Über viele Assoziationen lässt sich streiten: Wo einer in den Wolken einen Bären zu erkennen glaubt, sieht ein anderer ein Schaf. Die Krux an der Sache ist nur, wenn viele Augen dieselbe Assoziation teilen und diese um einiges weniger harmlos ausfällt, als ein pelziges oder wolliges Tier: Diese Erfahrung musste wohl Amazon vor kurzem machen, nachdem der Online-Riese erst Ende Jänner ein neues Logo für seine Mobile App vorgestellt hatte.
"Wie ein grinsender Hitler"
Wo man vorher einen Einkaufswagen gemeinsam mit dem Amazon-Pfeil sehen konnte, zeigte das neue Design den reduzierten Look eines braunen Amazon-Pakets, ebenfalls mit besagtem Amazon-Pfeil und darüber einem abgerissenen blauen Paketklebeband. So weit, so unschuldig und schlüssig – wäre da nicht die Tatsache, dass der Pfeil immer schon an ein Grinsen erinnert hatte und das mittig darüber platzierte, aberissene Paketbändchen nun auf viele Betrachter wirkte, als könnte es einen Bart darstellen.
Wie The Verge oder Mashable berichteten, sahen User nicht nur irgendeinen Bart, sondern ein Bärtchen, das an Adolf Hitlers berühmt gewordenen Oberlippenbart erinnerte und von dem viele User in Kombination mit dem Amazon-Pfeil nun einen Vergleich zu einem "grinsenden Hitler" zogen – eine wenig schmeichelhafte Assoziation für Amazon. Es dauerte nicht lang, bis auch die Medien sich über das vermeintliche "Hitlerbärtchen" mokierten: So titelte das britische Boulevardblatt The Sun auf seiner Website mit den Worten "You can't Nazi it!", womit das Blatt wohl auf den Spruch "You can't not see it" ( "Du kannst es nicht nicht sehen", also sprich "Du kannst es nicht ungesehen machen", Anm.) anspielte, wie auch bereits der deutsche Spiegel beobachtet hatte.
Klammheimlicher Logotausch
Nachdem sich diese wenig werbewirksame Betrachtungsweise verbreitete wie ein Lauffeuer und nicht mehr "ungesehen" gemacht werden konnte, entschied sich Amazon dazu, das Logo auszutauschen – ohne es groß an die Glocke zu hängen oder gar zu kommunizieren. Der Logo-Switch entging Usern aber nicht lange, und die Spekulationen um die Gründe hinter der Veränderung des Icons, dass noch keine paar Monate alt war, wurden angefeuert.
Amazon schaffte es tatsächlich, den Logo-Switch relativ gut unter dem Radar zu halten, denn wann genau der Tausch stattgefunden hat, ist unklar. Einige wenige Medien, wie etwa Caschys Blog hatten den Switch bereits vorletzte Woche bemerkt, aber wirklich zum großen Thema wurde der Logotausch erst jetzt. Auch dem wachsamen Auge von Alex Hern vom britischen Guardian war die Änderung laut eigenen Angaben lange nicht aufgefallen: Der englische Journalist twitterte am Montag, dass er den Icon-Tweak, um das Logo "weniger wie Hitler" aussehen zu lassen, "komplett verpasst" habe. Im Laufe seines Threads fügte Hern noch hinzu: "Wenig überraschend, dass sie keine Pressemitteilung verschickt haben, um das zweite Redesign anzukündigen."
"No comment" von Amazon
Amazon selbst hält sich inmitten der aufgeregten Berichterstattung um die Logoänderung bedeckt: In einem offiziellen Statement, das auf die Anfrage des US-Magazins The Verge veröffentlicht wurde, teilte das US-Unternehmen lediglich mit, dass man das neue Icon entworfen habe, "um Vorfreude, Aufregung und Freude zu wecken, wenn Kunden ihre Einkaufsreise auf ihrem Telefon beginnen, genauso wie sie es tun, wenn sie unsere Boxen vor ihrer Haustür sehen."
Dass nun eine gewisse strategische Anpassung am blauen Paketband vorgenommen wurde, und ob diese in Zusammenhang mit den vielen Nazi-Assoziationen im Netz stehen könnte, ließ Amazon unkommentiert. (rb)
www.amazon.de
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