"Sieg der Schuldenbremse" zur Sicherung unserer Zukunft

| Redaktion 
| 26.11.2023

Gastkommentar von Ralf-Wolfgang Lothert, Mitglied der Geschäftsleitung und Director Corporate Affairs & Communication von JTI Austria.

Vor wenigen Tagen sorgte in Deutschland ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) für Schlagzeilen. Darin wurden Teile des Deutschen Bundeshaushaltes als verfassungswidrig angesehen. Konkret ging es um die Verschiebung von Finanzierungsmitteln – und damit eigentlich die Ermächtigung zur Verschuldung – in Höhe von 60 Milliarden Euro aus nicht in Anspruch genommenen Kreditermächtigungen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds in den Energie- und Klimafonds, später Klimatransformationsfonds. Seitdem steht die Bundesrepublik Deutschland Kopf, und es wird fieberhaft nach Geld gesucht. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung angeführt, dass dieses Verschieben des Geldes gegen die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse verstößt.

Was ist eine Schuldenbremse?

Was ist aber eine Schuldenbremse? Als solche werden Verfassungsbestimmungen und völkerrechtliche Verträge zur Begrenzung staatlicher Haushaltsdefizite bzw. Staatsschulden bezeichnet. Die Regierungen und Parlamente müssen sich an diese Grenzen halten. Meistens gibt es dazu Ausnahmen, die jedoch ausschließlich in ganz bestimmten Situationen greifen, etwa wirtschaftlichen Sonderfällen oder in Folge von Naturkatastrophen als auch kriegerischen Auseinandersetzungen. In Deutschland gestaltet sich die Berechnung etwas kompliziert, grundsätzlich darf jedoch die strukturelle Nettokreditaufnahme des Bundes per anno 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) nicht überschreiten. Nicht mitbedacht sind hier eventuelle Schuldenbremsen der Länder oder Gemeinden, soweit vorhanden.

Wenn Sie, meine geneigten Leser:innen, nun meinen, dass sich die Möglichkeit einer Verschuldung des Bundes von 0,35 Prozent des BIP p. a. wenig anhört, muss ich widersprechen –ich denke, das Gegenteil ist der Fall. Die Bundesrepublik Deutschland hatte im Jahr 2022 ein BIP von circa 3,88 Billionen Euro! Sie können ja zum Spaß selbst ausrechnen, auf welchen Betrag Sie für die "legale" jährliche neue Schuldenaufnahme kommen.

Fakten, Fakten 

In Österreich ist es indes leider nicht gelungen, eine Schuldenbremse für den Bund zu implementieren. Nun werden Rufe laut, vor allem vonseiten der SPÖ, der Staat solle doch noch mehr Schulden machen. Argumentiert wird meist damit, dass der Staat doch – insbesondere in Krisenzeiten – mehr investieren müsse, um die Wirtschaft anzukurbeln. Diese Argumentation führt aber leider zu immer höheren Verschuldungen der Staaten, sodass irgendwann selbst die Zinsen für die Schulden nicht mehr oder nur sehr schwer bezahlt werden können, weil selbst in guten Jahren der Schuldenstand nicht oder nur ansatzweise zurückgeführt wurde.

Wie Sie, liebe Leser:innen, wissen, basiert meine Argumentation stets auf Fakten, so auch hier. In Österreich betrug der Schuldenstand Ende März 2023 80,6 Prozent des BIP oder circa 360 Milliarden Euro; 2019 lag dieser Betrag noch bei 70,4 Prozent des BIP. In Italien betrug die Staatsverschuldung per Juni 2023 sogar 142,4 Prozent des BIP. Wie weit dies von den Maastricht-Kriterien (60 Prozent des BIP) entfernt ist, lasse ich an dieser Stelle unkommentiert. Im Jahr 2022 zahlte die Republik Österreich circa vier Milliarden Euro als Zinsleistungen für ihre Schulden, dem Fiskalrat zufolge könnte sich dies in den nächsten drei Jahren auf circa neune Milliarden Euro p. a. erhöhen. Diese enormen Schulden und Zinsleistungen führen im günstigsten Falle dazu, dass der Staat seine Leistungen nicht mehr wie gewohnt erbringen kann und Ausgaben kürzen muss. Im Extremfall werden Staaten zahlungsunfähig – siehe Griechenland –, oder es kommt zu Währungsturbulenzen, Inflation und Entwertungen der Zahlungsmittel.

