Geneigte Leser:innen, denjenigen von Ihnen, die meinen Gastkommentaren folgen, ist inzwischen bewusst, dass mir viele grundsätzliche Dinge wichtig sind. Ich bin überzeugt, dass das Leben durch Einhalten von Grundsätzen und Tugenden die Basis für ein gedeihliches, friedliches und demokratisches Zusammenleben bilden. Leider vermisse ich dies immer mehr, und zwar nicht nur in der Politik, sondern insgesamt auch innerhalb der Gesellschaft.
Tugendhaftes Verhalten
Deshalb will ich mich heute dem Thema Ehrlichkeit widmen, welches für mich eng mit den Themen Transparenz und Vertrauen (das nur in Verbindung mit Ehrlichkeit entstehen kann) verbunden ist. Der Begriff Ehrlichkeit hat nicht umsonst seinen Ursprung im Wort Ehre, also – im Sinne tugendhaften Verhaltens – ein Auftreten in wahrer Sprache und Text, sowie einem offenen und nicht manipulierenden Agieren. Und damit, wie eingangs beschrieben, die Basis eines vertrauensvollen gemeinsamen Miteinanders bildet.
Es braucht wieder Ritter und Damen
Lassen Sie mich vielleicht noch etwas weiter ausholen oder gar abschweifen. Der Ehrbegriff mag manchen etwas altbacken erscheinen, doch erst kürzlich hat ein Freund von mir, Vinzenz Stimpfl -Abele, dies im Rahmen eines Artikels in der Tagespost über das Rittertum gänzlich widerlegt und gezeigt, wie modern und notwendig Ehre ist. Es freut mich, diesem zufolge ein Ritter zu sein, und ich meine, wann, wenn nicht jetzt in diesen schwierigen Zeiten, brauchen wir mehr denn je ehr(en)volle Männer und Frauen. Es braucht wieder Ritter und Damen, und zwar nicht dem nur dem Titel nach, sondern Menschen, die ein solches Verhalten an den Tag legen.
Wo bleibt die Wahrheit?
Nun, zurück zum eigentlichen Thema. Glauben Sie der Regierung noch, dass es ohne Sparen und Steuererhöhungen zu einem Sanieren der Staatsfinanzen kommen kann? Glauben Sie, dass wir keine Einschränkungen erleben werden müssen? Glauben Sie wirklich, Österreichs Neutralität schützt Österreich? Glauben Sie wirklich, Putin stoppt seine Angriffe auf die Ukraine oder die EU, wenn er die bisher eroberten Gebiete erhält? Wenn Sie zumindest eine dieser Fragen mit Nein beantworten, dann muss man sich doch fragen, weshalb die Politik uns anhaltend versucht, etwas anderes zu erzählen? Wo bleibt hier die Wahrheit?
Ich kann ja nachvollziehen, dass politische Parteien auf die eigene Wählerschaft Rücksicht nehmen müssen. Ich verstehe auch, dass es nicht einfach ist, z. B. der Bevölkerung zu sagen, dass sie künftig mehr arbeiten müssen, dafür aber wahrscheinlich weniger bekommen oder dass wir wirklich in einer schwierigen Zeit stecken. Erschwerend hinzu kommt, dass manche Bürger:innen eine solche Ehrlichkeit ja gar nicht wertschätzen wollen und sie bei zukünftigen Wahlen abstrafen würden. Es ist ja leider mehr als offensichtlich, dass sich momentan jene Parteien über Zulauf freuen, die oft Fake News und/oder falsche Tatsachen verbreiten oder haltlose Versprechungen aufstellen.
Nur mit Ehrlichkeit schafft man Vertrauen
Sollte uns das aber daran hindern, trotzdem die Wahrheit zu sagen? Ich glaube nein. Ich denke, dass die Bürger:innen zumindest mittelfristig die Wahrheit nicht nur vertragen, sondern längerfristig sogar goutieren werden. Ich bin deshalb fest davon überzeugt, dass man nur mit Wahrheit und Ehrlichkeit auch die Wähler:innen der extremen Parteien zurückgewinnen kann. Nur mit Ehrlichkeit schafft man Vertrauen, wer aber nicht ehrlich ist, wird sich über kurz oder lang in seinen Lügen verstricken. Negativbeispiele dazu wurden uns in der jüngeren Vergangenheit leider in ausreichendem Maße geliefert.
Leider ist dieses Phänomen in sämtlichen Bereichen des Lebens zu beobachten, sei es in der Politik, in der Wirtschaft, in der Gesellschaft oder im alltäglichen Zusammenleben. Und das, obwohl wir als Kinder mit unzähligen Merkformeln zur Wahrheit ermahnt wurden. "Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht." wurde uns da eingetrichtert, oder dass "ehrlich am längsten währt" und natürlich, dass "Lügen kurze Beine" haben.
"Eine schmerzliche Wahrheit ist besser als eine Lüge"
Ich finde mich in folgendem Zitat von Thomas Mann wieder: "Eine schmerzliche Wahrheit ist besser als eine Lüge." Denken wir etwa an einen Arzt oder eine Ärztin, der/die täglich unangenehme Wahrheiten zu überbringen hat und dabei vor allem im Falle einer lebensbedrohlichen Erkrankung nichts schönreden darf, weil der oder die Patient:in ansonsten den Ernst der Lage nicht begreifen kann. Zielführend ist nur, zu sagen, was Sache ist und dann eine Therapie zu starten, die auf Fakten beruht.
Ehrlichkeit schafft Sympathien
Ehrlichkeit schafft Sympathien, das können Sie an sich selbst nachprüfen. Wessen Gesellschaft schätzen Sie mehr? Die jener Person, die Sie vorn herum anlächelt und mit Komplimenten überschüttet, die aber hinter Ihrem Rücken schlecht über Sie spricht? Oder doch eher eine, wo Sie wissen, woran Sie sind, weil man sich offen und ehrlich austauscht.
Lassen Sie uns in diesem Sinne die Aussagen, die uns vorgesetzt werden, prüfen und diejenigen als positiv goutieren, die ehrlich sind – auch wenn dies vielleicht sogar schmerzhaft ist. Versuchen wir auch selbst danach zu handeln, wobei ich betonen möchte, dass immer auch das Wie eine große Rolle spielt. Ehrlich zu sein bedeutet nicht, dass man immer und überall ungefragt und unreflektiert seine Meinung kundtut. Auch beim Ehrlich sein, macht der Ton die Musik, und wenn man den richtigen trifft, kann man weit mehr erreichen als mit einer Lüge, die dem Gegenüber vorübergehend ein gutes Gefühl gibt.
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