LEADERSNET: Sehr geehrte Frau Kovar, Sie sagen, dass viele Unternehmen die Geschlechtergleichheit als Nice-to-have betrachten. Wieso ist das so gefährlich?
Kovar: Studien belegen: Wenn das Umfeld im Unternehmen für Frauen nicht förderlich ist, verlassen sie es einfach und wechseln zur Konkurrenz. Das ist die beinharte Realität, die nicht nur der "Furture-of-work"-Trend und der Generationenwechsel befeuert – und das alles inmitten von Zeiten des großen Fachkräftemangels. Dass es nebstbei auch wirtschaftlich fatal ist, wenn einem Unternehmen hochqualifizierte Frauen wegbrechen, zeigt die Praxis längst: Verzeichnen doch Unternehmen mit mit höherem Frauenanteil weitaus höhere Rentabilität und Produktivität.
LEADERSNET: Geschlechtergleichheit ist ein breites Thema. Wo setzen Sie konkret an?
Kovar: Unser Fokus ist die Sichtbarmachung der Stärken von Frauen in Unternehmen. Das ist ein Thema im Bereich der Weiterbildung und genau damit genau der Aspekt, der hochqualifizierte Frauen im Unternehmen hält. Wir wissen, dass sie klare Wachstums- und Weiterbildungsmöglichkeiten und Wachstumschancen sehen wollen. Unternehmen müssen diese etablieren, auch technische Lösungen wie die Ada App, und diese im nächsten Schritt für aktuelle und potentielle Mitarbeiter:innen sichtbar machen. Andererseits spüren wir alle, dass der "Future of work"-Trend unaufhaltsam alte Strukturen aufbricht – wir sprechen von zeit- und ortsunabhängigem Arbeiten und Lernen. Die Art des Lernens verändert sich, es wird individualisierter, digitaler und Teil des Alltags.
LEADERSNET: Wie funktioniert die App?
Kovar: Weibliche Talente gewinnen, binden und Potentiale entfalten: Mit täglichen, 2-minütigen Lernvideos von namhaften Expertinnen fungiert die Ada App wie eine "Mentorin in der Tasche" für Mitarbeiter:innen. Die Nutzer:innen bekommen über die App Zugang zu zweiminütigen Videos von etwa Katrin Stuflesser (Stimme & Sprache), Anke van Beekhuis (innere Haltung), Yvonne de Bark (Körpersprache) und Jessica Lackner (Kommunikation & Rhetorik) und weiteren Expert:innen, die als Role Models fungieren. Die App ist dabei eine B2B-Lösung: Unsere Zielgruppe sind Unternehmen, die die Nutzung der App ihren Mitarbeiter:innen im Rahmen von Weiterbildungsoptionen ermöglichen.
Unternehmen kommen zu uns, weil sie drei Herausforderungen haben: Wie komme ich an weibliche Talente? Wie spreche ich die Herausforderungen von Frauen in der Arbeitswelt an und kann weibliche Mitarbeiterinnen bei ihrer Weiterentwicklung unterstützen? Wie kann ich die weiblichen Talente in meinem Unternehmen halten? Wir unterstützen die Unternehmen dabei, ihr Umfeld zu dem Ort zu machen, wo Talente arbeiten wollen. Unternehmen wie die Erste Bank Sparkasse oder DORDA Rechtsanwälte nutzen unsere Lösung bereits, namhafte Investor:innen wie etwa Hansi Hansmann zählen zu unseren Unterstützer:innen.
LEADERSNET: Warum ist das Thema der Weiterbildung gerade jetzt so wichtig?
