Der Ausbruch der Pandemie hat wesentliche Auswirkungen auf nahezu alle österreichischen Unternehmen. LEADERSNET hat Stefan Szauer, Geschäftsführer Mazars Austria, zum Interview gebeten und mit ihm über die nächsten Schritte nach der Schockstarre gesprochen.
LEADERSNET: Die Coronakrise füllt täglich nahezu alle Nachrichtenkanäle. Sind die Auswirkungen auf die österreichischen Unternehmen wirklich so gravierend?
Szauer: Nahezu alle österreichischen Unternehmen sind von der Krise betroffen. Mit wenigen Ausnahmen, ich denke hier zum Beispiel an Händler von medizinischen Geräten, gibt es nur Verlierer. Am härtesten hat es sicher Einzelhändler und die Gastronomiebetriebe getroffen. Dort standen ab dem Shutdown Mitte März hohe Fixkosten null Umsatz gegenüber. Aber auch eine Vielzahl von Freiberuflern, die davon leben, dass sie ihre Leistungen im direkten Kontakt mit Menschen ausüben, hatten nicht die Möglichkeit ihre Dienstleistung anzubieten. Ich denke hier zum Beispiel an Zahnärzte oder aber auch an die Unternehmensberater, die vor Ort bei Kunden arbeiten.
Diese Unternehmen hatten daher nicht, wie die Arbeitnehmer, das Thema, dass sich ihr Einkommen reduziert hat, sondern hohe Verluste. In manchen Fällen wurden diese Verluste durch vorhandene Rücklagen gedeckt, in den meisten Fällen aber dadurch, dass Schulden nicht bezahlt wurden, sprich es wurden die Mieten, die Steuern und die Sozialversicherungsbeiträge gestundet.
LEADERSNET: Konnten die ersten Notfallprogramme der Regierung größeren Schaden von den Unternehmen abhalten?
Szauer: Die aus meiner Sicht wirksamste Maßnahme der Regierung war, dass die Finanzverwaltung alle Stundungsansuchen betreffend fälliger Abgaben positiv erledigt hat. Wobei nicht nachzuvollziehen ist, wieso nicht automatisch die Steuern gestundet wurden. Es ist nämlich notwendig für jede neu fällig werdende Abgabe ein eigenes Stundungsansuchen einzubringen. Dies löst völlig unnötigen Verwaltungsaufwand aus, nämlich auf Seiten der Steuerpflichtigen beim Steuerberater, der dafür ja ein Honorar verlangt und auf der anderen Seite auf Seiten der Finanzverwaltung, die das Stundungsansuchen bearbeiten und erledigen muss. Außerdem verschieben Steuerstundungen die Probleme nur nach hinten. Wenn jetzt der Aufschwung bis in den Herbst nicht stark genug ist, stehen wir im Herbst vor einer gewaltigen Insolvenzwelle.
Die Zuschüsse aus dem Härtefallfonds, die von der Regierung in der Öffentlichkeit als große Wohltat und Rettung der österreichischen Unternehmer gepriesen wurden, halte ich für wenig wirksam. Hier werden Unternehmer, die damit kämpfen hohe Verluste wirtschaftlich zu verdauen, mit Almosen abgespeist.
Die Kurzarbeitsregelung, die die Regierung bereits mehrfach umbauen musste, sind für die Unternehmen in Wirklichkeit eine Zusatzbelastung und helfen tatsächlich nur den Dienstnehmern. Die Unternehmer können zwar ihre Personalkosten reduzieren, bekommen aber im selben Verhältnis auch keine Gegenleistung, da die Mitarbeiter ja nicht arbeiten. Auf der anderen Seite entstehen den Betrieben erhebliche Mehrkosten, da mit der Kurzarbeit ein administrativer Mehraufwand verbunden ist. Es müssen Formulare ausgefüllt, Anträge gestellt und die Personalverrechnung angepasst werden. Die Liquidationsentlastung durch die Zuschüsse tritt bei der Kurzarbeit auch verzögert ein, das Geld kommt viel zu spät bei den Unternehmen an.
