Neue Impulse für das WdF

| 27.06.2011

Javurek im Interview über Zielsetzungen, Managergehälter & Steuergerechtigkeit.

Das Wirtschaftsforum der Führungskräfte (WdF),1979 als Verein gegründet, ist die einzige überparteiliche und unabhängige Interessensgemeinschaft für Führungskräfte in Österreich. Es vertritt die Interessen seiner rund 2.800 Mitglieder und ist anerkannter Gesprächspartner von Bundes- und Landesregierungen, sowie für alle Belange, die Führungskräfte und den Wirtschaftsstandort Österreich betreffen. Leadersnet.at hat den neuen Bundesvorsitzenden Karl Javurek zum Gespräch gebeten. 

leadersnet.at: Österreichs größter unabhängiger Managerverband hat Sie vor kurzem als neuen Bundesvorsitzenden gewählt. Indiziert eine neue Führung auch neue Zielsetzungen und Impulse?

Karl Javurek: Zunächst muß man sagen, dass das WdF unter der Führung von Paul Jankowitsch hervorragende Arbeit geleistet hat. Daher ist von einer Kontinuität und Weiterführung der Gesamtlinie auszugehen. Natürlich gibt es einige neue Akzente, die ich setzen möchte; diese liegen einerseits in der verstärkten Einbeziehung der Mitglieder, um die "Stimme der Führungskräfte" präziser formulieren und nachhaltiger in der Öffentlichkeit vertreten zu können. Darüber hinaus gilt es verstärkt, die Werte, welche Führungskräfte in der Bewältigung ihrer täglichen Aufgaben zugrunde legen müssen, auch verstärkt zu kommunizieren, insbesondere in Richtung der politischen Entscheidungsträger. Hier gilt es vor allem Mut zu machen und darauf hinzuweisen, dass die Zeit längst reif für mutige weitreichende Entscheidungen ist. Ein besonderer Schwerpunkt wird auch die Verstärkung der Zusammenarbeit mit dem Young Leaders Forum sein, wobei es in erster Linie darum geht, Werte, Erfahrungen und Einstellungen der älteren erfolgreichen Führungskräfte an die Nachwuchsführungskräfte weiterzugeben.

leadersnet.at: Welche Kriterien müssen Interessenten erfüllen, um in das Wirtschaftsforum der Führungskräfte aufgenommen zu werden?

Karl Javurek: Wir richten uns an Personen, die in ihrem täglichen Job Führungsaufgaben wahrnehmen. Das einfachste Kriterium dafür ist die Verantwortung für die unterstellten Mitarbeiter, aber natürlich ist das nur ein Indikator: Ein Controller, der die Finanzen eines Millionen-Projektes im Griff hat, fällt natürlich genauso in diese Kategorie. Wesentlich ist uns immer, dass wir die Person in ihrer Führungsaufgabe in den Mittelpunkt der Angebote und Services stellen, das unterscheidet uns von der engeren, fachspezifischen Sicht der Branchenverbände.

leadersnet.at: Wie entwickelt sich die Anzahl der Mitglieder bundesweit?

Karl Javurek: Das WdF hat sehr eigenständige Landesgruppen, die über die Jahre auch eigene Schwerpunkte für sich definiert haben und damit recht erfolgreich sind. Die Zahl der rund 2.800 Mitglieder ist sein Jahren konstant, wobei wir natürlich auch einen gesellschaftlichen Trend zu spüren bekommen, den alle Interessensvertretungen kennen, vermutlich auch Sie aus der Abowerbung. Sich für etwas dauerhaft zu binden und damit seine Zugehörigkeit auch als finanzielle Verpflichtung anzunehmen, ist nicht allzu zeitgemäß. Daher justieren wir unser Angebot laufend nach, große Freude bereiten uns dabei die Young Leaders, also Führungskräfte unter, 35, die wir gezielt ansprechen auf ihrem beginnenden Karriereweg.

leadersnet.at: In einigen Branchen sind zuletzt gerade die Gehälter der Manager heftig unter Beschuss geraten. Welche Positionen werden von den Führungskräften vertreten?

Karl Javurek: Das ist ein gutes Beispiel für die Arbeit, die das WdF leistet. Seit 29 Jahren legen wir mit der Einkommensstudie die aussagekräftige Darstellung der Managergehälter in Österreich vor. Methodisch befragen wir rund 700 Führungskräfte über einen zwischengeschalteten Notar. Es sind also keine Hochrechnungen auf Basis weniger Vermittlungen, wie das Personaldienstleister gerne machen.

leadersnet.at: Was hat sich hier 2010 gezeigt?

