LEADERSNET: Sehr geehrte Frau Frommer, sehr geehrter Herr Wisdom, welche Bereiche stehen bei der Hogast derzeit besonders im Fokus?
Frommer: Aktuell stellen wir die Hogast in Richtung Zukunft auf, in dem wir das Unternehmen auch zukunftsorientiert gestalten. Dabei stehen vor allem die gesamte IT, die Digitalisierung und die Weiterentwicklung des Onlineportals myHogast im Zentrum. Insgesamt sind wir gut aufgestellt, aber man darf derartige Entwicklungen nicht verschlafen. Da bei vielen Mitgliedern auch eine Generationsübergabe bevorsteht, müssen wir so aufgestellt sein, dass wir alle mit den passenden Angeboten bedienen. Bei unseren drei Tochterunternehmen - der HGP, Handover und Hogast Deutschland - steht weiterhin die Expansion im Fokus. Hier wollen wir den Wachstumskurs fortsetzen und weiter ausbauen.
LEADERSNET: Viele Hotels und Gastronomiebetriebe leiden nach wie vor unter der Teuerung (Energie, Rohstoffe, Lebensmittel, etc). Kann die Hogast ihren Mitgliedern mit dem gemeinsamen Einkauf beim Sparen helfen?
Frommer: Grundsätzlich ist es so, dass der gemeinsame Einkauf die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg ist. Es gibt natürlich mehrere Modelle und Ebenen, wo der gemeinsame Einkauf greift. Zum einen können unsere Mitgliedsbetriebe auf unsere 1.100 Lieferpartner zugreifen. Da garantieren wir auch Basiskonditionen und Preise, die von der Hogast verhandelt wurden, was für eine verlässliche Planung unumgänglich ist. Zum anderen gibt es noch den regionalen Einkauf, bei dem sich Mitgliedsbetriebe in den Regionen gemeinsam verständigen und dann bei ausgewählten, ebenfalls von uns verhandelten Lieferpartnern noch einmal Volumina bündeln, um auf dieser Ebene ebenfalls noch bessere Konditionen und Preise zu erzielen.
Durch diese Preisvorteile, die unsere Genossenschaft ermöglicht, kam es im letzten Jahr, das von der Teuerung immens geprägt war, zu einem großen Anstieg an Mitgliedern. Mittlerweile hat die Hogast in Österreich rund 3.500 Mitgliedsbetriebe, was einem Zuwachs von rund 250 allein in den letzten zwölf Monaten bedeutet. Das ist auch ein starkes Signal, dass man sich wieder auf diese Gemeinsamkeit besinnt. Gemeinsam ist man stark und kann natürlich ganz anders verhandeln.
LEADERSNET: Wo kann die Genossenschaft ihren Mitgliedern ansonsten noch unter die Arme greifen?
Wisdom: Die Aufgabe des Hogast Einkaufsmanager ist es, die Einkaufsprozesse beim Mitglied zu analysieren und wenn notwendig gemeinsam mit dem Mitglied zu optimieren. Die Optimierung reicht vom Verhandeln der Preise und Konditionen bis hin zur Implementierung von Hogast Dienstleistungen . Dabei werden die Einkaufsmanager von den Fachabteilungen unterstützt. Die Bestellplattform myHogast ist ein weiteres Instrument, welches zur Optimierung des Einkaufs verwendet werden kann. Darüber hinaus führt die Hogast Qualitätschecks bei unseren Lieferpartnern durch. So stellen wir sicher, dass die verhandelten Produkte auch verfügbar sind. Mit dem jährlich stattfindenden Hogast Symposium und dem Hogast Powertag unterstützen wir das Networking und den Wissenstransfer mit namhaften Vortragenden zu aktuellen Schwerpunktthemen.
Frommer: Weiters darf man auch die gesamten Dienstleistungen abseits des gemeinsamen Einkaufs nicht vergessen. So übernimmt die Hogast beispielsweise die Zahlungshaftung gegenüber dem Lieferpartner oder macht die Rechnungskontrolle. Letzteres sorgt dafür, dass etwa bei einem großen Hotelbetrieb Belege vollautomatisiert in die Buchhaltung kommen und so Ressourcen für andere Aufgaben frei werden.
LEADERSNET: Ein Problem, von dem derzeit so gut wie alle Branchen betroffen sind, ist der Fachkräfte- bzw. Arbeitskräftemangel. Wie sieht es diesbezüglich bei der Hogast aus, die ja auch Beratung und Services für Investitionen, Personal, Versicherung sowie Vermarktung anbietet?
