Interview mit Henkel-Präsidentin Birgit Rechberger-Krammer
"Ich wünsche mir mehr Industriefreundlichkeit"

| Wolfgang Zechner 
| 02.04.2025

Birgit Rechberger-Krammer ist Präsidentin von Henkel in Österreich und "­­Senior Corporate Vice President Henkel Consumer Brands Europe". Im Gespräch mit KEYaccount-Herausgeber Wolfgang Zechner spricht sie über organisatorische Änderungen im Konzern, über die Preisthematik im Handel und über die Zukunft des Produktionsstandortes in Wien. 

KEYaccount: Henkel hat sich vor circa drei Jahren ein mehrstufiges Reorganisationsprogramm verordnet, das Teil eines größeren Sparprogramms ist. Können Sie mir hier ein Update geben?

Birgit Rechberger-Krammer: Wir haben vor drei Jahren bekannt gegeben, dass wir die Bereiche Laundry & Home Care und Beauty Care zum neuen Unternehmensbereich Consumer Brands zusammenführen. Damit haben wir unsere Verbrauchermarken wie Persil und Schwarzkopf unter einem Dach vereint. Dieser Prozess ist inzwischen abgeschlossen. Das bedeutet aber nicht, dass die Transformation zu Ende ist. Wir haben jetzt einmal Sales und Marketing neu aufgestellt, aber wir befinden uns noch in der Supply Chain-Transformation.

KEYaccount: In den vergangenen Jahren gab es bei Henkel nicht nur organisatorische Änderungen, sondern auch Portfoliobereinigungen. Können Sie dazu etwas erzählen?

Rechberger-Krammer: In Österreich haben wir die Marke Lysoform verkauft. Auch von den Bereichen Skin Care und Zahnpflege haben wir uns getrennt. Marken wie Vademecum oder Theramed haben wir verkauft, andere wie Nature Box wurden eingestellt. Und: Wir haben erst letztes Jahr eines unserer deutschen Werke an Katjes verkauft.

KEYaccount: Hat Henkel zuletzt im Konsumgüter-Business auch neue Brands gekauft?

Rechberger-Krammer: In China haben wir zuletzt Vidal Sassoon gekauft. Aktuell wollen wir unser bestehendes Markenportfolio weiter harmonisieren.

KEYaccount: Das Preisthema spielt bei den Kund:innen eine große Rolle. Industrie und Handel vertreten in der jüngeren Vergangenheit sehr unterschiedliche Ansichten in dieser Angelegenheit. Wie zufrieden sind Sie mit den Preisen, die im Handel für ihre Produkte verlangt werden?

Rechberger-Krammer: Oft wird bei der Diskussion vergessen, dass die Industrie auch ihre Innovationen und ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen finanzieren muss. Zudem wird es in unseren Sortimenten weiterhin Preissteigerungen geben, einfach weil wir, anders als die Lebensmittelindustrie, viel mehr fossile Rohstoffe ersetzen müssen. Trotzdem würde ich sagen, dass wir preislich ein relativ gutes Niveau erreicht haben. Aber wir sehen, dass die Eigenmarken des Handels und teilweise billigere Alternativen bei den Konsument:innen an Bedeutung gewinnen.

KEYaccount: Wie kann ein Unternehmen wie Henkel diesem Trend zur Eigenmarke entgegenwirken?

Rechberger-Krammer: Erstens, mit Innovationen. Und zweitens, indem wir unsere Marken entsprechend inhaltlich aufladen. Bei Somat ist es etwa das Thema Niedrigtemperaturprogramm, bei fewa der Upcycling-Gedanke, bei Persil ist es Premium-Convenience dank unserer Caps. Henkel war im Jahr 2024 der siebtgrößte Werber in ganz Österreich und in unseren Kategorien sogar der größte.

KEYaccount: Die EU-Kommission will das Lieferkettengesetz um ein Jahr verschieben. Sie haben in der Vergangenheit immer wieder die bürokratischen Aufgaben kritisiert, mit denen Unternehmen konfrontiert sind. Wie froh sind Sie über die Verschiebung?

Rechberger-Krammer: Das Gesetz wird ja trotzdem kommen. Es ist also nur eine Verschiebung. Wir sind auf jeden Fall bereits jetzt gut darauf vorbereitet. Das Grundproblem bleibt aber. Unternehmen müssen eine Armada an Expert:innen beschäftigen, um die von der EU beschlossenen Reporting-Aufgaben bewältigen zu können. Das Reporting ist dabei das eine, die Arbeiten am Produkt sind das andere – etwa, wenn man 80 neue Allergene deklarieren oder die Verpackungen mit neuen Warnhinweisen ergänzen muss. Ich gebe Ihnen ein anderes Beispiel, das mit der Recyclingquote zu tun hat. Die Recyclingquote von 30 Prozent betrifft nicht nur den Körper der Waschmittelflasche, sondern getrennt davon betrachtet auch den Stöpsel. Bei der Flasche ist das einfach, beim Stöpsel nicht, denn der besteht aus Polypropylen und muss abdichten. Da gibt es eigentlich kein vernünftiges Rezyklat. Das heißt, diese Vorschrift ist völlig sinnlos. Sie bringt niemandem was.

KEYaccount: Wir bleiben am internationalen Parkett. Die Zollpolitik des US-Präsidenten Trump sorgt aktuell für politische und wirtschaftliche Verwerfungen. Wie sehr ist Henkel davon als multinationaler Konzern betroffen?

Birgit Rechberger-Krammer: Wir verfolgen das Thema intensiv. Aber wir sind davon nicht stark betroffen, weil wir nämlich unsere Produkte für den US-Markt direkt in den USA und die Produkte für den europäischen Markt in Europa produzieren. Andere Branchen treffen diese Zölle deutlich härter.

KEYaccount: Kommen wir zur Politik in Österreich. Was wünschen Sie sich von der neuen Regierung?

Rechberger-Krammer: Ich wünsche mir vor allem mehr Industriefreundlichkeit.

KEYaccount: Was meinen Sie damit genau?

Rechberger-Krammer: Nehmen wir zum Beispiel das Thema Lohnnebenkosten. Diese sind im europäischen Vergleich in Österreich immer noch viel zu hoch. Hier besteht Handlungsbedarf. Sind Industrie-Arbeitsplätze aus Österreich abgewandert, kehren sie nicht wieder. Und damit auch die Wertschöpfung, die mit ihnen verbunden ist.

KEYaccount: Ich habe es bisher bei jedem Interview mit Ihnen gefragt und mache es auch heuer: Wie gesichert ist die mittel- und langfristige Zukunft des Standorts Wien?

Rechberger-Krammer: Wir werden heuer allein deutlich über fünf Millionen Euro in eine neue Weichspüler-Technologie am Standort investieren. Das würden wir nicht tun, wenn wir vorhätten, die Betriebsstätte zu schließen. Das beantwortet wohl Ihre Frage.

www.henkel.at

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