht als "Jobhopper" zu gelten, ist eine Anstellung für die Dauer von mindestens zweieinviertel Jahren wünschenswert, jüngeren Kandidaten und Absolventen wird allerdings eine gewisse Orientierungsphase zugestanden. Ab 30 setzen Personaler aber auf eine solide Karriere und Stabilität im Lebenslauf.
Für 92 Prozent der Teilnehmer sind auch Lücken im Lebenslauf kein Problem. "Allerdings nur, solange sie mit schlüssigen Argumenten untermauert werden", so Rudi Bauer. "Dazu zählen etwa eine Karenz, eine Weltreise, der Hausbau oder auch die Pflege von Angehörigen." Sein Fazit: "Auch wenn sie sich wenig Zeit nehmen, achten Entscheider doch auf die wichtigsten Elemente einer Bewerbung: Foto, Erfahrung und letzte Jobposition. Das zeigt, dass Personalverantwortliche auch in Zukunft auf einen hohen "Professional Fit" ihrer Kandidaten achten – um sicherzustellen, dass ihrem Unternehmen laufend qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung stehen." (red)
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