Interview mit Karin Saey
"Echt, nachhaltig und fair, dafür steht sh!ne with a conscience"

Die Head of Retail der Dorotheum GmbH & Co KG spricht im Interview über die neue Schmuckmarke vom Dorotheum Juwelier "sh!ne" und erklärt, wofür die Marke steht, wer die Zielgruppe ist, warum Nachhaltigkeit bei der Produktion eine Rolle spielt und auf welche Herausforderungen sie dabei gestoßen ist.

LEADERSNET: Sehr geehrte Frau Saey, Dorotheum Juwelier hat eine eigene neue Schmuckmarke auf den Markt gebracht, mit dem Namen "sh!ne". Warum haben Sie das gemacht und was ist das Besondere an dieser neuen Schmucklinie?

Karin Saey: Diese Frage ist sehr berechtigt, da wir grundsätzlich bei allen unseren eigenen Kollektionen auf zertifiziert nachhaltige Produktion achten. Trotzdem: bei sh!ne gehen wir noch einen Schritt weiter und zeigen, dass sich auch bei jungem Echtschmuck leistbare Preise, feines Design, nachhaltige Fertigung unter dem Siegel des Responsible Jewellery Council und ein sehr hoher Teil an Recycling Gold vereinen lassen. Die Idee zu diesem Projekt gab es schon länger, im Jahr 2020 begann die Arbeit daran und die erste Kollektion konnten wir dann Mitte 2021, noch mitten in der Pandemie, launchen.

LEADERSNET: Warum der Name "sh!ne"? Und was ist das Motto der Marke sh!ne?

Saey: Weil es uns um das Strahlen geht. Wir möchten, dass unsere sh!ne Schmuckstücke mit Stolz, Überzeugung und Freude getragen werden und jede Persönlichkeit in ihrer Individualität erstrahlen lassen. Daher auch unser Motto. Echt, nachhaltig und fair, dafür steht sh!ne with a conscience. 

LEADERSNET: Für wen wurde die Marke kreiert? Was ist die Zielgruppe?

Saey: sh!ne wurde für die junge Generation geschaffen. Eine Generation, die Nachhaltigkeit und Integrität lebt und für die fairen Produktionsstandards eine wichtige Rolle bei ihrer Kaufentscheidung spielen.

LEADERSNET: Wie kommt die sh!ne Kollektion bei der jungen Zielgruppe an?

Saey: Mit sh!ne sind wir erfreulicherweise auf eine Marktlücke gestoßen, die Marke ist sehr stark gestartet und entwickelt sich sehr gut. Überraschenderweise bei einer viel breiteren Zielgruppe als der ursprünglich avisierten, wir sehen, dass wir damit sowohl jüngere als auch ältere Kund:innen erreichen, sowohl als Geschenk als auch für sich selbst.

LEADERSNET: Was bedeutet es konkret, dass der Schmuck von sh!ne nachhaltig produziert wird?

Saey: Der ökologische Fußabdruck von Recycling-Gold aus hochwertigem Edelmetallschrott liegt um Zehner Potenzen unter dem von neuem Gold. Daher ist es wichtig, Recycling Gold wann immer möglich den Vorzug zu geben. Aktuell ist das auch eine Frage der Verfügbarkeit, denn weltweit wird nur circa ein Drittel des verwendeten Goldes aus dem Recycling gewonnen, auch wenn der Anteil in der DACH Region deutlich höher liegen dürfte. Bei sh!ne liegen wir bereits bei einem RG Anteil von 80 Prozent. 

Dazu kommt, dass die Produktion unter dem Zertifikat des RJC erfolgt, bis auf einen kleineren italienischen Produzenten. Wobei dieser ja ohnehin den strengen europäischen Gesetzen unterliegt.

Kein Siegel ist perfekt, aber es macht jedenfalls einen riesigen Unterschied im Impakt auf Menschen und Umwelt, ob die Schmuckstücke unter Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten produziert wurden, ob die Diamanten unter Einhaltung des Kimberley Prozesses nur über offizielle Quellen gehandelt wurden und wie stark sich ein Unternehmen um einen möglichst hohen RG Anteil bemüht.

