Warum es auf Ihre amerikanische Freundin im Fall des Falles ankommt!

Gastkommentar von Josef Fritz, Geschäftsführender Gesellschafter der Board Search GmbH.

Es ist ungewöhnlich ist, dass eine US-Norm in das deutsche und österreichische Gesetzeswerk Eingang findet. Zu groß sind die Systemunterschiede zwischen dem europäischen Kontinentalrecht und dem Case Law angelsächsischer Prägung. Die Business Judgement Rule, die aus den USA seit 1994 als haftungsbegrenzende Regelung bekannt ist, wurde 2005 in Deutschland und seit 2016 auch in Österreich im Aktiengesetz verankert.

Der unternehmerische Ermessensspielraum wird im internationalen Sprachgebrauch als "Business Judgement Rule" bezeichnet.

Was besagt sie? Die Business Judgement Rule ist ein internationales Rechtsprinzip, das Vorstände oder Aufsichtsräte unter gewissen Umständen von der Haftung freistellt, obwohl sie eine Fehlentscheidung getroffen haben, die dem Unternehmen Schaden zugefügt hat. Ein Geschäftsführer oder Aufsichtsrat kann nicht für Fehler persönlich zur Haftung herangezogen werden, wenn er im Interesse des Unternehmens gehandelt hat. Die Entscheidung muss auf Grundlage angemessener Informationen, ohne Berücksichtigung sachfremder Interessen, zum Wohl der Gesellschaft und in gutem Glauben gefasst worden sein.

Bewertung vor dem Schaden

Unternehmerische Entscheidungen sind mit Unsicherheiten und Risiken verbunden. Sie dürfen nicht aus der Perspektive beurteilt werden dürfen, wenn der Schaden bereits eingetreten ist. Bei der Prüfung, ob eine Haftung in Betracht kommt, muss daher das unternehmerische Handeln aus dem Blickwinkel vor dem Schaden bewertet werden. Ein Geschäftsführer oder Aufsichtsrat können also unter Berücksichtigung der ihnen zur Verfügung stehenden Informationen eine falsche Entscheidung treffen, die zu diesem Zeitpunkt vernünftig und im Sinne des Unternehmens ist. Als wichtige Voraussetzung dafür, dass eine solche Entscheidung als vernünftig eingestuft wird, muss die Geschäftsleitung aber für eine ausreichende Informationsgrundlage gesorgt haben.

In meinem eigenen Aufsichtsrats-Wirken habe ich die Business Judgement Rule stets in gänzlichem Einklang mit meinen Prinzipien der Aufsichtsrats-Professionalität gefunden. Ein Aufsichtsrat, der sein Mandat professionell ausübt, haftet im Falle des Falles nicht, weil er aktiv im Aufsichtsrat agiert - er stellt Fragen und hinterfragt Sachverhalte und Vorstandsanträge. Einen professionellen Aufsichtsrat zeichnet seine Unabhängigkeit aus, somit kann der häufigste Gast einer Aufsichtsrats-Sitzung – nämlich der Interessenskonflikt - kein Problem sein und die Versuchung nach sachfremden Kriterien zu entscheiden ist gebannt. In der Aufsichtsrats-Ausbildung wird – meist überraschend für viele Teilnehmer - der elementarer Grundsatz klar vermittelt, dass ein Aufsichtsrat nicht Eigentümern oder seinen Entsendern, sondern ausschließlich dem Wohl des Unternehmens verpflichtet ist. Für zahlreiche Aufsichtsräte stellt dies in der Praxis ihrer Aufsichtsrats-Tätigkeit ein Problem dar. Die Fähigkeit sich tatsächlich ausschließlich für das auszusprechen und auch zu entscheiden, was für das Unternehmen das Beste ist, muss einem professionellen Aufsichtsrat eigen sein, will aber regelmäßig praktiziert werden. Die vierte und zuletzt genannte Voraussetzung, dass die Business Judgement Rule die Haftungsfreiheit – den begehrten "Safe Harbour"- bewirkt, ist die Gutgläubigkeit. Das ist eben nicht Blau-Äugigkeit, sondern die subjektiv innere Überzeugung, richtig zu handeln.

Unterlagen auch nach dem Ausscheiden Aufbewahren

Meist geht es bei der Überprüfung dieser vier Voraussetzungen durch einen Richter um längst Vergangenes. Das können dann schon mehr als fünf oder sogar zehn Jahre sein, da der Verjährungsverzicht zumeist schon vorher im Zuge der Vorermittlungen von der gegnerischen Seite verlangt wird. Ich erinnere mich an einen Fall, wo der Masseverwalter im Zuge einer später nachfolgenden Unternehmensinsolvenz alle Aufsichtsräte- wie auch alle Vorstandsmitglieder – aufgrund von fragwürdigen Gefälligkeitsgutachten klagte. Der Masseverwalter und sein Team hatten besten Zugang zu allen Unternehmens-Unterlagen. Der Vorstand war auch sehr gut dokumentiert. Von den Aufsichtsräten hatten nach acht Jahren nicht mehr alle Ihre Unterlagen aufbewahrt. Und selbst diejenigen, die alle Aufsichtsrats-Sitzungsprotokolle zur Hand hatten, mussten feststellen, dass es zahlreiche Unterlagen gab, die vom Masseverwalter dann auch präsentiert wurden, die sie während ihrer aktiven Mandatszeit nie zu Gesicht bekommen hatten.

Ich erinnerte mich auch gut an meine Zeit als Vorstandsmitglied in der Bauindustrie. Dort lernte ich das Zitat – wer schreibt, der bleibt!-leben.

Mein Tipp an Sie: Auch wenn Sie längst aus einem Aufsichtsrat ausgeschieden sind, bewahren Sie Ihre Unterlagen gut auf und gleich wichtig schon vorab, schreiben Sie in Aufsichtsratssitzungen Wesentliches mit. Mir sind Fälle vor Gericht bekannt, wo genau diese handschriftlichen Aufzeichnung einen Richter überzeugten und zur Haftungsfreistellung führten!

Gerichtliche Auseinandersetzungen, insbesondere nach der aktiven Mandatszeit, verursachen erhebliche Kosten. Das Unternehmen hat kein Interesse diese Kosten zu übernehmen. Ohne eine persönliche Absicherung/Versicherungen müssen Sie dies selbst finanzieren. Denken Sie in Ihrer aktiven Zeit über diese Vorsorge nach. Bei einem Streitwert von nur zwei Millionen Euro müssen Sie mit erheblichen Kosten von 250.000 Euro aufwärts über zwei Instanzen rechnen. Kümmern Sie sich um sich!

Sollten Sie zu dem Thema eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen wollen, finden sie die Kontaktadresse sowie weitere Informationen in der Infobox.

www.boardsearch.at


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