Die junge Generation will mehr Work-Life-Balance, eine Vier-Tage-Woche, keine Überstunden, so hört und liest man das derzeit gefühlt täglich und in allen Medien. Man bekommt erzählt, die Rolle der Arbeitgeber:innen und Bewerber:innen habe sich umgekehrt, die Ansprüche junger potenzieller Mitarbeiter:innen empfinden manche Recruiter:innen beinahe als frech. Ist Leistung nicht mehr so wichtig? Diesen Eindruck kann man gewinnen, und das aus gutem Grunde.
Babyboomer und soziales Netz
In Österreich gibt es aktuell 115.000 offene Stellen. Die Generation der Babyboomer geht in Pension und es kommen nur wenige junge potenzielle Arbeitnehmer:innen nach. Das versetzt sie natürlich in eine gute Position, in der sich Forderungen leichter stellen lassen. Während die Babyboomer um einen Arbeitsplatz kämpfen mussten, kämpfen heute die Unternehmen um qualifizierte Arbeitskräfte. Dabei scheint es, als wäre Qualifikation gar nicht mehr so ausschlaggebend. Salopp gesagt bekommt jede:r – ungeachtet der Fähigkeiten – einen Job, und wenn nicht, bietet ein von den bisherigen Leistungsträger:innen finanziertes soziales Netz eine solide Auffangmöglichkeit.
Mit diesem Mindset ist die junge Generation aufgewachsen, sie lebt in einer wohlbehüteten Welt, die ihnen von ebendiesen Menschen, den Leistungsträger:innen, ermöglicht wurde. Die Geschichte der Arbeitszeiten-Entwicklung ist ja durchaus eine bewegte, deshalb kommt die Diskussion um die Vier-Tage-Woche auch nicht überraschend. Ich bin auch kein grundsätzlicher Gegner davon, doch kann diese nur mit entsprechender finanzieller Absicherung und auch nötigen Abstrichen umgesetzt werden. Und man darf dabei auch die Tatsache nicht verdrängen, dass es einfach Branchen und Berufsgruppen gibt, in denen es sie nicht geben kann. Wie kann man für diese Personen adäquate Alternativen finden?
Nur "nehmen" kann jedenfalls auf die Dauer nicht funktionieren. Die Staaten sind chronisch überschuldet und ihre augenscheinlich einzige Lösung ist es, jene zu schröpfen, die ohnehin schon den größten Teil der Leistung erbringen. Trotzdem ist es nicht richtig, nur die Arbeit der Babyboomer in den Fokus zu stellen. Aber das Pendel schlägt eben derzeit in die komplett entgegengesetzte Richtung aus! Erwartet wird eine Mischung aus Grundeinkommen, Selbstverwirklichung und Versorgung durch den Staat – DAS kann auch nicht in Ordnung sein.
"Phänomen Generation Z"
Die Süddeutsche Zeitung berichtete erst vergangene Woche über eine Umfrage des Karrierenetzwerks LinkedIn unter der betreffenden Gruppe, nämlich der 16 bis 28-jährigen. Das Ergebnis ist in meinen Augen verblüffend, bzw. deckt es sich nicht meinen Erfahrungen. Der Autor Bernd Kramer schreibt: "60 Prozent von ihnen sagen demnach, sie möchten schnell Karriere machen und viel Geld verdienen. 52 Prozent würden für den Job Opfer in Kauf nehmen, würden also Überstunden machen oder auch für den:die Arbeitgeber:in umziehen. 81 Prozent seien bereit, viel zu leisten, wenn sie einen Sinn in ihrer Arbeit sehen." In Umfragen, in denen wiederum Führungskräfte zu Wort kommen heißt es, die Jungen wären nicht kritikfähig, sie stellten zu hohe Ansprüche und nutzten ihre Marktmacht gnadenlos aus. Ja was denn nun?
Und geht es Ihnen auch so, wenn Sie an die Zeit Ihrer Berufsanfänge zurückdenken: war es da nicht auch so, dass die Dienstälteren so manches Mal behaupteten, dass die junge Generation keinen Respekt hätte und nicht mehr bereit wäre, sich an bestehende Strukturen der Arbeitswelt anpassen zu wollen? Ist das "Phänomen Generation Z" zu einem gewissen Grad vielleicht nur herbeigeschrieben?
Sie und ich werden das Rätsel an dieser Stelle nicht lösen, doch gerade die Aussage "81 Prozent seien bereit, viel zu leisten, wenn sie einen Sinn in ihrer Arbeit sehen" scheint mir jedenfalls einer näheren Betrachtung wert. Das betrifft ja nicht nur die Generation Z, das betrifft ja jede arbeitende Person, egal ob angestellt oder selbstständig. Diese Tatsache – die Sinnfrage – sollten sich Arbeitgeber:innen ohnehin längst hinter die Ohren geschrieben haben, ich behaupte sogar eintätowiert!
Entwicklung der Mitarbeiter:innen im Zentrum
Und vielleicht ist auch das mit ein Grund, weshalb JTI Austria nicht zu den lautesten Rufern gehört, wenn es ums Thema Arbeits- und Fachkräftemangel geht, denn unsere Statistik zeigt eine hohe zweistellige Bewerbungsrate pro offene Stelle. Weil bei uns die Entwicklung der Mitarbeiter:innen im Zentrum steht, ebenso wie Fairness, Wertschätzung, Verantwortung, das Meistern von Herausforderungen oder das Feiern von Erfolgen – eine ausgewogene Mischung. Mitarbeiter:innen sollen Ansprüche an ihre:n Arbeitgeber:in haben, das ist wichtig und gut so, denn nur so können Entwicklungen vorangetrieben werden und nur so kann das Unternehmen attraktiv für Arbeitnehmer:innen werden und gleichzeitig Erfolge im Wettbewerb feiern. Doch wie immer im Leben muss das Geben und Nehmen ausbalanciert sein, damit nicht eine der Parteien auf der Strecke bleibt, sondern sich alle gemeinsam vorwärts bewegen können. Da kommt dann doch wieder eine alte Weisheit zum Tragen, die schon so lange gilt wie unsere 239-jährige Unternehmensgeschichte: Fördern und Fordern bringt den Erfolg.
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