Eigentlich ist Laudamotion längst Geschichte. Das unrühmliche Ende der letzten österreichischen Billigfluglinie, die von Niki Lauda gegründet und von Ryanair aufgekauft wurde, ist an anderer Stelle nachzulesen, doch was zu aktiven Laudamotionzeiten lange vor Corona vor sich gegangen sein soll, erhitzt erst jetzt die Gemüter: Im Rahmen einer hochkarätigen gemeinsamen Recherche von der Welt, dem ORF, Profil und SWR sind nämlich brisante Protokolle aufgetaucht, die von merkwürdigen Vorgängen berichten. Darin heißt es, dass Flugbegleiter der Airline im Auftrag des Unternehmens abertausende Euro transportiert haben sollen.
"Mit viel Money nach Malle"
Wie die Welt berichtet, sollen Bareinnahmen, aus dem Bordverkauf stammten, zuerst in einen Tresor im Mitarbeiterraum am Flughafen deponiert worden sein, und dann aber nicht – wie es üblich ist – von einem Geldtransport abgeholt und ordnungsgemäß zur Bank gebracht, sondern verpackt in roten Taschen erneut auf Reisen geschickt. Und das soll kein Einzelfall gewesen sein: Dieser Vorgang soll sich mehrmals die Woche wiederholt haben, und zwar immer dann, wenn Palma de Mallorca am Flugplan stand. Die Endstation der beträchtlichen Beträge, die dabei "flügge" wurden – pro Flug sollen bis zu 10.000 Euro pro Tasche unterwegs gewesen sein – sei den Flugbegleitern, die den Redaktionen der Qualitätsmedien schriftliche Berichte zukommen ließen, nicht bekannt, als offene Vermutung wird jedoch Irland genannt.
Der Gewerkschaft Vida ist das Thema kein gänzlich Unbekanntes. Hier schlug das Thema 2019 auf, weil sich Laudamotion-Flugbegleiter an die Vida gewandt hatten. Die Laudamotion-Angestellten hätten sich Sorgen gemacht, persönlich in die Haftung genommen werden zu können, sollte ihnen eine der Taschen abhandenkommen, wie der Vida-Fachbereichsvorsitzende Daniel Liebhart auf Anfrage des Standard berichtet. Um einzelne frustrierte Mitarbeiter habe es sich dabei nicht gehandelt so Liebhart, sondern um mindestens ein halbes Dutzend.
Die Sache sei jedoch nicht weiter verfolgt worden, da es "damals eines von vielen Problemen mit Laudamotion" gewesen sei. Zur Erinnerung: Das Management der Fluglinie hatte die Wahl des Betriebsrats nicht anerkannt. Die Betriebsratschefin wurde sogar gekündigt, und dann kam Corona. Zwischen Pandemie, Kurzarbeit und größter Krise der Flugbranche seit Jahren waren da ominöse rote Taschen wohl die kleinste Sorge.
Alles ganz harmlos?
Doch gänzlich in Vergessenheit geraten sind die roten Taschen dann doch nicht. Es ist auch rechtens, Geld hin und her zu fliegen. In der EU herrscht freier Kapitalverkehr. Für Bargeld ab 10.000 Euro gibt es in Deutschland auf Verlangen der Zollbehörde eine Anzeigepflicht, in Spanien eine Meldepflicht ohne Aufforderung beim Grenzübertritt beim Zoll. Verschiedene Experten mutmaßen, dass "vielleicht alles ganz harmlos" sein könnte. Das ist natürlich möglich, doch vielleicht aber auch nicht.
Europäische Fluggesellschaften, die innerhalb des Binnenmarktes fliegen, müssten die Umsätze von Bordverkäufen in demjenigen Land versteuern, aus dem der Flug abhebe erklärt Steuerberater Gottfried Schellmann laut dem Bericht. Man brauche für jedes EU-Land, in das man fliegt, eine Steuernummer und eine Niederlassung, wird eine AUA-Sprecherin zitiert. Die AUA verzichte deswegen auf Flügen innerhalb der EU auf Bordverkäufe. Womöglich würde Laudamotion diesen bürokratischen Aufwand vermeiden wollen aber nicht auf die Einnahmen aus den Bordverkäufen verzichten, lautet die Mutmaßung.
Ob faule Schmuggeleien oder doch viel Lärm um nichts, die Gewerkschaft fordert nun eine Steuerprüfung der Fluglinie, die konkret die Umsätze aus den Bordverkäufen unter die Lupe nehmen will. Darüber hinaus fordert die Gewerkschaft in einer Aussendung vom Mittwoch einen neuen Rechtsrahmen für "gute Arbeitsbedingungen bei allen Airlines".
Dementi seitens Ryanair
Ryanair reagiert indessen empört und dementiert vehement, dass solche Geldtransporte jemals stattgefunden hätten. Der Billigflieger spricht von "Behauptungen verärgerter ehemaliger Mitarbeiter, die nicht der Wahrheit entsprechen" würden. Dem Standard gegenüber wurde folgende Stellungnahme formuliert: "Bevor Zahlungen für Verkäufe im Flugzeug im Frühjahr 2020 (wegen Covid) bargeldlos wurden (zB. Kreditkarten), wurde Bargeld, das durch Laudas Verkäufe im Flugzeug generiert wurde im Einklang mit EU Bestimmungen und Zollvorschriften zu sicheren zentralen Bargeldbearbeitungsstellen in Spanien, UK und Irland transportiert."
Weiters betont man seitens Ryanair, dass die Flug-Verkäufe aus Laudas Flugzeugen "zur Gänze in Laudas Buchführung und Steuerbilanz aufgezeichnet" seien. Nachdem Lauda Verluste schreibe, werde auch keine Körperschaftssteuer/Unternehmenssteuer auf diese Flug-Verkäufe in Österreich bezahlt. Alle Passagiere würden darauf hingewiesen, dass Rechnungen online auf der Lauda Website bereitgestellt würden.
Außerdem sei Bargeldbearbeitung (insbesondere der Transport und das Zählen von Münzen) eine teure Angelegenheit, weshalb Lauda Bearbeitungs- und Transportkosten spare, indem man die Services von sicheren, zentralen Bargelbearbeitungsbüros nutzen würde. Diese "falschen Anschuldigungen, die von verärgerten Ex-Angestellten gemacht wurden", würden "von dem Fakt widerlegt, dass diese alle Provisionen für diese Flug-Verkäufe erhalten, was nur passieren kann wenn die Verkäufe akkurat in Laudas Konten aufscheinen, so wie das in allen Fällen passiert ist", argumentiert die Airline. (red)
www.laudamotion.com
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