Karl Javurek: Die viel beschworene Gehaltsschere zwischen einfachem Angestellten und seiner obersten Führungskraft beträgt gerade einmal den Faktor 6,5. Von amerikanischen Traumgagen sind wir aber weit entfernt, wenn wir uns nicht die paar Dutzend absoluten Top-Verdiener herauspicken, wie das gerne gemacht wird, sondern die Führungskräfte insgesamt. Ein Beispiel: Netto verdient der Leiter einer Konzern-IT vielleicht Euro 5.000. Von ihm hängt aber das gesamte Geschäft ab, wenn es um Daten und Kommunikation geht. Ist das überbezahlt?  

leadersnet.at: Stark vernetzt mit den Fragen des Einkommens und der Gehälter ist stets die Regelung der Besteuerung und der Ruf nach Steuergerechtigkeit. Gibt es auch hier Analysen und Vorschläge für die politischen Akteure?

Karl Javurek: Die Anregungen der Aufgabenreformkommission, in der auch das WdF vertreten war, endlich umzusetzen. Warum die Gemeindezusammenlegung unfinanzierbarer Einheiten nicht ohne politischen Schaum vor dem Mund andiskutiert wird, ist etwa unverständlich. Zumal die Belastungen sich steuerlich auf immer weniger Arbeitnehmer verteilen. Schon jetzt hat die Gruppe der Transferleistungsbezieher die Mehrheit der Wählerstimmen. Das lässt nichts Gutes für Reformen ahnen.

leadersnet.at: Zur Zeit der Gründung 1979 stand wohl das Anliegen, die Führungskräfte vorrangig in Österreich zu vertreten im Vordergrund. Haben sich im Rahmen der EU und mit der Globalisierung auch die Aktionsbereiche erweitert?

Karl Javurek: Das WdF hat früh den EU-Beitritt begrüßt und sieht angesichts der Erfolgsgeschichte im CEE-Raum, speziell auch in Branchen, in denen man das 1989 gar nicht vermutet hat, keine Alternative zum Binnenmarkt. Gemeinsam stimmen wir uns vor allem im Rahmen des europäischen Dachverbands CEC ab, für die Mitglieder selbst ist vor allem das Abkommen zur "Mutual Assistance" wesentlich: Wenn Sie in ein neues Land kommen, steht die dortige Schwesterorganisation ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Kostenlos versteht sich und natürlich weit kompetenter, wenn es etwa um Arbeitsrecht und Dienstverträge geht, als wir das von Wien aus könnten.

leadersnet.at: Ihr vielfältiger Tätigkeitsbereich erfordert sicherlich auch ein angemessenes Budget. Wie finanzieren Sie sich?

Karl Javurek: Wir sind zu 90 Prozent Mitglieder-finanziert, die restlichen Beträge kommen von Förderern, das sind Firmen und Institutionen, die unsere Arbeit unterstützen. Dementsprechend wesentlich ist es, die Mitgliederinteressen genauestens zu kennen. Der laufende Kontakt und Meinungsforschung helfen uns hier, geschlossen mit den jeweils relevanten Themen in der Öffentlichkeit zu gehen.

leadersnet.at: Welche Themenschwerpunkte werden aus heutiger Sicht das Vereinsgeschehen in naher Zukunft bestimmen?

Karl Javurek: Neben dem Dauerbrenner Steuern – hier vor allem die viel zu hohe Abgabenquote, die aber nur zwei Millionen Österreicher zu tragen haben – wird weiterhin die Belastung der Führungskräfte thematisiert werden. Das ist zum einen traditionell am Sommerende unsere Darstellung der Reisetätigkeit, zum anderen die große Gesundheitsstudie im Herbst. Diese hat etwa gezeigt, dass die klassischen Beschwerden im Herz-Kreislauf-Bereich heute von weit tückischeren, weil schwerer diagnostizierbaren Beeinträchtigungen durch 60-Stunden-Wochen abgelöst werden. Das mag auf den ersten Blick etwas weiter weg vom Anspruch einer Interessensvertretung sein, bei näherem Hinsehen liegt genau da die Aufgabe des WdF: Ein realistisches Bild vom Management zu zeichnen. Denn das besteht entgegen vieler Darstellungen nicht im monatlichen Abholen des üppigen Gehaltsschecks.

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