Frommer: Hogast intern ist es so, dass mit Beginn der Coronaphase, wie bei vielen Unternehmen, natürlich das Thema Mitarbeiter und Personalsuche schwieriger geworden ist und dann auch Fluktuation stattgefunden hat - ähnlich wie in der Gastronomie allgemein. Uns ist schnell klar geworden, dass wir hier etwas tun müssen. Wir gehen nun anders auf Mitarbeiter zu, binden sie in wichtige Entscheidungen direkt ein und passen die Arbeitszeitmodelle an. So ist nun beispielsweise eine Kombination aus einer 4-Tage-Woche mit Homeoffice möglich. Mittelfristig wird sicher eine der größten Herausforderungen sein, die Stellenprofile an sich attraktiver zu gestalten - weg vom "Sachbearbeiter" und hin zum "Experten". Das erhöht auch unsere Attraktivität als Arbeitgeber.
Für unsere Mitglieder gibt es das Portal Hogast-Job, das sich in zwei Bereiche unterteilt. Einmal kann hier direkt und ganz klassisch nach Arbeitskräften gesucht werden. Andererseits gibt es auf dem Portal die Möglichkeit, sich als potenzieller Mitarbeiter zu registrieren. Mit Hogast-Job wollen wir also eine Art Marktplatz etablieren, der in beide Richtungen agiert. Zudem sind wir bestrebt, größere Kooperationen mit anderen Portalen zu schließen, um den Traffic zu erhöhen. Fest steht, dass der Arbeitsmarkt aktuell und so gut wie in allen Branchen sehr schwierig ist. Wir versuchen aber unser Möglichstes für unsere Mitgliedsbetriebe und investieren dafür auch viel Geld.
LEADERSNET: Die Hogast ist mit deutlich mehr als 3.000 Mitgliedsbetrieben ein großes Unternehmen. Können Sie den Mitgliedern dennoch ein gewisses Maß an individueller Betreuung sowie Mitspracherecht bieten?
Wisdom: Die Individualität ist gegeben. In regelmäßigen Analysen der Mitgliederanzahl je Einkaufsmanager stellen wir sicher das unseren Standards entsprechend einer optimalen Einkaufsberatung gegeben ist. Für Mitgliedsbetriebe die ein Einkaufsvolumen von mindestens 700.000 Euro über Hogast abwickeln bieten wir ein individuelle Einkaufsberatung an. Bei dieser Form der Betreuung werden die individuellen Einkaufsbedürfnisse ermittelt und über Hogast abgewickelt.
Frommer: Ein weiterer Teilbereich ist direkt bei uns im Unternehmen. Wir haben Fachabteilungen wie zum Beispiel "Verbrauchsgüter". Da geht es um Gläser, Besteck, Tischdecken etc., also alles, was ein Betrieb verschleißt bzw. verbraucht. Gleiches gilt für größere Anschaffungen wie eine Heizung oder einen Saunaofen. Hier sucht die Hogast die richtigen Lieferfahrten aus, holt Angebote ein und übernimmt dann auch die Bestellung für den jeweiligen Mitgliedsbetrieb. Unser Service erfolgt also in mehrere Stoßrichtungen, aber immer auf Bedacht, um das Beste für unsere Mitgliedsbetriebe zu erreichen.
LEADERSNET: Mit der Plattform "myHogast" setzen Sie verstärkt auf Digitalisierung. Wie werden diese Angebote von den Mitgliedern angenommen?
Frommer: myHogast erfüllt zwei große Bedürfnisse. Das eine ist das ganz klassische Bestellen inklusive Preisvergleiche, Produktsuche, etc. Der zweite Teilbereich ist der Service im Dienstleistungsbereich für Controller und Mitarbeitende im Rechnungswesen. Hier findet man u.a. Inventarlisten oder Auswertungsmöglichkeiten. Nachdem die Plattform insgesamt immer wichtiger wird, bauen wir sie gerade um, wobei vor allem die Benutzerfreundlichkeit im Fokus steht. Wenn wir damit fertig sind, soll die Menüführung so logisch aufgebaut sein, dass sie quasi selbsterklärend ist. Dass das bei bis zu 16 Millionen Artikeln, die auf myHogast zu finden sind, nicht ganz einfach ist, versteht sich von selbst. Wir werden das jedoch schaffen. Weiters wird es auch eine App geben, in der die wichtigsten Funktionen integriert sind, damit die Mitgliedsbetriebe ihre Alltagsaufgaben auch mobil bewältigen können.
LEADERSNET: Aktuell ist die Hogast vor allem im Westen sehr stark vertreten. Nun wollen sie auch den Osten verstärkt in Angriff nehmen. Hier haben sie bereits einige namhafte Mitglieder wie etwa das weit über die Grenzen Wiens hinaus bekannte "Schwarze Kameel". Wo liegen die Besonderheiten bzw. Herausforderungen in der östlichen Region des Landes?
