Faul, arrogant, ignorant, empfindlich, unmotiviert, schwach, naiv, verwöhnt, arbeitsunwillig...und, und, und – die Liste mit Vorurteilen über die Gen Z scheint schier unendlich. Doch wie viel Wahrheit verbirgt sich hinter all den Anschuldigungen? Das wollte auch Hitradio Ö3 wissen und hat die Betroffenen im Rahmen einer Studie über ihr Leben, ihre Prioritäten, Denken und Handeln befragt. Rund 28.000 Teilnehmer:innen zwischen 16 und 25 Jahren haben an der Untersuchung teilgenommen. Das Ergebnis zeigt unter anderem: Die Gen Z baut sich ihre eigene Welt – und zwar ganz individuell.
"Des Pudels Kern"
Die Studie zeigt, Sicherheit und Klarheit für das eigene Leben stehen bei der Gen Z weit vorn. Ausgelöst durch Jahre der multiplen Krisenerfahrungen, Unsicherheiten, mangelnder Planbarkeit von Bildungs- sowie Ausbildungskarrieren und generell des Lebens handeln und denken die 16- bis 25-Jährigen verstärkt pragmatisch und vor allem bedürfnisorientiert, wodurch sie erneut beweisen, dass die Gen Z durchaus selbstbewusst ihren eigenen Weg geht – abseits von vielen Erwartungshaltungen.
Mögen auch manche Gedanken und Handlungen widersprüchlich erscheinen, das zentrale Klischee der "faulen, ängstlichen oder verweichlichten Generation" wird durch die Erhebung klar widerlegt. Vielmehr schafft die Gen Z bei vielen Themen Positionen, die der ganzen Gesellschaft zu denken geben müssten, und hinterfragt durchaus vermeintliche fixe gesellschaftliche Normen wie im unbedingte Leistungsbereitschaft in der Arbeitswelt zulasten anderer Lebensbereiche oder die Tabuisierung psychischer Probleme. Weiterhin offenbaren sich in vielen gesellschaftlichen Fragen Positionen, die der klischeehaft durchgängig als "woke" oder "aktivistisch" klassifizierten Gen Z gemeinhin nicht zugerechnet werden. Weniger denn je dominiert bei den 16- bis 25-Jährigen ein Schwarz-Weiß-Denken. Das heißt, sie agieren in vielen Fragen ganz individuell. Sie denken und handeln anders als erwartet und brechen oft auch Tabus. "ALLE sind..." oder "ALLE tun..." hat für sie somit keinen Wert. Sie entscheiden selbst.
Weitere zentrale Ergebnisse der Studie
86 Prozent der befragten Gen Z sind laut Studie mit ihrem Leben zufrieden. 86 Prozent mit ihrem direkten sozialen Umfeld und 78 Prozent mit ihrer Ausbildung oder Arbeit. Die Bedeutung von sozialen Beziehungen spiegelt sich aber auch in der Freizeit wider. 90 Prozent verbringen diese gerne mit ihren Freund:innen – ähnlich viele mit ihren Familien (78 %), und rund die Hälfte der Erhebungsteilnehmenden ist in einem Verein aktiv.
Ein Blick auf das Thema Berufsleben verrät, ein sicherer Arbeitsplatz, eine sinnvolle Tätigkeit sowie arbeiten auf Augenhöhe und arbeiten im Team sind für 75 Prozent der jungen Generation sehr wichtig. Etwas abgeschlagen reiht sich die Work-Life-Balance (59 %), gefolgt vom Homeoffice (29 %) und der Vier-Tage-Woche (25 %). Das heißt, das viel zitierte Klischee der arbeitsscheuen Jugend kann nicht bestätigt werden. Ganz im Gegenteil: Für 80 Prozent der Gen Z ist es selbstverständlich, Vollzeit zu arbeiten und für zwei Drittel ist klar, dass sie sich bei der Arbeitssuche um die jeweilige Firma bemühen müssen – und nicht umgekehrt.
Außerdem unterscheiden sich die Vorstellungen für ihr eigenes Leben nicht so grundlegend von jenen der Generationen zuvor. 72 Prozent der 16-bis 25-Jährigen gaben an, in der ein oder anderen Variante heiraten zu wollen. Für zwei Drittel sind zudem Kinder Teil eines gelungenen Lebens. Ein Unterschied zeigt sich jedoch in puncto Gleichberechtigung von Mann, Frau und Queers: Unter der Gen Z lehnt es die Mehrheit ab, dass Care-Arbeit Aufgabe der Frauen sei (Männer 61 % vs. Frauen 81 %). Auch sollte es aus Sicht der jungen Generation inzwischen normal sein, dass Väter ein Jahr in Babykarenz gehen (Männer 76 % vs. Frauen 91 %).
