"Die Digitalisierung österreichischer Betriebe stagniert – und das wird in der momentanen Wirtschaftslage zunehmend zum Wettbewerbsnachteil", warnt Rudolf Schefl, CEO von Drei, bei der Präsentation der Digitalisierungsstudie, die der Telekommunikationsanbieter gemeinsam mit marketmind durchgeführt hat. Für diesen Index wurden nunmehr schon zum siebenten Mal Mitte des Jahres rund 800 Unternehmen aller Branchen und Größten in Österreich befragt. Nach einem deutlichen Anstieg zu Beginn der Pandemie stagniert der Digitalisierungsindex mit einem Wert von 34,3 von 100 möglichen Punkten seit nunmehr vier Jahren. "Was unsere Studie gezeigt hat, ist: Die Betriebe sehen die Veränderung und das Potenzial. Was fehlt, sind das Wissen und die Möglichkeiten. KI als eine der wichtigsten Technologien hat das Potenzial, als Wirtschaftsmotor zu fungieren, damit Österreich nicht weiter zurückfällt. Unser Appell an die zukünftige Regierung ist der Aufbau von Akzeptanz durch Beratung, der Abbau von überbordender Bürokratie und Strafen und das Setzen finanzieller Anreize", so Schefl weiter.
Digitalisierungsschere
Demnach hat Österreich bei Schlüsseltechnologien wie loT, KI oder Cloud Services noch viel Raum nach oben. Und selbst bei IT-Entscheider:innen herrscht noch immer viel Unsicherheit und Unwissen. Allerdings gibt es Unterschiede zwischen großen, mittleren und kleinen Unternehmen. Während sich größere und mittlere Unternehmen positiv entwickeln, fallen kleine Betriebe mit unter 20 Mitarbeiter:innen immer weiter zurück.
Das zeigen auch andere Daten: Mehr als jedes zehnte österreichische Unternehmen, und somit elf Prozent, setzt laut Digital Economy und Society Index inzwischen Künstliche Intelligenz (KI) ein. Wobei Österreich hier mit Platz zehn im europäischen Mittelfeld liegt. Laut Studie wird die KI hierzulande am ehesten zur Kundenkommunikation genutzt, etwa acht Prozent der Betriebe arbeiten damit. Bei einer Unternehmensgröße mit mehr als 100 Beschäftigten sind es 20 Prozent. Auch werden die Anwendungsfälle konkreter: von Texterstellung bis zu Chatbots sowie Bildbearbeitung. Zurückhaltung überwiegt vor allem, wenn es um das Potenzial von KI im Bereich Personalressourcen geht – sieben von zehn Betrieben sind der Ansicht, dass der Einsatz Künstlicher Intelligenz nicht dabei helfen wird, fehlendes Personal auszugleichen. Zudem glaubt ein Viertel der Betriebe (74 Prozent) nicht, dass durch Einsatz von KI Personalkosten eingespart werden können.
"Die KI ist ein Gamechanger für eine erfolgreiche Umsetzung der digitalen und grünen Transformation. Während die USA die Rangliste der KI-Nationen anführt, ist der Einsatz von KI auch in Österreich vermehrt auf dem Vormarsch", erläutert Karim Taga, Managing Partner Arthur D. Little Österreich, der sich überzeugt zeigt, dass Österreich Chancen hat, in der Digitalisierung Vorreiter zu werden. Laut ihm nutzen jedoch nur rund elf Prozent der Unternehmen KI aktiv – am häufigsten im IKT-Sektor, wobei Österreich mit einer Rate von rund 37 Prozent den dritten Platz des Sektors im EU-weiten Vergleich einnimmt. "Wir sehen ein hohes Wachstumspotenzial des österreichischen KI-Marktes, vor allem im Bereich des maschinellen Lernens. Die heimische KI-Landschaft existiert bereits und ist breit aufgestellt, muss allerdings viel intensiver genutzt werden. Für die KI-Transformation bedarf es unserer Ansicht nach eines Zusammenspiels der Kernstakeholder Öffentliche Hand, privater Sektor sowie Universitäten & Forschungsinstitute", führt Taga weiter aus.
