LEADERSNET veröffentlicht nun regelmäßig Interviews, Porträts und Servicegeschichten von aehre. Dabei befasst sich das Nachhaltigkeits-Businessmagazin stets mit einem der zentralen Themen der Gegenwart: Nachhaltigkeit, in allen ihren Facetten von Environment über Social bis Governance.
Nachdem es beim letzten Mal ums Arbeiten im Grünen gegangen war, dreht sich diesmal alles um Naturweine.
Die Welt zu verändern, ist ein durchaus ambitionierter Plan. Seit Stephanie und Eduard Tscheppe im Jahr 2007 das Gut Oggau im Burgenland übernommen haben, ist aber genau das ihr Ziel: Sie möchten etwas Bleibendes schaffen, dabei gleichzeitig inspirieren und inspiriert werden. Um das zu erreichen, setzt das Duo seit Beginn an auf Biodynamie.
"Rückblickend hat uns der Ort, den wir übernommen haben, stark in diese Richtung gelenkt. Wir haben immer an die alten Weingärten geglaubt, mussten sie aber aufpäppeln, und zwar auf eine möglichst schonende Art und Weise", erinnert sich Eduard Tscheppe. Mit "viel jugendlichem Enthusiasmus und einer Prise Naivität", vor allem aber aus der tiefen Überzeugung heraus, nur mit naturbelassenen Weinen die Einzigartigkeit der Böden und Herkunft ausdrücken zu können, entstanden so nach und nach Weine, die zweifellos anders waren als das, was man bislang von österreichischen Winzer:innen kannte. Den Begriff Naturwein gab es nicht, ebenso wenig Weine ohne Filtration und Zusätze.
Akribisch. Eduard Tscheppe selektiert die Trauben händisch nach strengsten Kriterien © Gut Oggau
International gefragt
Die Nachfrage in Österreich blieb deshalb vorerst aus. Stattdessen fanden Stephanie und Eduard Tscheppe Absatzmärkte in Dänemark, England und Japan, speziell jedoch in den Städten Kopenhagen und London. Heute liegt der Exportanteil von Gut Oggau weit über 90 Prozent.
"Mittlerweile ist man aber auch hierzulande auf den Geschmack gekommen, und das ist gut so. Die Menschen hinterfragen immer genauer, was sie konsumieren, so auch beim Wein. Vielen war lange Zeit nicht bewusst, dass es sich um ein landwirtschaftliches Produkt handelt, weil die Winzer:innen nur über den Keller und die Verarbeitung gesprochen haben, doch nicht über ihre Weingärten oder darüber, wie die Trauben entstehen. Dass das nun anders ist, hat zum einen sicherlich mit dem Generationenwechsel in den Betrieben zu tun, zum anderen gibt es genauso alteingesessene Winzer:innen, die umdenken", so Tscheppe.
Kreisläufe schließen
Was die eigenen Weingärten betrifft, haben die Tscheppes eine klare Vision: Irgendwann wollen sie diese gänzlich ohne Maschinen bewirtschaften. Handlese und -selektion der Trauben sind ohnedies von Anfang an Standard und statt des Traktors kommt zum Pflügen immer häufiger das Pferd zum Einsatz. "Im Weingarten geht es uns darum, Kreisläufe zu schließen. Die Energie, die die Tiere in den Boden einbringen, hat unfassbare Auswirkungen. Wir haben anfangs sogar unterschätzt, welche Lebendigkeit das in den Wein bringt."
Weinfamilie. Statt in Kategorien werden die Weine in Generationen unterteilt © Gut Oggau
Im Keller reduziert sich die Arbeit ebenfalls auf ein Mindestmaß. Um die Energie aus den Weingärten auch drinnen zu bewahren und den Saft so schonend wie möglich in die Flasche zu bringen, arbeitet man auf Gut Oggau hauptsächlich mit der Schwerkraft. Jeder Wein ist Ausdruck der Böden, des Klimas, des Jahrgangs und des akribischen Zutuns des Winzer-Ehepaars. "Wir treten nicht an, um einen bestimmten Weinstil zu produzieren. Das, was entsteht, ist die Konsequenz aus unserer täglichen Arbeit. Am Ende wollen wir einen wunderschönen, ausdrucksstarken und energetischen Saft in die Flasche bringen. Und das passiert nicht nach bestimmten Vorstellungen in unseren Köpfen, sondern so, wie es die Natur im jeweiligen Jahr vorgesehen hat."
Kompromisslos. Auf Gut Oggau passiert jeder Handgriff im Einklang mit der Natur © Gut Oggau
Gemeinsam etwas bewegen
Statt allein über den Wein definieren sich Stephanie und Eduard Tscheppe deshalb auch lieber als "Agrikulteure, Kulturschaffende und Gestalter von Kulturlandschaften". Ihre Weingärten seien wie die Leinwände eines Künstlers: So wie dieser durch Farbe für Struktur sorgt, würden sie die Landschaft durch die Biodynamie beleben und die Menschen ins Staunen versetzen. "Wir Landwirt:innen haben eine gewisse Schaffenskraft. Wir sind nicht nur da, um das Land zu bestellen, sondern um es zu gestalten. Wir können die Erde heilen, den Pflanzen Sicherheit geben und Dinge ins Gleichgewicht bringen, was über die Biodynamie sogar recht schnell gelingt." Wie schnell kann man heuer bei den "Root Times" auf Gut Oggau selber miterleben.
"Am Ende wollen wir einen ausdrucksstarken und energetischen Saft in die Flasche bringen." - Eduard Tscheppe
Bei dieser Art von Intensiv-Retreats kommen Menschen aus der ganzen Welt und aus unterschiedlichen Branchen zusammen, um ein Wochenende lang mit Eduard Tscheppe in der Landwirtschaft und im Weinbau zu arbeiten und etwas über die Biodynamie zu lernen. "Wir spüren bei den Menschen immer stärker diese Sehnsucht nach einem nachhaltigen, ganzheitlichen Lebensmodell. Bei den 'Root Times' vermitteln wir ihnen wieder das Staunen und helfen ihnen, sich selbst zu spüren, indem sie sich mit der Natur auseinandersetzen. Es geht darum, ein Bewusstsein zu schaffen für das, was zukunftsträchtig ist, und darum, wie man miteinander behutsam auf die Bremse steigen kann, um etwas zu verändern."
Mehr zum Thema Nachhaltigkeit finden Sie im neuen Nachhaltigkeits-Businessmagazin aehre auf www.aehre.media und in der aktuellen Ausgabe am Kiosk.
www.gutoggau.com
Kommentar schreiben