Fördern statt Strafen
10-Punkte-Plan soll Europas Autoindustrie wieder wettbewerbsfähig machen

Europa fällt nicht nur bei den Marktanteilen in der E-Mobilität zurück, sondern droht auch, seine führende Position im globalen Automobilmarkt aus der Hand zu geben. Laut Expert:innen kann das Ruder aber noch herumgerissen werden.

Ein aktueller Bericht von Acredia in Zusammenarbeit mit Allianz Trade zeigt, dass der europäische Automobilsektor vor gravierenden strukturellen Herausforderungen steht. Während der weltweite Automarkt im Jahr 2024 nur um 1,7 Prozent wuchs, wird für 2025 ein leichtes Plus von zwei Prozent erwartet – jedoch getragen von China (4 Prozent) und den USA (2,5 Prozent). Europa hingegen soll mit nur 1,5 Prozent Wachstum weiter zurück bleiben, insbesondere durch hohe Produktionskosten, Innovationsrückstand und zunehmende Zollstreitigkeiten, schreiben die Studienautor:innen. Da Österreich ein wichtiges Zuliefererland für die europäische Autoindustrie ist, ist der heimische Wirtschaftsstandort ebenfalls stark von den Auswirkungen betroffen.

"Die Automobilindustrie ist das Rückgrat der europäischen Wirtschaft. Doch durch mangelnde Investitionen in Innovation und Elektromobilität drohen wir, unseren Vorsprung endgültig zu verlieren", warnt Gudrun Meierschitz, Vorständin von Acredia. Es sei Zeit für einen strategischen Kurswechsel.

Entwicklung globaler Verkaufszahlen von E-Autos & Plug-in-Hybriden

Fördern statt Strafen

China dominierte 2024 den E-Auto-Markt mit einem Wachstum von 40 Prozent, während Europa als einziger großer Markt sinkende Verkäufe von reinen Stromern verzeichnete. In Österreich waren die Verkaufszahlen von E-Pkw zwar nur leicht rückläufig, doch in der EU sind wir ein vergleichsweise kleiner Markt. Hier wirkte sich vor allem der drastische Einbruch des Elektroauto-Absatzes in Deutschland negativ aus. Gleichzeitig profitierten dem Bericht zufolge asiatische Hersteller vom Hybrid-Boom mit einem Plus von 20 Prozent. "China investiert Milliarden, die USA schützen ihre Märkte – doch Europa setzt auf Strafzahlungen statt gezielter Förderung. Das ist nicht nachhaltig", so Meierschitz.

Ein 10-Punkte-Plan für Europas Autoindustrie soll verlorene Wettbewerbsfähigkeit zurückholen: Dazu zählen gezielte Investitionen in Batterie- und Ladeinfrastruktur, eine schlanke Modellpalette sowie stärkere internationale Zusammenarbeit. Erfolgsmodelle wie China (231 Milliarden US-Dollar Förderung), Norwegen (flächendeckende Ladeinfrastruktur) und Tesla (Technologieführerschaft mit wenigen, effizienten Modellen) zeigten den Weg. Jetzt brauche es Industriepolitik, die Innovation und Produktion gezielt stärkt, um Europa als Automobilstandort zu sichern, zeigt man sich bei der Versicherung überzeugt.

Neue Märkte und Investitionen

Europäische Autobauer müssten demnach ihre Modellpalette auf fünf bis sechs wettbewerbsfähige Hybrid- und Elektrofahrzeuge reduzieren und stärker in Batterieproduktion und Ladeinfrastruktur investieren, um die Abhängigkeit von China zu verringern. Mindestens zehn Prozent des Umsatzes sollten in Forschung und Entwicklung fließen, während neue Märkte wie Indien, Vietnam und Südamerika Wachstumspotenzial bieten. Parallel dazu brauche es politische Maßnahmen: 40 bis 50 Prozent Zölle auf Importe mit weniger als 75 Prozent europäischem Produktionsanteil könnten zwei Milliarden Euro jährlich einbringen. Ferner sollen ein Investitionspaket von 150 bis 200 Milliarden Euro für Ladeinfrastruktur sowie eine 15-Prozent-Kaufprämie für E-Autos unter 45.000 Euro mit europäischer Wertschöpfung die Elektromobilität vorantreiben. Zusätzlich sollten fünf Prozent des "EU-Horizon"-Programms für Batterieforschung, autonomes Fahren und Recycling genutzt werden, um Europas Innovationskraft langfristig zu sichern.

Europas Zukunft steht auf dem Spiel

Dass die europäische Automobilindustrie an einem historischen Wendepunkt steht, steht für Branchenexpert:innen außer Frage. Ohne gezielte Reformen drohe der Marktanteil weiter zu schrumpfen, während China und die USA ihre Führungspositionen ausbauen. "Europa muss wieder selbst die Kontrolle übernehmen. Mit dem richtigen Mix aus Innovation, strategischer Investition und industriepolitischer Unterstützung kann der Automobilstandort Europa nicht nur überleben, sondern florieren", so die Acredia-Vorständin abschließend.

Die gesamte Studie zur Autoindustrie kann hier (PDF) heruntergeladen werden.

www.acredia.at

www.allianz-trade.com

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