Kovar: Kürzlich habe ich über unseren Antrieb bei der Europäischen Kommission in Prag gesprochen. 2023 wird das Jahr des "Technical Upskilling" – was vor allem mit dem Trend "Quiet Hiring" einhergeht. Unternehmen setzen auf die Stärken und die Agilität der eigenen Mitarbeiter:innen, um neue oder offene Positionen schneller und günstiger zu besetzen. Das erfordert wiederum Mitarbeiter:innen, die sich ihrer Stärken bewusst sind und sich im Prozess des lebenslangen Lernens mit Veränderung leicht tun. Das bedeutet aus Sicht der Weiterbildungen auch, dass diese kontinuierlich möglich sein müssen – was uns wegtreibt von teuren und einmaligen Seminaren oder Coachings und hintreibt zu digitalen Lösungen, die nebstbei wesentlich günstiger sind. Plus: Individuelle Wege brauchen einen individuellen Fokus. Die Art des Lernens verändert sich: Wir müssen davon abkommen, in Sachen Weiterbildung alles über einen Kamm zu scheren und sie zielgerichteter machen – beispielsweise mit Künstlicher Intelligenz.
LEADERSNET: Wie gehen Unternehmen richtig an die Weiterbildung heran?
Kovar: Hochqualifizierte Menschen und insbesondere Frauen wollen Wachstums- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Wer sich nicht wohl, gefördert oder gehört fühlt, geht einfach – oder resigniert und wird zum ‚Silent Quitter'. Für Unternehmen heißt das, dass sie Weiterbildungsangebote für alle zur Verfügung stellen müssen – auch für jene, die sie nicht aktiv einfordern. Nicht alle Mitarbeiter:innen werden immer aktiv sagen, was sie brauchen und/oder wollen – auch nicht auf Nachfrage. Die Lösung ist, sinnvoll erscheinende Technologien und Ansätze in Sachen Geschlechtergleichheit einfach zu implementieren, sie allen zur Verfügung zu stellen und erst dann anhand der Daten (Nutzung uvm.) zu evaluieren, ob das Angebot als wertvoll zu betrachten ist.
Unternehmen müssen über die Tools sprechen, die den Mitarbeiter:innen zu Verfügung stehen und sich bemühen, dass die Botschaft wirklich ankommt. Eine E-Mail an alle oder ein Post im Intranet reicht längst nicht mehr aus. Als Team hinter Ada haben wir daher auch den Anspruch, bei der internen und externen Kommunikationskampagne zu unterstützen.
LEADERSNET: Warum liegt der klare Fokus auf den Frauen?
Kovar: Frauen sind das größte unausgeschöpfte Potenzial am Arbeitsmarkt: Frauen etwa auch durch Teilzeitarbeit viel häufiger unterbeschäftigt als Männer, gleichzeitig hochqualifiziert und ausgebildet. Studien zeigen außerdem, dass diverse Teams eine wesentlich höhere Rentabilität und Produktivität verzeichnen. Besonders im Finanzsektor, Mobilitätssektor, Rechtsberatung, Consulting sehen wir einen klaren Fokus auf weibliche Talente. Und dann gibt es da noch die Branchen, die das Potenzial der weiblichen Mitarbeiterinnen bis heute unbeachtet ließen und nun gerade in Zeiten des Fachkräftemangels vor einer doppelt so großen Herausforderung stehen.
www.adaapp.com
Schlecht nur wenn sich die Chefs oder KollegInnen ob des neu erwachten Selbstbewusstseins bedroht fühlen. Es ist eine Gratwanderung wieviel man von seinem Können oder auch Werten und Einstellungen nach außen zeigt. Frauen gehen in andere Unternehmen, weil Aufstiegschancen fehlen, weil Leistung oft nicht anerkannt wird, weil oft genug in den Chefetagen Selbstdarsteller sitzen, die dort nicht hingehören, weil sie keine Führungsqualitäten haben, sondern weil sie eben da waren, als die Position zu besetzen war, usw.
Man sollte auch bei den (jungen) Männern ansetzen, die sich nur zu oft in ihrer Rolle bedroht fühlen. Role Models, die Gleichberechtigung und new work leben, die eine starke Frau oder Mann als Kollegin oder ChefIn schätzen, als Mensch ohne Reduktion auf das Geschlecht.
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