Mehr als 70 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Arbeitnehmerseite haben in der Arbeitsgruppe "Forschung, Entwicklung & Innovation" der Plattform Industrie 4.0 eine Technologie-Roadmap erarbeitet. Acht ineinandergreifende Forschungsfelder, die für die Technologieentwicklung in Österreich zukünftig zentral sein werden, wurden identifiziert.
Produktion kommt zurück
Experten prognostizieren, dass durch Industrie 4.0 Produktinnovationen, neue Geschäftsmodelle, Qualitätsverbesserungen, verbesserte Produktivität und Ressourceneffizienz angestoßen werden. Angesichts dieser Chancenvielfalt geht man von einer Reindustrialisierung der heimischen Industrie aus – laut Schätzungen sollen dadurch bis 2025 47-48 Mrd. Euro an zusätzlicher Produktion und 22-38 Mrd. Euro an zusätzlicher Wertschöpfung hierzulande entstehen. Aktuell haben sechs Prozent der österreichischen Industrieunternehmen ihre Produktion in die Alpenrepublik zurückgeholt – Tendenz steigend.
"Als Plattform sehen wir uns als Innovationskatalysator, der wichtige Themen für die Zukunftsfähigkeit des heimischen Produktionsstandortes vorantreibt. Wir wollen die Digitalisierung fest in den Köpfen verankern – denn durch die dabei entstehenden Chancen, ob nun globaler Wettbewerb, neue Geschäftsmodelle oder Innovationsfähigkeit, können sich österreichische Unternehmen weiterentwickeln oder sogar neuerfinden. Mit der Technologie-Roadmap für Industrie 4.0 wollen wir die Weichen dafür stellen", führt Kurt Hofstädter, Vorstandsvorsitzender der Plattform Industrie 4.0 Österreich & Leiter Siemens Digital Factory CEE, aus.
Damit Unternehmen auch verstärkt in Forschung investieren, müssten allerdings die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Laut Statistik Austria sollen die Ausgaben für Forschung 2018 auf fast 3,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts oder mehr als 12 Mrd. Euro steigen – damit hat Österreich den Experten zufolge eine gute Ausgangsposition. (red)
www.plattformindustrie40.at
Die Forschungsfelder im Detail
Virtualisierung: Präzise digitale Abbildungen – Stichwort digitaler Zwilling – bilden die Voraussetzung für Industrie 4.0. Hier muss daran gearbeitet werden, bereits vor der Produktion anhand eines Modells Produkteigenschaften und Produktionsabläufe vorherzusagen, zu steuern und zu verfolgen.
Sensorsysteme: Messsysteme liefern wichtige Informationen für die Produktion und gewinnen somit vor allem für die Qualitätskontrolle zunehmend an Bedeutung. Sensoren müssen deshalb intelligenter (Selbstdiagnose, vorausschauende Instandhaltung) und energieeffizienter werden.
Software Engineering ist eine Industrie 4.0-Schlüsseltechnologie, ermöglicht sie doch die Verhaltenssteuerung und -kontrolle von Systemen. Software sollte in der Zukunft adaptiver werden, um sich den immer schneller wechselnden Anforderungen in der Produktion einfacher anzupassen.
Physische Systeme: Smarte Maschinen und Roboter werden zentral für die Produktion werden, durch additive Fertigung (3D-Druck) kann schneller und sicherer produziert werden. Auch neue Werkstoffe halten Einzug in die Produktion.
Cyber-Physical-Systems sind das Industrie 4.0-Herzstück. Diese Maschinen sollten zukünftig mit Menschen interagieren und zusammenarbeiten, anstatt nur Aufgaben zu erledigen. Dadurch werden neue intelligente Produktionssysteme geschaffen, die bei Wartungsbedarf beispielweise gleich selbst den Techniker bestellen.
Arbeits- und Assistenzsysteme: Mit Assistenzsystemen wie Augmented Reality wird die Benutzerschnittstelle zwischen Mensch und Maschine verbessert. Das wird auch Auswirkungen auf die Arbeitsorganisation und Kompetenzen haben – dafür muss noch Bewusstsein und Akzeptanz geschaffen werden.
Wertschöpfungsnetzwerke und Geschäftsmodelle: Industrie 4.0 verändert die Wertschöpfung und Geschäftsmodelle – Produzenten werden zunehmend zu Serviceanbietern. Datengetriebene und -basierte Modelle sind der Schlüssel dazu.
Domänenwissen und Schlüsseltechnologien: Erfahrungs- und Prozesswissen der Mitarbeiter gepaart mit neuen Technologien kann praxisnahe Innovationen schaffen. Forschungsansätze in diesem Bereich sollten sich unter anderem auf Qualifikation und Wissensmanagement, aber auch auf EU-Schlüsseltechnologien wie Mikro- und Nanoelektronik oder Photonik fokussieren.