Kienbaum Consultants International ist eine Personal- und Managementberatung, die den Menschen in den Mittelpunkt ihres Beratungsportfolios stellt. Das Unternehmen ist darauf spezialisiert, Menschen in Organisationen zu bewegen und so Veränderungen zum Erfolg zu führen. LEADERSNET hat Alfred Berger, Leiter des Bereichs Compensation & Performance Management sowie Board Service bei Kienbaum Wien, zum Interview gebeten.
LEADERSNET: Kienbaum ist die einzige Personal- und Managementberatung europäischen Ursprungs. Was bieten Sie alles an, was macht Sie so erfolgreich?
Berger: Ich denke nicht, dass wir die einzige weltweit agierende Beratung mit europäischem Ursprung sind, aber wir sehen uns als Beratungshaus, welches gemeinsam mit Kunden nach Lösungen um Menschen in Organisationen sucht und die auf nachhaltige Art und Weise in Organisationen implementiert.
LEADERSNET: Sie haben den Anspruch, "Menschen und Organisationen eine Zukunft zu geben". Welche Mechanismen kommen dabei zum Einsatz?
Berger: Eine gemeinsame Diskussion mit den Steakholdern unserer Mandanten bringt ein Bild für die Zukunft. Wir hinterlegen dieses mit der Beantwortung der Frage nach Purpose und Möglichkeiten und zeigen dann realistische Wege auf, diese nachhaltig zu erreichen.
Die Mechanismen müssen Akzeptanz in der Organisation finden, diese aber auch fordern und sicherstellen, dass sie gelebt werden können. Die Unternehmenskultur in realistischen Kennzahlen zu untermauern ist uns von Bedeutung, um über Fakten und nicht Vermutungen zu diskutieren.
LEADERSNET: Seit wann gibt es die Wiener Dependance? Welche Rolle spielt sie im "Kienbaum Gefüge"?
Berger: Dieses Jahr feiert Wien seinen 55. Geburtstag und war die erste nicht deutsche Niederlassung des Gründers Gerhard Kienbaum. Somit werden wir gerade auf der geopolitischen Situation Österreichs in sämtlichen Gremien wesentlich gehört und können Produktentwicklung, besonders auch die Bedürfnisse österreichischer Unternehmen einbringen.
LEADERSNET: Kienbaum hat kürzlich zwei Publikationen veröffentlicht: Mut und Purpose stehen dabei im Fokus. Der Begriff Purpose wird einerseits gehypt, ist vielen aber nicht gerade geläufig. Was bedeutet dieser im Business-Kontext?
Berger: In der Diskussion um Purpose ist die sinnstiftende Daseinsberechtigung des Unternehmens zu hinterfragen. Dies ist breiter und tiefgehender als die Formulierung von Werten und Mission, oder die Diskussion von Leitsätzen und Governance. Purpose definiert den Mehrwert einer Organisation im betriebswirtschaftlichen und sozioökonomischen Gefüge. Fragen der Nachhaltigkeit, des Mehrwerts, der Motivation der Mitarbeitende werden beantwortet, aber auch Antworten auf Diskussionen über das Geschäftsmodell, die Investitionspolitik oder die Ergebnisverwendungen werden unter einem anderen Gesichtspunkt gegeben.
LEADERSNET: Kann man den "Sinn" sozusagen als "Währung" des Purpose sehen?
Berger: Der Sinn des Mitarbeitenden im unternehmerischen Gefüge ist leichter durch einen klar definierten Purpose zu beantworten, die Währung von Purpose bleibt nach wie vor der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens. Die Wege diesen zu erreichen, werden damit klarer und leichter verinnerlicht. Die Daseinsberechtigung treibt Mitarbeitende mehr als das Shareholder Management.
LEADERSNET: Hat Covid-19 das Thema noch einmal mehr in den Vordergrund gerückt?
Berger: Covid hat dazu geführt, dass sich jetzt nicht nur Unternehmen mit dem Thema Purpose beschäftigen, sondern immer auch Mitarbeitende in Unternehmen sich die Frage nach ihrem Purpose in ihrem Unternehmen, aber auch in ihrem sozialen Umfeld stellen. Somit ist Druck in die Spitze der Unternehmen zu erkennen, da Mitarbeitende ihren persönlichen Purpose im Unternehmen befriedigt sehen wollen.
Ein kleiner Aspekt ist das Thema Arbeitszeit, Homeoffice oder auch das Prämienmodell, wo Mitarbeitende immer mehr klare Antworten aus der Unternehmensspitze haben möchten, ob diese Modelle sich mit ihren persönlichen Erwartungen spi-geln.
LEADERSNET: Warum ist es wichtig, sich trotz großer Unsicherheiten in der Begriffsbestimmung damit auseinander zusetzen? Sollte sich jedes Unternehmen beziehungsweise jeder Mitarbeiter über den Purpose bewusst sein?
Berger: Jeder Mitarbeitende sollte im Idealfall und auch im Sinne eines Employer Brandings seine intrinsische Motivation in der Erfüllung des Purpose des Unternehmens sehen.