Aufgrund zahlreicher Herausforderungen vergangener Jahre – Stichwort Corona-Pandemie – berichtet zudem jede:r Vierte von einer schlechten psychischen Verfassung. Jedoch sehen sich die jungen Menschen weniger als früher auf sich allein gestellt. Konfrontiert mit psychischen Problemen würde die Mehrheit (69 %) nicht zögern, Unterstützung und Hilfe zu suchen. Die ersten Ansprechpartner:innen seien dabei Familie und Freund:innen.
Und auch die weltpolitische Lage bereitet der Gen Z Kopfzerbrechen. 80 Prozent berichten demnach, dass ihnen die laufenden Kriege Angst machen. An die aktuellen Diskussionen anschließend spricht sich die Mehrzahl (58 %) gegen Aufrüstung aus. Zudem zeigt sich, dass junge Menschen die Entscheidung zwischen Nato und Neutralität als eine zwischen Krieg und Frieden verstehen – mit 79 Prozent geht die Entscheidung zugunsten letzterer aus. Hoffnungsträger der Gen Z ist wiederum die Europäische Union: ganze 59 Prozent vertraut auf ihr Potenzial, die Herausforderungen unserer Zeit in den Griff zu bekommen.
Trotz des Drucks durch die aktuelle weltpolitische Lage versteckt sich die Gen Z nicht vor ihr, denn es ist dem Großteil wichtig, über das Geschehen informiert zu sein. Dabei verfolgen 56 Prozent die Nachrichten, um sich ein eigenes Bild machen zu können, und weitere 32 Prozent beziehen regelmäßig Informationen, obwohl die Nachrichten eine Belastung darstellen. Das politische Interesse ist bei den Jüngeren allerdings hoch (77 %), jedoch fühlt sich nur ein kleiner Teil der Generation von der Politik vertreten (22 %).
Und wie schaut die Gen Z in die Zukunft? Das Erwachsenwerden inmitten multipler Krisen erfordert einen Balanceakt. Die 16- bis 25-Jährigen handhaben es so, dass sie anteilig an den Geschehnissen der Welt teilnehmen, ihr eigenes Leben aber auch davon abgrenzen. In Bezug auf letzteres ist es ihnen bislang auch gelungen, selbstwirksam und optimistisch zu bleiben (86 %). Entlang aufgezeigter Herausforderungen hat die Gen Z derzeit keinen einheitlichen Blick auf die Zukunft: 43 Prozent verorten sich rund um den Begriff "Zukunftsangst", das heißt, für sie gibt es aktuell zu viele Probleme und zu wenig Lösungsansätze. 57 Prozent wählen im Gegensatz dazu den Begriff "Zukunft", da für sie die derzeitigen Probleme lösbar scheinen, wenn alle gemeinsam daran arbeiten.
Fazit der Studie
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass, auch wenn in der öffentlichen Diskussion nach wie vor der negative oder klischeebehaftete Blick auf die Gen Z dominiert, in Wahrheit sind viele von ihnen gut ausgebildet und digital native. Sie sind kritisch und optimistisch, achtsamer, aber gleichzeitig pragmatisch, traditionell und dennoch weltoffen(er). Damit zeigen sie gute Voraussetzungen, große Probleme unserer Zeit nicht nur zu erkennen und zu benennen, sondern sie auch mit neuem Denken und Herangehensweisen zu lösen.
"Im Rahmen unserer Mission, ein 'ORF für alle' zu sein, ist die Ö3-Jugendstudie eine zentrale Säule und wesentliche Maßnahme, um den steten Dialog mit dem Publikum zu führen. Darum freut es mich besonders, dass jedes Jahr Zigtausende teilnehmen und damit die Ö3-Jugendstudie zu einem multimedialen ORF-Projekt für die Generation Z mit Bedeutung für das ganze Land machen", so Roland Weißmann, Generaldirektor des ORF, über die Studie.
Alle Antworten auf die rund 80 Fragen quer durchs Leben der Gen Z finden sie ab sofort hier. Außerdem sehen Sie die sogenannten Short Facts in der Infobox – inklusive weiterer Details zur Studie. Was sich die Gen Z zudem von Banken wünscht, hat kürzlich eine weitere Studie erhoben, die Marketmind im Auftrag vom Bankenverband und der Boston Consulting Group (BCG) erstellt hat – zu lesen hier.
LEADERSNET war bei der Studienpräsentation dabei. Einen Eindruck können Sie sich mittels Galerie verschaffen.
www.oe3.orf.at
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