Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Rohstoffe aus, und welchen Einfluss hat Covid-19 heuer auf die Ernte und das Konsumverhalten der Österreicher? Der Bierkulturbericht 2020 gibt Aufschluss über deren Unterschiede und Gemeinsamkeiten und zeigt auch Entwicklungen im Einkaufs- und Trinkverhalten der Gesamtbevölkerung auf. Im Interview mit LEADERSNET geht der CEO der Brau Union, Klaus Schörghofer, auf die aktuellen Fragestellungen ein und spricht über die Marktposition in Österreich, den Exportbereich und welche Initiativen in Sachen Nachhaltigkeit geplant sind.
LEADERSNET: Führten die Lockdowns zu einem höheren Getränkekonsum?
Schörghofer: Die Lust auf Bier konnte erfreulicherweise auch das Virus nicht stoppen, der Konsum verlagerte sich nach Hause – wenngleich im Lebensmittelhandel leider auch bei weitem keine vollständige Kompensation der Mengenverluste in der Gastronomie gelungen ist.
Es wird deutlich, dass durch Kontaktbeschränkungen auch ein wesentlicher Punkt unserer Kategorie – die Geselligkeit – nicht in gewohntem Maße gelebt werden konnte. Die Österreicher genießen ihr Bier am liebsten in Gesellschaft, auf Festen, beim Treffen mit Freunden. Dies ist im Trendverlauf des Österreichischen Bierkulturberichtes seit über zehn Jahren unverändert.
LEADERSNET: Besteht trotz des vielfältigen Angebots auch Nachfrage nach weiteren Innovationen?
Schörghofer: Laut aktuellem Österreichischen Bierkulturbericht, dem eine für Österreich repräsentative Studie zugrunde liegt, besteht Interesse an neuen Biersorten: Ein Fünftel (21 Prozent) der Österreicher ist an neuen Biersorten, mehr Spezialbieren interessiert. Hat man die Wahl, würde mehr als ein Drittel (39 Prozent) eher zu einer neuen als zu einer bekannten Biersorte greifen.
LEADERSNET: Können beim Bierkonsum besondere Trends festgestellt werden?
Schörghofer: Der Trend zu alkoholfreien Bieren, Bieren mit geringerem Alkoholgehalt und Biermischgetränken wie Radler nimmt seit Jahren zu. Unser Lebensstil wird immer bewusster: Wellness, Gesundheit und verantwortungsvoller Konsum. COVID-19 hat das noch verstärkt. Mit der "natürlich alkoholfrei"-Produktpalette bieten wir Erwachsenen, die auf einen gesunden, ausgewogenen Lebensstil sowie verantwortungsbewussten Konsum achten, natürlich gebraute und gänzlich alkoholfreie Biere und Biermischgetränke, die für jeden Anlass und Geschmack, von bierig bis leicht fruchtig, genussvoll erfrischen.
Zusätzlich hat das Thema Regionalität durch die Lockdowns einen neuen Stellenwert bekommen, weil alle gespürt haben, wie wichtig es ist, Produkte aus der Region mit regionalen Rohstoffen und Bioprodukte kaufen zu können. Bier ist ein absolut regionales Produkt.
Und auch klassische Biersorten mit einem gewissen Extra, also Spezialitäten wie zum Beispiel Kellerbiere, werden geschätzt. Hier ist absolut eine "Premiumisierung" im Sinne der Wertschätzung von Produktbesonderheiten zu beobachten.
LEADERSNET: Welche Überlegungen und Pläne gibt es für die Einführung neuer Produkte?
Schörghofer: Gemäß dem oben genannten Trend zu einem bewusst gesunden Lebensstil birgt die Kategorie der alkoholfreien und alkoholreduzierten Biere und Biermischgetränke großes Wachstumspotenzial. Darum bietet die Brau Union Österreich eine breite Produktpalette an "natürlich alkoholfrei"-Bieren und Biermischgetränken für Erwachsene an und baut das Sortiment 2021 auch weiter aus. Im Frühling 2021 wird das Sortiment um zwei regionale alkoholfreie Biere erweitert und rechtzeitig zur Sommersaison kommt ein neuer 0,0 Radler auf den Markt.
Aktuell schon erhältlich ist die neue prickelnd erfrischende Zipfer HOPS 0,0 Sorte Kola Zitron. Die neue koffeinhaltige Sorte Kola Zitron bietet zum bekannten Zitronen-Hopfengeschmack das typisch prickelnde Kola-Aroma. Röstmalzextrakt verleiht dem Produkt seine natürliche, charakteristische Farbe. Natürlich erfrischend mit 40 Prozent weniger Zucker als klassische Cola-Limonaden ist das neue Zipfer HOPS 0,0 Kola Zitron die ideale Begleitung tagsüber. Für unterwegs zudem auch perfekt dosiert als schlanke 0,33l Dose.
LEADERSNET: Ist auch das Thema Nachhaltigkeit in der Geschäftspolitik weiterhin präsent?
