Österreich ist bald um ein neues Digitalmedium und Fernsehprojekt reicher. Das Medium von Eva Schütz und Richard Schmitt sorgte schon im Vorfeld für viele Spekulationen, nimmt nun konkrete Formen an und wird in Kürze an den Start gehen. Mit LEADERSNET sprachen die Beiden über die Idee zu exxpress.at, die Investoren dahinter, die Positionierung in der bürgerlichen Mitte, die Zielgruppe der "Selberdenker" und wie sie dem Wirtschaftsstandort Österreich helfen wollen.
LEADERSNET: Sie gehen in Kürze mit exxpress.at an den Start. Wie kam es dazu?
Eva Schütz: Das war ein glücklicher Zufall im Zuge eines Treffens unter Bekannten, bei dem wir schnell gemerkt haben, dass wir die gleiche Idee verfolgen. Jeder für sich hatte schon länger Ideen dahingehend, seit Anfang Dezember arbeiten wir daran gemeinsam.
LEADERSNET: Gibt es nicht schon genug Medien in Österreich? Wo haben Sie ihre Nische gefunden? Oder ist es gar keine Nische und Sie wollen den Platzhirschen Konkurrenz machen?
Richard Schmitt: Vermutlich hat Didi Mateschitz einst auch niemand gefragt, warum er neben all den vorhandenen ein weiteres Getränk auf den Markt bringt. In der freien Marktwirtschaft wird ein gutes, neues Produkt immer angenommen werden – auch, da Österreichs Medienlandschaft an sich extrem ausgedünnt worden und die Positionierung in der bürgerlichen Mitte rar gesät ist.
LEADERSNET: Sie versprechen "absolut neue Qualität des tagesaktuellen Journalismus im Digitalbereich zu bieten". Wie kann diese sichergestellt werden?
Eva Schütz: Wir bieten topaktuelle 24/7-Berichterstattung als digitales Newsportal mit Schwerpunkten am Wochenende wie Hintergrundstorys, Reportagen und Interviews. Parallel dazu bauen wir einen TV-Sender mit Newsschiene am Vormittag und Abend auf, der ab 20.15 Uhr auch History-Sendungen, Nachrichten-Reports aber auch ein Lifecoach-Format oder eine Kochshow bietet. Wir wollen zudem in der Coronazeit und der Wirtschaftkrise auch Positivbeispiele aus der Wirtschaft bringen, die dem Standort Österreich helfen. Wir müssen gemeinsam ein Klima schaffen, in dem einer Pleitewelle auch eine Gründerwelle gegenübersteht
LEADERSNET: Seriöser Journalismus profitierte im ersten Corona-Jahr vom erhöhten Informationsbedürfnis. Wie wollen Sie das Vertrauen der Leser gewinnen?
Richard Schmitt: Unser Ziel ist es, diese inhaltliche Linie mit digitaler Geschwindigkeit und originären Inhalten zu verbinden. Viele Medienhäuser kopieren en Masse APA-Meldungen und sehen dadurch allesamt gleich aus. Da erschließt sich mir nicht, warum der Leser eines der Portale ansteuern soll. Solange man nicht ständig die Erwartungshaltung beim Leser erfüllt, ist man nicht interessant. Wir werden auch konsequent langfristig Qualität bieten, nur so hat ein Medienprojekt Erfolg.
LEADERSNET: Der Slogan lautet "Für Selberdenker". Was genau ist darunter zu verstehen? Welche Zielgruppe wollen Sie damit ansprechen?
Eva Schütz: Der Slogan für "Selberdenker" bezieht sich darauf, dass wir unseren Lesern eine Grundlage bieten wollen, sich selbst eine Meinung zu bilden. Viel zu oft werden schlicht keine sachlichen Diskussionen mehr geführt, sondern Personen attackiert, wenn sie eine Meinung äußern und diese auch vertreten. Unsere Zielgruppe sind urbane, moderne, liberale und weltoffene Leserinnen und Leser, mit einem bürgerlich/konservativem Background. Digital Natives, die von uns über diverse Kanäle (Web-Newsportal, Web-TV, Instastories, FB, etc.) informiert werden. Unsere Zielgruppe sind alle, die bereits in der Früh up-to-date sein möchten.
LEADERSNET: Welche Überlegungen führten zu Ihrem Logo?
Richard Schmitt: Der Name führte zu unserem Logo – wir wollen schnell und dynamisch sein. Die beiden "X" werden eine hohe Wiedererkennung garantieren.
LEADERSNET: Wollen Sie mit dem neuen Medium eine politische Richtung einschlagen?
Eva Schütz: Nein das werden wir nicht. Wir sind mitte-bürgerlich. Das ist eine gesellschaftspolitische Haltung. Bei uns werden alle vom Gesetz vertretbaren Meinungen auch vertreten sein – von Kolumnisten wie etwa Christian Ortner bis zu anderen, die inhaltlich nicht in seine Richtung schwingen. Wir werden unsere Werte vertreten. Hier gilt es klar zwischen einer Weltanschauung und reiner Parteipolitik zu unterscheiden.
LEADERSNET: Verlautbarungsjournalismus und Sprachrohr der Regierung sind derzeit oft verwendete Begriffe. Ihre Meinung dazu?
