Axel Herpin ist seit seit 1. September Managing Director bei Pernod Ricard Austria. Der gebürtige Franzose ist bereits seit rund 20 Jahren bei Pernod Ricard tätig und hat einen großen Teil seines beruflichen Lebens in Deutschland verbracht. leadersnet.at hat Herpin zum Interview getroffen und sich mit ihm über die Unterschiede zwischen dem österreichischen und dem deutschen Markt, die Qualitätsansprüche der heimischen Konsumenten, Werbebeschränkungen und warum Spirituosen Menschen verbinden, unterhalten.
leadersnet.at: Wodurch unterscheidet sich der österreichische vom deutschen Markt?
Herpin: Der erste Riesenunterschied ist die Aufteilung zwischen Gastronomie und Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Deutschland hat einen LEH-Anteil von rund 85 Prozent und einen Gastronomie-Anteil von 15 Prozent. In Österreich beträgt der Gastro-Anteil hingegen mindestens 40 Prozent. Das ist für uns sicherlich ein Vorteil, da wir unsere Marken immer über die Gastronomie aufbauen. Zudem passt das auch gut mit unserer Philosophie zusammen: die Geselligkeit, nämlich dass Leute mit Freunden oder der Familie in eine Bar gehen, um eine gute Zeit zu haben. Es geht um Menschen, Emotionen und Leidenschaft. Der zweite Unterschied ist der geringere Anteil an Discountern gegenüber Deutschland. In Deutschland liegt er bei etwa 42 Prozent am LEH, während er in Österreich deutlich niedriger ist.
leadersnet.at: Heißt das, dass die Ausgangslage in Österreich eine angenehmere als in Deutschland ist?
Herpin: Ja, ich denke schon. Von Vorteil ist auch, dass Wien wirklich die Hauptstadt von Österreich ist. Das haben Sie in Deutschland nicht so. Da kommen die Trends teilweise aus München, teilweise aus Hamburg und teilweise aus Berlin. Wien ist da eher wie Paris oder London. Dadurch ist man hier viel schneller an Trends dran und auch zum Kanalisieren ist es einfacher, als in einem Land wie Deutschland, das komplett dezentralisiert ist. So gesehen ist Österreich für mich tatsächlich ein viel besserer Markt als Deutschland.
leadersnet.at: Wie unterscheidet sich der österreichische vom deutschen Konsumenten?
Herpin: Ich habe ein Wort hier in Österreich gelernt: „sudern“. Und ich glaube, das trifft auf die österreichischen Konsumenten zu (lacht). Aber Spaß beiseite: Der österreichische Konsument hat meiner Meinung nach einen größeren Anspruch auf Qualität. Die Österreicher, ähnlich wie die Italiener und Franzosen, genießen das Leben meiner Meinung nach auch mehr. Der Anspruch an gutes Essen ist hier beispielsweise dramatisch höher und das freut mich als Franzose sehr. Als ich hier angekommen bin, war ich auch über die zahlreichen Rabattaktionen, die es hier im LEH gibt, überrascht. Aber das vereint die österreichischen und deutschen Konsumenten wahrscheinlich: Sie wollen einen guten Preis für gute Qualität zahlen. Aber der Anspruch der Österreicher ist sicherlich höher.
leadersnet.at: Welche Ziele haben Sie sich für Ihre neue Aufgabe gesetzt?
Herpin: Es gibt die berühmten ersten 100 Tage. Meine Philosophie war immer die, dass ich mir die ersten drei oder vier Monate einmal alles anschaue. Ich kenne mich noch nicht aus und die Strategie, die die Firma hier verfolgt, ist wahrscheinlich aus guten Gründen, so wie sie ist. Ich war noch nie ein Freund davon, irgendwo hinzukommen und alles komplett anders zu machen, nur damit man etwas geändert hat. Ich schaue mir in den ersten Monaten alles an und sauge alles auf. Ich spreche beispielsweise mit allen Abteilungen, um unser Business gut zu verstehen. Erst dann kann ich sagen, was es überhaupt zu verändern und zu verbessern gibt.
leadersnet.at: Der Spirituosenmarkt ist relativ klar aufgeteilt. Wo sehen Sie denn am meisten Potential für die Zukunft und wo denken Sie wird es Änderungen in der Produktpalette geben?