Cloud Services nehmen Fahrt auf
Ganz unabhängig von der Unternehmensgröße zeigt sich, dass ungefähr jeder zehnte heimische Betrieb das Internet der Dinge nutzt, um Unternehmensprozesse zu digitalisieren, zur systematischen Erhebung von Sensoren- oder Gerätedaten oder zur Vernetzung des Standortes. Jedoch zeigt sich wieder bei größeren Unternehmen auch ein anderes Bild: 28 Prozent nutzen IoT, um Prozesse zu digitalisieren, und jedes zweite Unternehmen erhebt Sensor- und Gerätedaten mittels IoT. Fahrt hingegen nehmen Cloud Services auf. Die Zahl jener, die diesen Dienst als nicht oder überhaupt nicht relevant erachten, ist mit 50 Prozent zwar immer noch hoch, doch schrumpft sie rasch – zum Vergleich: 2023 waren es noch 60 Prozent.
Technische Ausstattung
Die Studie gibt zudem zum ersten Mal Aufschlüsse zur Telekommunikations-Ausstattung von österreichischen Betrieben. So hat beinahe jedes siebente Unternehmen kein Festnetz-Internet mehr und greift stattdessen auf mobiles zurück. Bei Unternehmen mit zehn bis 50 Mitarbeiter:innen verzichtet jedes Fünfte auf Festnetz-Internet. Es zeigt sich also: Die Unwissenheit über die Internet-Geschwindigkeit ist hoch. Vier von zehn heimischen Telko-Entscheider:innen, unabhängig von der Größe des Betriebs, wissen nicht, wie schnell ihre Internetverbindung ist. Somit ist High-Speed-Internet noch immer nicht in vielen österreichischen Unternehmen angekommen – gerade einmal sieben Prozent nutzen ein Internet mit einer Geschwindigkeit von über 500 Mbit.
Generell positive Sicht
Dennoch sei das Digitalisierungsklima hierzulande positiv. 85 Prozent der Unternehmen sehen Chancen durch die Digitalisierung – vor allem bei der Gewinnung von neuen Kund:innen, Kostenersparnis und Erhöhung der Agilität sowie Flexibilität. Demgegenüber sehen allerdings auch 76 Prozent Herausforderungen: am häufigsten betrifft dies Know-How, gesetzliche Rahmenbedingungen und veraltete Infrastruktur. Schrefl merkte diesbezüglich an, dass hier auch die Regierung ihren Auftrag "verschlafen" habe und es an Wachstumsprogrammen, Wissen und Skills fehle.
LEADERSNET wohnte der Studienpräsentation bei und wollte von Schrefl und Taga mit Blick auf die US-Wahl wissen, wie sich der Sieg von Donald Trump künftig auf die Digitalisierung der USA, dem Vorreiter im Bereich KI-Einsatz und Co., auswirke und ob es Nachteile für Österreich hinsichtlich der Investitionen geben wird. Taga antwortete, dass für die USA alles relevant bleiben wird, was Geschäfte bringt, und verwies dabei als Beispiel auf den Unternehmer Elon Musk. Dennoch mahnte er, dass es Zeit ist, dass sich Österreich und Europa unabhängig von den USA und China machen und selbst in ihre Digitalisierung sowie den Unternehmen, die diese fördern und vorantreiben, in den eigenen Ländern investieren müssen, um sich eigenständige Ecosysteme zu schaffen. "Man sieht es ja beim russischen Gas", brachte er als Negativbeispiel an. Dennoch solle laut ihm der Handel nicht gänzlich abgebrochen werden, nur der Fokus müsse mehr auf Österreich und Europa gerichtet sein, damit wir in puncto Digitalisierung nicht weiter abgehängt werden und die Vorreiterrolle ausbauen, die wir einnehmen könnten – das Potenzial sei da.
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