LEADERSNET: Wie zeigt sich Purpose in der heutigen Managementpraxis?
Berger: Manager nutzen aktuell eher den Begriff Unternehmens-, Bereichs- oder Teamkultur und beschreiben hier die Art und Weise, wie im Gesamtgefüge zusammengearbeitet wird. Der Begriff des Purpose in diesen Dimensionen wird aktuell noch nicht in der gleichen Gewichtung diskutiert.
LEADERSNET: Vor welche Aufgaben werden Führungskräfte dadurch gestellt?
Berger: Auch für Führungskräfte gilt es, sich den Purpose in der ureigensten Aufgabe in der persönlichen Dimension zu beantworten. Wie nutze ich meine Rolle, um einen persönlichen Purpose erfolgreich zu realisieren, aber auch gleichzeitig dem Purpose des Unternehmens aber auch der Mitarbeitenden gerecht zu werden. Klassische Instrumente im Führen wie Bitarbeitergespräche als Feedback auf das letzte Jahr werden in Purpose getriebenen Unternehmen in Planungsgespräche für die Zukunft umgewandelt. Feedback erfolgt unmittel bar und nicht geballt in Mitarbeitergesprächen. Der Blick nach vorne hat somit mehr Bedeutung als der Blick nach der letzten Periode.
LEADERSNET: Auch Mut ist ja nicht unmittelbar ein Begriff aus der Arbeitswelt. Wie kommt der Begriff nun in die Unternehmenswelt?
Berger: Wir bei Kienbaum beschreiben Mut als ein Zusammenspiel von Werteorientierung und Entschlossenheit. Mut kommt dann zu tragen, wenn es darum geht, Entscheidungen auch bei Gegenwind zu verfolgen, da die Überzeugung vorhanden ist, dass sie zur Erfüllung des Purpose umgesetzt werden müssen.
LEADERSNET: Sind mutige Personen oder mutige Teams in aktuell unsicheren Zeiten für ein Unternehmen besonders wichtig?
Berger: Der Blick nach vorne hat somit mehr Bedeutung als der Blick nach der letzten Periode.Entschlossenheit vereint und verbindet und ermöglicht auch gemeinsam Erfolge zu erzielen. Somit ist es von einer immensen Bedeutung, Mut nicht als Eigenschaft einer Person, sondern als Eigenschaft eines Teams oder einer Organisation zu sehen. Mutige Personen sind Leuchttürme, an denen man sich durchaus messen und reiben kann, die aber Richtung geben und Richtung leben.
LEADERSNET: Wo endet Mut, wo beginnt Übermut?
Berger: Mut endet bei Sturheit und Verbissenheit, endet bei dem nicht reflektierten Weitermachen und endet, wenn nicht der Mut vorhanden ist, sich mit anderen zu reflektieren und Risken nicht zu sehen.
LEADERSNET: Wie kann man Mut in Organisationen stärken? Welche Rahmenbedingungen fördern mutiges Handeln?
Berger: In einer Vertrauenskultur und in Purpose getriebenen Organisationen, die klar Grenzen setzt und in breiten Leitblanken Gestaltungsfreiräume anbietet, können sich die handelnden Personen entsprechend ihres persönlichen Purpose, der ja dann mit dem Purpose der Organisation atmet, bewegen. Freiheitsgrade zu geben ist somit eine wesentliche Voraussetzung für Steakholder und Führungskräfte.
LEADERSNET: Welches Fazit kann man aus ihren beiden aktuellen Studien ziehen?
Berger: Den Purpose zu definieren und entschlossen Ergebnisse liefern. Purpose getriebene Organisationen sind nachweislich erfolgreicher und nachhaltiger. Dies manifestiert sich in der Mitarbeiterzufriedenheit genauso wie in der Profitabilität. Also gilt es ein Performance Managementsystem in Organisationen zu implementieren, welches Purpose messbar macht und den Mitarbeitenden klar vor Augen setzt, in welchem Status der Reise sie sich befinden. Langfristige Perspektiven gilt es zu definieren und die Planung und Steuerung nach diesen auszurichten. Der Blick zurück sollte durch eine Planung in die Zukunft mit einer starken Verbindlichkeit / Mut ersetzt werden.
LEADERSNET: Was raten Sie Führungskräften dieser Tage?
Berger: Die Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen und das Nutzen der Potenziale, die in Mitarbeitenden stecken, ist aktuell wesentlicher als je zuvor. Für Führungskräfte gilt es also die Freiheitsgrade der Mitarbeitenden zu verbreitern und nach deren persönlichen und intrinsischen Motivation zu fragen. Führung bedeutet nunmehr verstärkt coachen und steuern und weniger kontrollieren und sanktionieren. Kennzahlen mit einer motivierenden Möglichkeit diese zu erreichen, geben somit auch Mitarbeitenden Feedback über ihre Arbeitsleistung. (jw)
www.kienbaum.at
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