Vor gut zwei Monaten hat Christine Antlanger-Winter die Geschäftsführung der Agentur Mindshare übernommen. LEADERSNET hat Antlanger-Winter zum Interview getroffen und sich mit ihr über ihre Vision für die Agentur, wie es ist, Teil der GroupM zu sein, die EU-Datenschutz-Grundverordnung und das Kerngeschäft Media unterhalten.
LEADERSNET: Sie sind seit 15 Jahren bei Mindshare. Mit 1. Februar haben Sie die Geschäftsführung der Agentur übernommen. Wie fühlen Sie sich in der neuen Position?
Antlanger-Winter: Ich habe in meiner Management-Rolle in den letzten Jahren die Agentur bereits maßgeblich mitgestaltet – wie wir das Team und die Organisation aufstellen und wo wir strategisch hingehen. Auf dieser Basis die Rolle des CEO und damit die volle Verantwortung zu übernehmen, ist eine spannende Weiterentwicklung.
LEADERSNET: Ihr Einstieg bei Mindshare ist praktisch mit dem eigentlichen Beginn des Digitalen Zeitalters zusammengefallen. In diesen eineinhalb Jahrzehnten hat sich in diesem Bereich auch im Agentursektor sehr viel getan. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, die eine Agentur in den nächsten Jahren bewältigen muss?
Antlanger-Winter: Die Fragmentierung der Medienlandschaft und das sich rasch und stetig verändernde Konsumentenverhalten sind zwei große Herausforderungen für die Branche. Die Möglichkeit in so vielen Situationen, die zur Kaufentscheidung beitragen, mit dem Menschen zu kommunizieren erfordert neue Herangehensweisen – auch für Agenturen. Die Aufgaben, die es gemeinsam mit unseren Kunden zu lösen gilt und die Herausforderungen, für die man gute Agenturpartner braucht, mehr werden und sich auch mit hoher Geschwindigkeit verändern. Dafür sind wir bereits optimal aufgestellt mit unserem Ansatz von Adaptive Marketing und unserer Arbeitsweise im Datenraum The Loop.
LEADERSNET: Sie haben kürzlich beim xpert.network mitgemacht, wo es darum geht in aller Kürze zu präsentieren, was Mindshare als Agentur auszeichnet. Was sind die Schlüsselargumente, die für Mindshare sprechen und wie positionieren Sie sich auch innerhalb der GroupM, wo es einige weitere Agenturen gibt?
Antlanger-Winter: Wir stellen das Thema Relevanz in den Mittelpunkt und wir liefern den Beweis dafür im Loop Room. Wir kombinieren Daten und Stories, das ist der Schlüssel zur Erfolgssteigerung durch Relevanz. Nur im Datenbereich zu arbeiten und die emotionale Ebene außen vorzulassen, funktioniert genauso wenig wie umgekehrt. Wir sind schnell, wissen wie man Daten in jedem Bereich der Kommunikation nutzt und wir denken gesamtheitlich auch die Emotion mit – die Story, die Message. Dafür haben wir die Arbeitsweise im Loop-Room, wo wir in einem Datenraum arbeiten und die unterschiedlichen Disziplinen und Experten der Kommunikation zusammenbringen – bei dem aktuellen Fragmentierungsgrad unumgänglich. Damit entsteht eine wirklich datenbasierte Arbeitsweise in agilen und kollaborativen Teams. Darüber reden alle, wir tun es – und das mit bereits vier Jahren Erfahrung im Loop Room.
LEADERSNET: Haben Sie ein konkretes Beispiel, wo Sie die Erkenntnisse aus dem Loop-Room in Real Time umgesetzt haben?
Antlanger-Winter: In der Event-Anwendung gibt es das klassische Beispiel, als Matts Hummels in einem Fußballspiel der zwölften Minute ein Tor geschossen hat und wir in der dreizehnten Minute den in dieser Sekunde generierten Claim "Um Hummels Willen" ausgespielt haben. Wenn wir eine Kampagne begleiten, dann schauen wir uns sehr genau an, wie die TV-Kampagne mit Suchmaschinenanfragen korreliert und wie wir die Kampagne an diese Suchanfragen anpassen können.
LEADERSNET: Da wir schon beim Thema Daten sind: In weniger als zwei Monaten tritt die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft und nächstes Jahr soll die E-Privacy Verordnung kommen. Könnten diese Gesetzesänderungen eine Gefahr für die digitale Industrie in Europa darstellen – insbesondere für die Agenturen, die sehr viel Geld in Programmatic Advertising investieren und das dann vielleicht gar nicht mehr anwendbar ist?
