Eine Privatinsolvenz übertrumpft die höchste Firmenpleite

| Redaktion 
| 23.10.2023

Laut AKV-Insolvenzstatistik der ersten drei Quartale war heuer eine Privatinsolvenz die größte Insolvenz nach Passiva. Diese stellt sogar die 131,5-Millionenpleite von kika/Leiner in den Schatten. Platz drei geht an die Gazprom Austria GmbH.

Am Montag wurde die neueste Insolvenzstatistik vom Alpenländischen Kreditorenverband rund um den Geschäftsführenden Direktor Hans Musser vorgestellt. Nach Abschluss des dritten Quartals 2023 haben die Firmeninsolvenzen bereits das Niveau von 2019 übertroffen und damit befindet sich das Jahr 2023 auf dem Höchststand der letzten fünf Jahre. Die Privatinsolvenzen liegen hingegen trotz großer finanzieller Probleme breiter Teile der Bevölkerung hinter den Zahlen vor der Pandemie.

Privatinsolvenzen hinter Pandemiewerten

Die 6.647 eröffneten Schuldenregulierungsverfahren liegen 7,07 Prozent über den Eröffnungen des Jahres 2022 mit 6.208, jedoch liegen sie weit unter den Werten der ersten drei Quartale der Jahre 2018 (7.796) und 2019 (7.184). Den größten Zuwachs gab es in Vorarlberg (Plus 42,75 Prozent). Die Gesamtverbindlichkeiten sind drastisch auf 847 Millionen Euro angestiegen.

Mit steigender Altersgruppe steigt auch die Durchschnittsverschuldung. Die meisten Insolvenzfälle (3.283) werden in der Alterskategorie der 40 bis 59-jährigen Schuldner:innen verzeichnet. Was die AKV-Insolvenzstatistik aber auch noch zeigt, ist, die auffallende Steigerung der Insolvenzfälle junger Frauen unter 24 Jahren. Während in allen Alterskategorien Frauen nur 38,68 Prozent der Schuldner:innen ausmachen, repräsentieren Frauen bereits 50 Prozent der unter 24- jährigen Privatschuldner:innen. Die Durchschnittsverschuldung der Schuldner:innen unter 24 Jahren ist von 31.400 auf 53.100 Euro gestiegen.

Millionenpleite von Privatschuldner:in

Die drastische Erhöhung der Gesamtpassiva und der Durchschnittverschuldung bei Privatinsolvenzen ist in Wien und in Gesamtösterreich vor allem darauf zurückzuführen, dass österreichweit die größte Insolvenz nach Passiva die Privatinsolvenz einer Person ist, welche unterschiedliche Funktionen in der "schilling" Gruppe ausgeübt hat. Laut AKV-Insolvenzstatistik stellt diese sogar die 131,5-Millionenpleite von kika/Leiner in den Schatten. In dieser Privatinsolvenz wurden Forderungen in Höhe von circa 145,8 Millionen Euro angemeldet, wobei ein Großteil der Forderungen, insbesondere die geltend gemachten Schadenersatzansprüche von Masseverwalter:innen der insolventen "schilling" Gesellschaften, noch strittig sind.

2.423 Firmeninsolvenzen

Die 2.423 eröffneten Firmeninsolvenzen liegen um 13,65 Prozent über dem Vorjahreswert (2.132). Damit wurde ein Höchstwert in den letzten fünf Jahren erreicht. Nur in Tirol (Minus 6,43 Prozent) haben die eröffneten Firmeninsolvenzen abgenommen, in allen anderen Bundesländern liegen Steigerungsraten vor. Am häufigsten war die Baubranche mit 607 Insolvenzfällen betroffen, knapp gefolgt vom Handel (604). In den Verfahren der großen Handelsunternehmen ("Leiner & kika", "geomix", "Forstinger" und "Tally Weijl") wurden im dritten Quartal 2023 die Sanierungspläne angenommen. Die Unternehmen befinden sich nunmehr in der Erfüllungsphase und es bleibt abzuwarten, ob die vereinbarten Sanierungsplanraten in den nächsten Monaten erfüllt werden können, damit die Handelsunternehmen erfolgreich saniert werden.

Hauptinsolvenzursache der zahlreichen Bauunternehmen sei weiterhin die rückläufige Auftragslage in der Baubranche, vorwiegend als Folge der KIM-Verordnung und der gestiegenen Materialpreise.

Die Großinsolvenzen im Handel führten zu einer annähernden Verdoppelung (Plus 86,54 Prozent) der gefährdeten Arbeitsplätze von 7.635 auf 14.242 betroffene Dienstnehmer:innen. Auch die Gesamtpassiva der eröffneten Firmeninsolvenzen liegen knapp zwei Milliarden Euro und über dem Vorjahreswert.

Die größten Firmeninsolvenzen

Die größte Firmeninsolvenz nach Passiva ist jene der Leiner & kika Möbelhandels GmbH mit zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten von 131,5 Millionen Euro. Danach folgt die Gazprom Austria GmbH, in deren Verfahren haben Gläubiger:innen Forderungen in Höhe von circa 118 Millionen Euro angemeldet, wobei auch hier ein Großteil der Forderungen vorläufig noch bestritten ist. Den vierten Platz belegt die Pro Revisio Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, in deren Verfahren Verbindlichkeiten in Höhe von 107 Millionen Euro angemeldet wurden. Es handelt sich um die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft der insolventen Commerzialbank Mattersburg. Die in diesem Verfahren angemeldeten Schadenersatzforderungen der Masseverwaltung und einzelner Einleger:innen sind vorerst noch bestritten.

www.akv.at

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