Richard Schmitt: Das wäre für ein neues Medium die völlig falsche Grundkonzeption. Wir haben gesehen, was mit einer Arbeiterzeitung passiert oder wie schwach die Leserstärke des Volksblatt in Oberösterreich ist. Parteizeitungen haben nie funktioniert. Auch diese auftauchenden Blogs tun das langfristig nicht. Wenn jemand nur drei gute Storys mit jeweils 150.000 Visits in einer Woche bringt, sind das in einer Woche trotzdem nur 450.000 Visits. Diese Angebote schaffen inhaltlich nie langfristige Relevanz. Andererseits haben auch die Medienhäuser mit Printanhängsel – von der Mediaprint abwärts – die Transformation nie geschafft. Wir leben mit dem Web seit gut 20 Jahren und klassische Verleger reden bei Podiumsdiskussionen noch immer über das "neue" Internet. Hier sehe ich eine immense Chance für uns.
LEADERSNET: Wie wird die Finanzierung des exxpress.at sichergestellt?
Eva Schütz: Mit mehreren Investoren, auch durch mich. Dazu kommen einige Einzelinvestoren, aber auch eine Liechtensteiner Stiftung, die sich der Förderung von Meinungs- und Pressefreiheit verschrieben hat und 25,1 Prozent hält. Es sind allesamt Menschen, denen Österreich und der Standort wichtig ist, und die das Projekt in einer Art Mäzenatentum sponsern – aber es ist nicht die Idee, das Medium nie wirtschaftlich betreiben zu wollen. Nach drei Jahren soll sich das Projekt tragen und nicht eine große Sparbüchse sein.
LEADERSNET: Richard Schmitt ist als Chefredakteur an Bord. War es einfach, ihn für dieses Projekt zu begeistern?
Richard Schmitt: Ja, es freut mich sehr, dass wir dieses große Projekt beginnen konnten. Ich habe schon zwei Jahre den Gedanken im Kopf, dass man etwas Neues machen müsste – samt einer Entkoppelung vom alten, langsamen Print. Ich freue mich über die gemeinsame Herangehensweise, die es ermöglicht, ein neues Medium grundsolide aufzubauen.
LEADERSNET: Welche Linie wollen Sie einschlagen?
Eva Schütz: Wir haben eine im Redaktionsstatut festgelegte Blattlinie – der exxpress ist absolut unabhängig von allen Parteien, wir werden einen Fokus auf die Wirtschaftsberichterstattung legen.
LEADERSNET: Gerüchten zufolge sind noch weitere bekannte Köpfe dabei. Wie sind Sie personell aufgestellt?
Eva Schütz: Wir sind ein sehr kleines Team, acht Journalisten in der Newsportal-Redaktion, dazu ein Social-Media-Team plus TV-Mannschaft. Alle Mitarbeiter kommen aus dem Journalismus, alle haben langjährige Berufserfahrung.
LEADERSNET: Welche Ressorts werden bespielt?
Richard Schmitt: Das gesamte aktuelle Tagesgeschehen, Innen- und Außenpolitik, Chronik, Wirtschaft, Lifestyle und Society.
LEADERSNET: Wird auch viel investigativ gearbeitet werden?
Richard Schmitt: Natürlich, so wie das schon bisher bei mir und den bei uns arbeitenden Journalisten üblich war.
LEADERSNET: Werden Sie rein digital bleiben oder sind Line Extensions geplant?
Eva Schütz: Vorerst rein digital, später könnte ein Monatsmagazin dazukommen.
LEADERSNET: Mit wievielen Seitenaufrufen rechnen Sie im ersten Monat? Wohin wollen Sie im ersten Jahr?
Eva Schütz: Es wäre toll in fünf Jahren unter den fünf meistgelesenen Onlinemedien vertreten zu sein und wirtschaftlich zumindest eine schwarze Null darunter stehen zu haben. Natürlich wollen und werden wir entsprechende Ad Impressions für die Werbebranche bieten, aber nicht um jeden Preis – Qualität hat Vorrang. Vorhersagen mit gewissen Benchmarks in Zahlen, etwa Unique Clients, halte ich für schwierig.
LEADERSNET: Welche Vision verfolgen Sie?
Eva Schütz: Gerade jetzt ist es umso wichtiger den Menschen einen positiven Ausblick zu geben, ihnen zu zeigen: Ein Wandel ist möglich, es kann bergauf gehen! Unternehmergeist fördern und Unternehmertum aus einer negativ besetzten Nische hervorholen; denn Unternehmen sichern Arbeitsplätze – wir brauchen mutige UnternehmerInnen, die innovativ sind und über den Tellerrand hinausblicken. Meine Vision ist es, in Österreich ein Klima schaffen, in dem einer Pleitewelle auch eine Gründerwelle gegenübersteht.
LEADERSNET: Welche Herausforderungen kommen auf den Journalismus im Jahr 2021 zu?
Richard Schmitt: Die größte Herausforderung ist aktuell, wieder das Vertrauen der Österreicher in den Journalismus zu gewinnen – dass die Leser merken: "Ja, die schreiben, was ist." Ohne Skandalaufbauscherei, ohne dieser faktenlosen Schwurblerei mancher Schreiber wie "Politiker X hat vielleicht …". Vielleicht. Oder aber auch nicht. Da werden Verdächtigungen en masse in den Raum gestellt, nichts ist recherchiert, nichts bewiesen. Da ist es eine große Aufgabe, wieder ein Medienprojekt aufzubauen, dem die Österreicher vertrauen. (jw)
www.exxpress.at
Bei der Krone nannte man ihn Clickbaiting-Master und jetzt will er plötzlich der Paulus des Qualitätsjournalismus sein.
Alternative Fakten, ich hör euch trapsen.
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