Eine große Anzahl legaler Websites war am Montag, in Österreich zeitweise nicht verfügbar. Grund: Eine einzige IP-Adresse war gesperrt worden.
An einer IP-Adresse hängen häufig mehrere Websites
Der Hintergrund war, dass eine Verwertungsgesellschaft von Urheberrechten die österreichischen Internetanbieter aufgefordert hatte, eine Reihe von Websites zu sperren. Die Frist dazu lief am Montag ab, womit die Internetanbieter der Forderung nachkommen mussten, um nicht selbst geklagt zu werden. Aber weil IP-Adressen häufig von mehreren Websites geteilt werden, wurden damit auch legale Inhalte blockiert, heißt es von Seiten der Internet Service Providers Austria (ISPA).
"Das ist genau das, wovor die ISPA seit Jahren gewarnt hat", sagt Generalsekretär Stefan Ebenberger. "Dabei haben die Internetanbieter überhaupt kein Interesse daran, Netzinhalte zu sperren. Im Gegenteil, gerade die österreichischen Provider haben im Interesse der Nutzer:innen immer wieder gegen überschießende Maßnahmen geklagt und jahrelange Prozesse bis zum OGH und EuGH geführt. Das Problem ist: Es war der OGH selbst, der IP-Sperren für prinzipiell zulässig erklärt hat, ohne dabei angemessen auf die technischen Folgen einzugehen."
Ebenberger erklärt: "Dass wegen einzelner illegaler Inhalte auch völlig legale Inhalte blockiert werden, ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch eine Gefahr für die Meinungsfreiheit und die Rechte der Inhaber eben dieser legalen Inhalte. Diese Abwägung unterschiedlicher Rechte wird hier vom Staat auf die Provider abgewälzt, die diese Verantwortung aber gar nicht wollen. Stattdessen sollte sie von einer kompetenten Behörde übernommen werden, und zwar noch bevor eine Netzsperre umgesetzt wird. Die Gefahr, dass auch legale Inhalte gesperrt werden, besteht bei vielen IP-Adressen: Denn es ist einem Betreiber generell nicht möglich festzustellen, ob hinter einer IP-Adresse nicht auch andere, legale Webseiten aufrufbar sind."
Jahrzehntelange Rechtsunsicherheit
Während im Urheberrechtsbereich seit über zehn Jahren Rechtsunsicherheit bestehe, sei im Konsumentenschutz bereits eine effektive und rechtssichere Lösung gefunden. Dabei ist vorgesehen, dass vor der Sperre von z. B. Fake-Shops diese erst von der Telekom-Control-Kommission (TKK) auf ihre Recht- und Verhältnismäßigkeit geprüft werden.
Situationen wie diese könnten damit vermieden werden, gäbe es diese Prüfung auch beim Urheberrecht. "Es gab einen solchen Vorschlag bereits bei der Novelle des Telekommunikationsgesetzes 2021. Der wurde aber von derselben Verwertungsgesellschaft, die jetzt die Sperraufforderungen verschickt hat, kategorisch abgelehnt, noch bevor eine Diskussion entstehen konnte", so Ebenberger. "Diese Ungleichbehandlung im Rechtsschutz ist absurd. Was gut genug für den Schutz von Konsument:innen ist, sollte auch Rechteinhabern zumutbar sein. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, den aktuellen Missstand mit den jetzt sichtbar werdenden Kollateralschäden zu beheben."
www.ispa.at
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