Auch der seit kurzem beantragbare Fixkostenzuschuss ist nicht ideal. Er hängt nämlich davon ab, wie hoch der Umsatzeinbruch ist. Bis zu einem Umsatzeinbruch von 40 % erhält man gar keinen Zuschuss. So schauen Unternehmen mit Umsatzeinbrüchen von einem Drittel ihres Umsatzes bei diesem komplett durch die Finger. Hinsichtlich der Staatsgarantien für Überbrückungskredite erscheint es, als wären die Kreditinstitute und die Förderstellen nicht abgestimmt. Wir erleben es laufend, dass die Banken trotz der zugesagten staatlichen Haftungsgarantien umfangreiche Planungsrechnungen und zusätzliche Sicherheiten von den Betrieben verlangen.
LEADERSNET: Welche Effekte wurden mit den Förderungsmaßnahmen der Regierung gesetzt?
Szauer: Zum Teil werden, aus meiner Sicht, falsche Anreize durch die Fördermaßnahmen gesetzt. So führt der Fixkostenzuschuss möglicherweise dazu, dass manche Unternehmen in den nächsten Monaten ganz bewusst ihre Betriebsleistung drosseln, um in den Genuss des maximalen Fixkostenzuschusses zukommen.
LEADERSNET: Wie und wem kann Mazars unter die Arme greifen?
Szauer: Wir haben umgehend nach Ausbruch der Krise zwei Teams gebildet, die sich ausschließlich mit den Themen Kurzarbeit und Förderungen auseinandersetzen. So können wir zielgerichtet unsere Klienten bei diesen Themen beraten. Wir unterstützen unsere Klienten bei der Stellung von Kurzarbeitsanträgen sowie der laufenden Administration und Abrechnung der Kurzarbeit. Hinsichtlich der Förderungen unterstützen wir bei den Förderanträgen bzw. beraten, welche Förderungen für das konkrete Unternehmen in Frage kommen.
LEADERSNET: Ist jetzt der richtige Zeitpunkt für steueroptimale Umstrukturierungsmaßnahmen gekommen?
Szauer: Wir sind der Meinung, dass jede Krise auch eine Chance bedeutet. Wir empfehlen daher unseren Mandanten, genau jetzt im Krisenjahr zu überlegen, ob nicht dieses Jahr die Chance bietet, sich steuerlich neu aufzustellen. Als mögliche Maßnahme kommt beispielsweise die Aufdeckung von stillen Reserven durch Entnahme einzelner Gegenstände oder aber zum Beispiel der Wechsel der Gewinnermittlungsart in Frage. Auch eine Umgründungsmaßnahme kann sinnvoll sein, wenn beispielsweise ein coronabedingter Verlust auf eine andere Gesellschaft übertragen werden kann.
LEADERSNET: Im Gespräch ist auch die Entnahme von Gesellschaftsanteilen aus Holdinggesellschaften oder Stiftungen. Ist das sinnvoll?
Szauer: Viele Unternehmen planen für die nähere Zukunft mit negativen Ergebnissen. Dies hat eine wesentliche Auswirkung auf den Wert dieser Unternehmen, da die negativen Zahlungsströme in eine Unternehmensbewertung einfließen. Diese Wertverluste konnte man auch am Kapitalmarkt beobachten. Entnahmen von Gesellschaften aus Holdinggesellschaften beziehungsweise aus Stiftungen sind daher im Jahr 2020 möglicherweise steuerlich billig.
LEADERSNET: Viele Unternehmer hätten auch gerne einen Verlust-Transfer. Was ist hier denkbar?
Szauer: In Österreich ist derzeit eine Verwendung eines Verlustes nur im laufenden Jahr bzw. in Folgejahren möglich. Eine effektive steuerliche Erleichterung für Unternehmer wäre es, einen Verlustrücktrag einzuführen, der es ermöglicht, einen Verlust in ein davor liegendes Jahr rückzutragen, in dem ein Gewinn erzielt wurde. Dies führt nämlich sofort im Verlustjahr zu seiner steuerlichen Erleichterung und nicht irgendwann in der Zukunft.
LEADERSNET: Welche positiven Ratschläge kann Mazars den Unternehmen mit auf den Weg geben?
Szauer: Wichtig ist, dass man aus jeder Krise positiv gestimmt und trotzdem der gegebenen Umstände gestärkt hervorgeht. Die letzten Monate haben in vielen Fällen gezeigt, wie anfällig man wir in Krisensituationen sind. Jetzt gilt es die Unternehmen so aufzustellen, dass man in Zukunft besser auf solche Situationen vorbereitet ist.
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