Antlanger-Winter: Das ist ein ernsthaftes Thema. Datenschutz ist sehr wichtig und wir arbeiten als Mindshare und auch als Gruppe sehr intensiv daran. Was die geplante e-privacy Richtlinie betrifft – so wie sie zur Zeit geplant ist – wird sie einen sehr negativen Impact auf Europa haben und die Wettbewerbsgleichheit in einer globalisierten Welt nicht verbessern. Dadurch, dass die Agenturen, Medien und werbetreibenden Unternehmen viel Zeit, Energie und Geld investieren müssen, um auf diese neuen Rahmenbedingungen vorbereitet zu sein und mit personalisierten Daten arbeiten zu können, wird sehr viel Geschwindigkeit aus der digitalen Weiterentwicklung in Europa rausgenommen. Geschwindigkeit steht in dieser technologisierten Welt aber an erster Stelle und wenn wir diese Geschwindigkeit rausnehmen müssen, dann haben wir gegenüber USA oder Asien einen klaren Nachteil. Auf der anderen Seite steht natürlich die Verantwortung, die man im Bereich Datenschutz hat und die ganze Wirtschaft hat und die nehmen wir wahr.
LEADERSNET: Denken Sie, dass der jüngste Datenskandal rund um Facebook Auswirkungen auf diese Diskussion haben wird?
Antlanger-Winter: Ich denke, dass es ein wichtiges Signal dafür ist, dass sich auch andere Wirtschaftsräume, nicht nur die EU, mit dem Thema Datenschutz ernsthaft auseinandersetzen müssen. Was das Thema gesellschaftliche Verantwortung betrifft, gibt es die nextM Konferenz, wo wir uns genau mit dieser Future-Beyond-Perspektive aus Sicht der GroupM auseinandersetzen. Dabei beschränken wir uns aber nicht nur auf die DSGVO und das Thema Datenschutz. Es gilt Antworten auf die Frage zu finden, was passiert, wenn Robotics, Quantum Computing und DNA-Storage bestimmende Themen werden. Wenn man sieht, mit welcher Geschwindigkeit Technologie voranschreitet, dann muss man sich rechtzeitig mit diesen Themen auseinandersetzen.
LEADERSNET: Zurück zur Mindshare: Welche Ziele haben Sie sich als Geschäftsführerin gesetzt?
Antlanger-Winter: Wir bieten ein sehr breites Portfolio an Services an, das über Media weit hinausgeht. Das ist auch die Positionierung, die wir die letzten Jahre aufgebaut haben. Wir bieten unglaublich gutes Experten-Know-how und Service in den Bereichen Social-Media, Content Marketing, E-Commerce, Strategie, Consumer Journies und Marktforschung an. In diesen Bereichen wachsen wir unglaublich stark. Daneben geht es auch darum, das Kerngeschäft Media auszubauen und dort weiterhin sehr erfolgreich zu sein.
LEADERSNET: Wie positionieren Sie sich innerhalb der GroupM, wo es auch andere Mediaagenturen, wie die MediaCom gibt?
Antlanger-Winter: Unsere Positionierung ist ziemlich klar: Wir sind die beste Mediaagentur und die beste Digitalagentur.
LEADERSNET: Mindshare hat früher den Claim "Act global, think local" verwendet. Zählt das immer noch?
Antlanger-Winter: Der Claim ist zwar nicht mehr in Verwendung, aber die Message ist immer noch relevant. Ich glaube, dass ein großer Teil unseres Erfolges ist, dass das Mindshare-Netzwerk gut funktioniert und wir untereinander wirklich eng connected sind. Diese Balance zwischen internationale Trends erkennen und aufgreifen und diese dann im lokalen Markt, in dem wir stark verwurzelt sind, umzusetzen, ist ein entscheidender Asset, den wir haben.
LEADERSNET: Ein weiterer Mindshare-Slogan lautet "Speed, teamwork and provocation". Die Werbung lebt momentan nicht unbedingt davon, dass sie großartig provoziert. Wie provokativ darf man heute noch sein?
Antlanger-Winter: Ich glaube, da geht es auch um eine bestimmte Unternehmensphilosophie und Herangehensweise, und ich glaube dieses Provokative war immer, dass wir uns keine Grenzen auferlegt haben. Wir haben uns nie – und das habe ich von Anfang an immer ganz stark mitgetragen – Media als Grenze gesetzt. Das ist die Provokation, die uns jetzt in die Position bringt, wo wir entsprechend agieren können.
www.mindshare.at