Da es in Staaten mit Schuldenbremse nicht so einfach ist, Schulden zu machen, haben einige versucht, dieser über Nebenhaushalte zu entgehen, wie etwa dem von Deutschland angedachten "Klimafonds" mittels Verschiebung nicht verbrauchter Kredite. Dem hat das BVerfG in Deutschland nun einen klaren Riegel vorgeschoben.

Dass dieses Verhalten des unendlichen Schuldenmachens von Staaten auch negative Vorbildwirkung auf die Privatwirtschaft hat, ist in Österreich ganz deutlich zu sehen, nicht zuletzt an der unendlichen Anzahl von Immobilienkrediten mit variablem Zinssatz, welche sich viele im Grunde genommen gar nicht hätten leisten können.

Schweiz mit Ausgabenobergrenze

Um aber nicht nur unserer Jugend, sondern allen eine vernünftige Zukunft und einen funktionierenden Staat zu gewährleisten, wäre es eigentlich sinnvoll, gar keine Schulden mehr zu machen – was in der Realität nicht ganz umzusetzen sein wird. Aber man kann vielleicht einen Blick zu unseren Schweizer Nachbarn werfen. Den komplizierten Berechnungsmechanismus einmal beiseitegelassen, sieht die Schuldenbremse in der Schweiz eine Ausgabenobergrenze des Bundes vor. So können in guten Zeiten Überschüsse erwirtschaftet werden, mit denen in schlechten Zeiten die Defizite kompensiert werden. Die ordentlichen Ausgaben werden dabei auf das Niveau der strukturellen (konjunkturell bereinigten) Einnahmen begrenzt. Im Endeffekt kann die Schweiz also über einen Konjunkturzyklus berechnet nur so viel ausgeben, wie eingenommen wurde. Damit konnte die Schweiz ihre Schuldenquote auf 30 Prozent des BIP senken. Selbstverständlich sind auch in der Schweiz Ausnahmen in Notsituationen möglich. So sichert die Schweiz die Zukunft ihrer Bevölkerung. Das schmälert natürlich den Handlungsrahmen für Politik und Bevölkerung, denn wenn nicht genug Geld vorhanden ist, muss abgewogen werden, beispielsweise zwischen dem Kauf zusätzlicher Kampfflugzeuge oder der Erhöhung der Renten um einen gewissen Prozentsatz. Bezogen auf das Handeln bedeutet dies aber mehr Transparenz und Ehrlichkeit.

Auch in Deutschland wird der "Entzug" des Schuldenmachens zuerst vielleicht wirtschaftliches Kopfzerbrechen bereiten. Kurz- und mittelfristig wird, wenn Deutschland schuldenmäßig wie die Schweiz dasteht, dies Deutschland wieder an die Spitze der europäischen Wirtschaft bringen. Gleiches würde ich Österreich wünschen.

Denken Sie nun an Ihre eigenen Finanzen: Wenn Sie 100 Euro haben, müssen Sie entscheiden und planen, wofür dieser Betrag genau ausgeben wird, denn Sie können sich nicht unbegrenzt immer mehr Geld holen. Selbes gilt für Unternehmen, ihr Bestehen und ihren wirtschaftlichen Erfolg. JTI Austria verfolgt hier eine konsequente Politik, wofür 239 Jahre Firmengeschichte ein solider Beweis sind.

www.jti.com


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