Schörghofer: Die Brau Union Österreich hat es sich zum Ziel gesetzt, die beste Bierkultur für die Zukunft zu schaffen und diese nach sozialen und ökologischen Herausforderungen zu gestalten. Gemäß unserer Nachhaltigkeitsagenda setzen wir seit Jahren Nachhaltigkeitsprojekte um und sind vielfach weltweiter Vorreiter beispielsweise mit der Grünen Brauerei Göss in Leoben/Steiermark. Eine nachhaltige Produktion ist ein langfristiges Ziel, dem die Brau Union Österreich Schritt für Schritt durch Projekte an allen Standorten kontinuierlich näherkommt.
LEADERSNET: Welche Initiativen sind hier geplant?
Schörghofer: In der Brauerei Puntigam soll künftig verstärkt mit der Kraft der Sonne gebraut werden. Nachdem Ende 2020 am Dach der Mehrweghalle der Brauerei zunächst eine Photovoltaik-Volleinspeiseanlage installiert wurde, die nun Strom für ca. 600 Haushalte erzeugt, wird in einem zweiten Schritt eine Eigenverbrauchsanlage in Betrieb genommen, die Strom für die Nutzung in der Brauerei selbst liefert. Der Baustart dieser Photovoltaikanlage am Dach der Einweg- und Logistikhalle ist im ersten Quartal 2021 geplant. Auch an weiteren Standorten wie der Brauerei Wieselburg sind Photovoltaikanlagen in Planung.
LEADERSNET: Welche Aussichten und Erwartungen prägen den Ausblick in die Zukunft?
Schörghofer: Den Zusammenhalt, das Engagement und die Flexibilität die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dieser herausfordernden Zeit bewiesen haben prägen den Ausblick in die Zukunft positiv. Zum Wohl unserer Kunden und Konsumenten sowie zum Wohl von Umwelt und Gesellschaft sind unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter engagiert im Einsatz und beweisen Flexibilität und ein hervorragendes Teamwork, um rasch auf die sich laufend ändernden Gegebenheiten einzustellen. Wir und unsere Partner sind sowohl in guten als auch in herausfordernden Zeiten für Kunden und Konsumenten da. Diesen Zusammenhalt behalten wir selbstverständlich auch in Zukunft bei.
Speziell unsere Gastronomiekunden versuchen wir auf vielfältige Weise bestmöglich zu unterstützen, etwa mit der Initiative Amuse Bouche Challenge. Als Partner des Lehrlingswettbewerbes Amuse Bouche werden gezielt Lehrlinge gefördert, um die Ausbildungsdefizite, die durch die COVID-19 bedingten Schließungen und die fehlende Praxis entstanden sind, auszugleichen. Dazu soll es im Herbst Vorbereitungskurse mit Experten geben, um auf Lehrabschlussprüfungen vorzubereiten, damit es in Gastronomie und Hotellerie auch künftig qualifizierte Fachkräfte für perfekten Kundenservice gibt.
In den letzten Monaten hat sich gezeigt, dass unsere Strategien in Richtung Regionalität und Digitalisierung, die wir schon vor COVID-19 eingeschlagen haben, richtig waren. Darauf werden wir künftig verstärkt setzen und dies lässt uns zuversichtlich in die Zukunft blicken.
LEADERSNET: Wie zufrieden können Sie mit ihrer Marktposition in Österreich sein?
Schörghofer: Biervielfalt belebt den Markt und spiegelt die österreichische Bierkultur wider. Wir können den Konsumenten über ganz Österreich ein regionales Bierangebot bieten, das von unseren kompetenten Braumeistern hergestellt wird. Auch die Entwicklung immer neuer Getränkekategorien und Trends, wie etwa alkoholfreie/-reduzierte Biere, Bierspezialitäten oder auch Cider, werden mit dem Know-how unserer Braumeister unterstützt. Diese Innovationsführerschaft wollen wir auch in Zukunft beibehalten und weiter ausbauen. Wir können auf eine solide Basis setzen und mit unseren bewährten Marken in Österreich punkten.
LEADERSNET: Welche Rolle spielt das Thema Export in ihren Planungen?
Schörghofer: Grundsätzlich entwickelt sich der Exportbereich der Brau Union Österreich positiv. Besonders Gösser ist im Ausland gefragt, in Italien und insbesondere in Deutschland. Hinsichtlich Planungen wird die Situation der Gastronomie in wichtigen Exportländern beobachtet, da dies natürlich großen Einfluss hat.
LEADERSNET: Von welchen Facetten der Pandemie sind Sie besonders betroffen?
Schörghofer: Als direkter Zulieferer der Gastronomie, Hotellerie und Eventbranche wirken sich deren monatelange Schließungen natürlich direkt auf die Brau Union Österreich aus. Zwar entwickelte sich der Absatz im Lebensmittelhandel positiv, dies konnte allerdings bei weitem nicht die Mengenverluste in den genannten Branchen kompensieren. (jw)
www.brauunion.at