Wisdom: Aktuell haben wir zwei Mitarbeiter, die sich im Osten um die Betreuung der bestehenden Mitglieder kümmern. Auch die Akquisition von neuen Betrieben liegt in deren Aufgabenbereich. Die Mitgliederstruktur im Osten differiert stark zum Rest von Österreich. Während wir in Westösterreich hauptsächlich familiengeführte Betriebe haben ist im Osten und Ballungszentren die Ketten bezogene Betriebe vorherrschend. Diese spezielle Betriebsform bedarf eine andere Herangehensweise in der Betreuung. Aber auch das kann die Hogast abwickeln. Es benötigt jedoch viel Überzeugungsarbeit. Wir kennen das bereits aus Deutschland, wo wir mit unserer Tochter am Start sind. Hier gibt es im Süden (Bayern) ebenfalls viele familiengeführte Unternehmen, während es im Norden ähnlich wie bei uns im Osten aussieht.
Frommer: Deutschland ist der Ketten-Hotellerie jedoch insgesamt mehr zugetan. Für uns als Hogast war es deshalb wichtig, Vorbereitungen für die Expansion in den Osten Österreichs vorzubereiten, wobei wir von unserem Engagement in Deutschland profitiert haben. Hier müssen wir eine andere Herangehensweise wählen, ohne dabei unsere anderen Kompetenzen zu vernachlässigen. Wir müssen quasi eine zweite Welt im Unternehmen aufbauen, was für den Einzelnen jedoch keinen Nachteil bedeuten soll.
Wisdom: Einer der Vorteile den wir für uns im Osten sehen, liegt im Angebot der Regionalität. Hier lässt sich der nationale Lieferpartner-Bezug von Kettenbetrieben mit einer Regiopartnerstruktur kombinieren. Wir verschaffen unseren Mitgliedsbetrieben - auch den potenziellen Kettenbetrieben - die Möglichkeit, auf regionale Partner zuzugreifen. Wer also mit der Hogast zusammenarbeitet, sorgt dafür, dass eine gewisse Wertschöpfung in der Region bleibt.
LEADERSNET: Sind Sie mit der Entwicklung der Tochterunternehmen Handover und der Hotel Gastro Pool GmbH (HGP) zufrieden?
Frommer: Wir sind auf beide Unternehmen sehr stolz. Die HGP betreut unsere kleineren Betriebe - ab ungefähr 30.000 Euro Gesamtumsatz. Diese Mitglieder liegen uns besonders am Herzen. Da hoffen wir, dass die HGP auch im Osten noch mehr zulegt. Das ist zwar kein einfacher Markt - auch deshalb, weil man die Hogast hier noch nicht so kennt. Insgesamt wächst die HGP aber sehr gut, weshalb wir auch vielen kleineren Betrieben bei der Reduktion von Komplexität helfen können.
Die Handover ist für uns ein ganz spannendes Thema, da diese im Gesundheits- und Krankenhauswesen angesiedelt ist. Hier ist das Wachstum vorprogrammiert. Zudem geht die Hogast hier einen neuen Weg, da wir auch die öffentlichen Institutionen mehr ins Boot holen wollen. Bei der Handover steht ebenfalls die Entlastung und die Reduktion der Komplexität im Mittelpunkt, wodurch die Betriebe wichtige Ressourcen freibekommen. Hier sehen wir uns also in erster Linie als Dienstleister, um den Mitgliedern jede Art von Arbeit abzunehmen, damit die sich um das kümmern können, was eh immer zu kurz kommt: nämlich die Pflege von älteren oder kranken Menschen.
LEADERSNET: Wie schreitet die Expansion in Deutschland voran und ist die Erschließung weiterer Märkte geplant?
Frommer: Momentan sind wir in Bayern und Baden-Württemberg stark vertreten. Hier wollen wir auch weiterhin ein organisches Wachstum erzielen. Parallel dazu expandieren wir aber auch in andere Bundesländer, wobei das auch auf einzelne Betriebe bezogen sein kann. Das ergibt sich beispielsweise aus Situationen, in denen ein Küchenchef eines Hogast-Mitgliedsbetriebes weiter in den Norden wechselt und dort weiterhin mit uns zusammenarbeiten möchte. Bei einem derartigen "Wildwuchs" müssen wir jedoch im Auge behalten, dass die Betreuungsqualität, die den Anspruch der Hogast erfüllt, schwieriger zu halten ist. Insofern sind wir in der aktiven Vorbereitung und Evaluierung, wie das Wachstum tatsächlich am besten in Deutschland funktionieren kann. Das Thema Deutschland behalten wir in den nächsten Jahren aber stark im Fokus.
www.hogast.at
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