LEADERSNET: Was ist das Responsible Jewellery Council (RJC)? Wie setzt das RJC seine Ziele konkret um?

Saey: Das Responsible Jewellery Council (RJC) ist eine im Jahr 2005 gegründete, gemeinnützige Zertifizierungsorganisation. Das RJC Siegel stellt die Nachhaltigkeit der Lieferkette von der Mine bis zum Einzelhandel sicher und hat die Integrität in der gesamten Schmuckindustrie zum Ziel.

Das funktioniert über den Verhaltenskodex, den sogenannten Code of Practices (COP). Der definiert verantwortungsvolle ethische, menschenrechtliche, soziale und ökologische Standards, die implementiert und eingehalten werden müssen. Die zertifizierten Betriebe müssen sich diesbezüglich regelmäßigen externen Audits unterziehen, denn die Zertifizierung wird nur für drei Jahre vergeben.

LEADERSNET: Sind die verwendeten Diamanten auch zertifiziert?

Saey: Ja, wir stellen sicher, dass nur offiziell, gemäß dem Kimberley-Prozess, gehandelte Diamanten in Schmuck, der für uns produziert wird, verwendet werden. Der Kimberley-Prozess (KP) ist ein multilaterales Handelsregime, das im Jahr 2003 mit dem Ziel gegründet wurde, den Fluss von Konfliktdiamanten zu verhindern. Das ist also ein internationaler Mechanismus und das Kimberley-Zertifikat hält offiziell die Herkunft eines Diamanten fest.

LEADERSNET: Auf welche Schwierigkeiten sind Sie ansonsten bei der Entwicklung gestoßen?

Saey: Abgesehen von der Verfügbarkeit der nachhaltig produzierten Rohstoffe und zertifizierten Produzenten ist das Schwierigste eigentlich, dieses eher sperrige Thema so zu erklären, dass gut verständlich wird, worin eigentlich die Unterschiede zu konventionellem Schmuck liegen.

LEADERSNET: Die sh!ne Schmuckstücke werden mit einer umweltbewussten Kartonschachtel aus Graspapier sowie einer veganen Filzeinlage aus schnell nachwachsenden Rohstoffen bzw. Pflanzenresten geliefert. Alle Rohstoffe für die Verpackung werden nachhaltig gewonnen und schonend in Deutschland verarbeitet. Wie schwierig war es, einen Hersteller zu finden, der umweltbewusste Verpackungslösungen für den Schmuckbereich anbietet? Möchte das Dorotheum langfristig umweltbewusste Verpackungen für das gesamte Sortiment anbieten?

Saey: Wir haben die sh!ne Verpackungslinie mit unserem langjährigen deutschen Verpackungslieferanten als Projekt aufgesetzt und nach diesen strengen Vorgaben entwickelt und produzieren lassen. Auch unsere Dorotheum Juwelier Standardschmuckschachteln sind aus recycelbarem Karton und in Europa (derzeit Deutschland) gefertigt. Nur für die Schaumstofffeinlage haben wir leider noch keinen Ersatz gefunden. Auch diese Linie ist bereits mit FSC-Zertifizierung produziert.

LEADERSNET: Wie wird die Nachhaltigkeitsdebatte in unserer Gesellschaft in den kommenden Jahren den Schmuckmarkt verändern?

Saey: Die Herkunft und die Herstellungsbedingungen werden zunehmend hinterfragt werden und die Anbieter:innen sind gefragt, entsprechende Prozesse zu implementieren, die sicherstellen, dass die Lieferkette transparent wird. Fragen wie: woher kommt das Rohmaterial für meinen Schmuck, und unter welchen Bedingungen wurde er produziert, wird nicht nur den Luxusmarken gestellt werden, sondern auch allen anderen Marktteilnehmer:innen.

Es wird weniger um schickes Marketing und mehr um Inhalte gehen. Ich kann nur empfehlen, die gerade bei Brands, die diese Themen nicht kommunizieren, aktiv zu hinterfragen.

www.dorotheum-juwelier.com

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