Herpin: Ich denke, dass der Trend Richtung Genuss und Premium geht. Die Konsumenten sind meiner Meinung nach bereit, ein bisschen mehr auszugeben, um ein Qualitätsprodukt zu bekommen. Nehmen Sie beispielsweise die Super Premium-Schiene: Da kostet eine Flasche 30 Euro oder mehr. Das ist einerseits natürlich viel Geld, aber andererseits ist es für ein Luxusprodukt für fast jeden leistbar. Am Ende geht es immer um Belohnung – und ich rede hier nicht nur von Spirituosen. Wenn man die ganze Woche hart arbeitet, dann will man sich auch belohnen. Das kann ein Restaurantbesuch sein, das neue iPhone oder ein anderes gutes Produkt, das man einfach genießen möchte. Rein technisch gesehen verkaufen wir vielleicht Spirituosen, aber dahinter steht viel mehr. Wir verkaufen Emotionen und Leidenschaft und das ist es, was die Menschen verbindet. Aus diesem Grund genießen die Menschen auch Spirituosen. Der Bedarf an Premium und Super Premium Produkten ist denfinitiv da. Pernod Ricard als der zweitgrößte Spirituosenhersteller der Welt hat hier auch einiges im Produktportfolio, das hier noch nicht erhältlich ist. Sie können 2015 mit einigen neuen Produkten rechnen, die wir in Österreich einführen werden.
leadersnet.at: Denken Sie wird es in den nächsten Jahren einen Rückgang bei der Konsumation von Spirituosen geben?
Herpin: Ich habe keine Glaskugel. Aber wenn ich zum Beispiel sehe, dass die Prognosen für das BIP-Wachstum von 1,5 auf 0,8 Prozent runtergeschraubt wurden, dann ist davon auszugehen, dass die Leute weniger Geld ausgeben werden. Wo sie es einsparen, ist dann wieder eine andere Frage. Aber selbst wenn die Zeiten etwas härter sind, will man trotzdem das Leben genießen. Ich sehe die nächsten 18 Monate auch keine Gefahr, dass es bei den Premium-Spirituosen einen Rückgang geben wird.
leadersnet.at: Wie schwer ist es aufgrund der zahlreichen Beschränkungen – z. B. keine TV-Werbung – alkoholische Getränke zu vermarkten und zu bewerben?
Herpin: Pernod Ricard hat eine ganz klare Corporate Social Responsibility (CSR)-Policy was solche Themen angeht. Wir versuchen auch mit anderen Unternehmen der Industrie eine gewisse Linie einzuhalten. So tätigen wir keine Aussagen, die in Richtung „Alkohol erhöht die Attraktivität“ gehen. Wir versuchen auf jeden Fall unsere Produkte vernünftig zu bewerben. Aber wie bereits eingangs erwähnt: Wir bauen unsere Marke in der Gastronomie auf, dort entsteht für den Konsument in der Regel auch der erste Kontakt mit dem Produkt. Aus diesem Grund sind die Werbebeschränkungen in Österreich auch ein kleineres Problem als in anderen Ländern.
leadersnet.at: Inwieweit spielt das Thema Sponsoring dabei eine Rolle?
Herpin: Welche Events wir sponsern, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Aber wir sponsern nichts, was nicht unserer CSR-Policy entspricht. Deswegen sponsern wir auch keine Sportevents. Ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang ist unsere Aktion „Mein Kind will keinen Alkohol“. Da geht es darum, dass man in der Schwangerschaft auf keinen Fall Alkohol trinken sollte. Wir haben ein eigenes Logo für diese Aktion, das auf jeder Flasche von Pernod Ricard abgebildet ist. Das ist eine aus eigenem Antrieb heraus gestartete Initiative, um den Konsumenten in Erinnerung zu rufen, dass man in der Schwangerschaft absolut keinen Alkohol trinken sollte.
leadersnet.at: Was ist eigentlich ihr Lieblingsgetränk?
Herpin: Das ist ein Tom Collins Gin mit Zitronensaft und Zuckersirup, gemischt mit Soda. Ich denke dieser Drink hätte hierzulande aufgrund der österreichischen „Spritz“-Kultur großes Potential.
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