Der Bankenverband hat am Donnerstag in Wien seinen halbjährlichen "Ökonomischen Ausblick" zur aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung präsentiert. Insgesamt bleibt die Einschätzung der Finanzexperten verhalten. "Es ist ein Aufwärts ohne Schwung für den Euroraum", sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank AG. "Europa hat den Rezessionsbereich verlassen, 2025 gibt es noch etwas geringeres und 2026 etwas mehr Wachstum", betont Krämer und verweist auf die "schwierige Ausgangslage", die die deutsche Wirtschaft aktuell hat. Die Commerzbank sieht für Deutschland eine Wirtschaftsentwicklung von 0,0 Prozent für 2025 und ein Wachstum von 1,5 Prozent für das Jahr 2026.
Stefan Bruckbauer, Chefvolkswirt der UniCredit Bank Austria, zeichnet für Österreich ein ähnliches Bild: "Wir sehen für das aktuelle Jahr für Österreich ein Wachstum von 0,1 Prozent und für das kommende Jahr eines von 1,3 Prozent. Für die zweite Jahreshälfte 2025 gilt ein vorsichtiger Optimismus." Beide Ökonomen unterstreichen die "hohe Unsicherheit für die Wirtschaft" aufgrund der Politik in den USA und in Europa.
Mangel an konkreten Maßnahmen
"Die Standortqualität bessert sich kaum", meinte Krämer in Bezug auf die Rahmenbedingungen in Deutschland und analysierte die einzelnen Faktoren: "Zum Bürokratieabbau gibt es bislang nur Absichtserklärungen, die Lohnnebenkosten steigen weiter und die Reform der Unternehmenssteuern hat aktuell keine hohe Priorität", erläutert der Commerzbank-Ökonom. Die Inflation sieht Krämer ohne die stark schwankenden Preise für Energie und Nahrungsmittel in den kommenden Monaten weiter etwas fallen. "Langfristig dürfte sie sich aber über dem EZB-Ziel von zwei Prozent einpendeln", so der Finanzexperte weiter.
Bruckbauer sagte zur Entwicklung in Österreich: "Die Konjunkturerholung war mit Jahresbeginn 2025 nicht klar erkennbar. Es gibt leichte positive Zeichen bei der Industrie." Für den UniCredit Bank Austria-Ökonom erlaubt der Rückgang der Inflation weitere Reallohnzuwächse, die "eine Erholung über den Konsum unterstützen". Die restriktive Geldpolitik mit den negativen Wirkungen auf Investitionen und Konsum löse sich aber nur langsam. Auch deshalb zeigt sich Bruckbauer überzeugt, dass die Fiskalpolitik in Europa "deutlich offensiver" sein könnte. Die Inflationsentwicklung in Österreich soll nach der Rekordinflationsrate von 7,8 Prozent im Jahr 2023 und 2,9 Prozent im vergangenen Jahr für 2025 bei 2,5 Prozent liegen. "Die Beschäftigung liegt auf Vor-Pandemie-Niveau, Zuwächse werden weniger, die Arbeitslosigkeit steigt. In der Industrie ist die Beschäftigung rückläufig", analysiert der Chefvolkswirt. "Schleppend" entwickle sich der private Konsum in Österreich. Bruckbauer dazu: "2023 stagnierte der heimische Konsum, die beginnende Erholung wurde 2024 nicht fortgesetzt, 2025 folgt eine Erholung." Der Pfad, der vor dem Ukraine-Krieg eingeschlagen wurde, werde aber dennoch bei Weitem nicht erreicht.
Kein Big Bang für den Aufschwung
"Einen Big Bang für den Aufschwung gibt es nicht, aber die langsame Erholung der entscheidenden Faktoren lässt endlich wieder etwas Optimismus aufkommen", sagt Gerald Resch, Generalsekretär des Bankenverbandes. "Der Optimismus und das leichte Wachstum sind fragil. Die Ungewissheit ist groß. Die Zollpolitik Trumps, die Reaktionen Europas und die Wirtschaftspolitik der EU, Deutschlands und Österreichs werden die Entwicklung in den kommenden Monaten maßgeblich beeinflussen." Als "einen möglichen starken Impact für ein europäisches Wirtschaftswachstum" bezeichnet Resch die jüngsten Entwicklungen in Deutschland. "Daraus kann eine Aufbruchsstimmung für unseren Wirtschaftsraum entstehen", so der Generalsekretär des Bankenverbandes abschließend.
Fotos von der Pressekonferenz zum Ökonomischen Ausblick sehen Sie in der Galerie.
www.bankenverband.at
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