Nach herausfordernden Jahren zeigt sich 2024 der Markt für Gewerbeimmobilien in Wien und Graz wieder stabil, jedoch mit markanten Unterschieden zwischen den einzelnen Asset-Klassen. Während der Retailsektor und der Zinshausmarkt weiterhin vor großen Herausforderungen stehen, profitieren Büro- und Logistikflächen von einer positiven Wachstumsdynamik.
Die Experten von Engel & Völkers Wien Commercial und Steiermark Commercial beleuchten die aktuellen Entwicklungen in den beiden größten Städten Österreichs und geben einen fundierten Ausblick auf den Gewerbeimmobilien- und Investmentmarkt im Jahr 2025.
Der Büromarkt in Wien und Graz
Der Wiener Büromarkt blickt heuer auf eine stabile Entwicklung. "Zwar hat die Leerstandsquote in dieser Asset-Klasse ein neues Tief erreicht, was die anhaltend hohe Nachfrage nach modernen Büroflächen und die generell geringe Bautätigkeit widerspiegelt, jedoch bleibt das Büro ein bedeutender Ort der Kommunikation und Zusammenarbeit – auch in Zeiten des Home-Office", sagt Christian Sommer, Geschäftsführer von Engel & Völkers Wien Commercial. Für das nächste Jahr erwartet der Experte eine zunehmende Marktbelebung.
Als zweitgrößter österreichischer Bürostandort verzeichnet Graz ebenfalls ein starkes Wachstum. Mit aktuell 575.000 Quadratmetern Büroflächen, die bis 2026 auf 620.000 Quadratmetern anwachsen sollen, übersteigt die Nachfrage nach modernen Büros das Angebot deutlich. "Besonders südliche Bezirke von Graz, wie Jakomini und Raaba, bieten großes Potenzial für neue Projekte und ziehen verstärkt Investoren:innen an. Für das kommende Jahr gehen wir von einer positiven Entwicklung aus", so Jurica Puljic, Geschäftsführer von Engel & Völkers Steiermark Commercial.
Der Retailmarkt
In der Bundeshauptstadt steht der Retailmarkt weiterhin unter dem Einfluss von Inflation, hohen Zinsen und veränderten Konsumgewohnheiten. Im Speziellen der Trend zum Onlinehandel setzt traditionelle Ladenflächen unter Druck und führt zu steigenden Leerstandsquoten. "Während innerstädtische Lagen stabil bleiben, sehen wir in anderen Bereichen eine zunehmende Transformation hin zu hybriden Verkaufsmodellen, die Offline- und Online-Ansätze kombinieren, um Umsätze zu stabilisieren", erklärt Sommer und prognostiziert: "Für 2025 erwarten wir eine differenzierte Entwicklung: Einige Branchen könnten von der Anpassung profitieren, während andere weiterhin mit schwierigen Rahmenbedingungen zu kämpfen haben."
In Graz unterliegt der Retailmarkt aktuell einem Transformationsprozess. In den letzten drei Jahren mussten viele Filialen aufgrund von Insolvenzen schließen. Zentral gelegene Geschäftsflächen sind davon jedoch weniger betroffen, da sie seltener dauerhaft leer stehen und in der Regel schneller wieder vermietet werden. Der Einzelhandel profitiere laut Puljic von der hohen Kaufkraft und den steigenden Touristenzahlen. "Mit einer Leerstandsquote von unter einem Prozent in den A-Lagen gehört Graz zu den stabilsten Regionen des Landes. Die Kombination aus wachsendem Tourismus und einer starken regionalen Nachfrage sichert dem Grazer Retailmarkt eine solide Grundlage. Für 2025 erwarten wir eine stabile Entwicklung, insbesondere in den zentralen Lagen", so Puljic.
Neue Chancen für kapitalstarke Investor:innen
Herausfordernd bleibt der Markt für Gründerzeit-Zinshäuser in Wien. Der Bestand an Zinshäusern sinkt seit Jahren sukzessive. "Hohe Zinsen und steigende Kosten haben das Spekulationspotenzial stark eingeschränkt, was sich in einem deutlich geringeren Transaktionsvolumen widerspiegelt. Kapitalstarke Investor:innen dominieren den Markt", analysiert Sommer.
Der Ausblick für das nächste Jahr bleibt laut den Experten stabil, jedoch auf einem niedrigeren Niveau, das im Vergleich zu den letzten Jahren günstigere Einstiegsmöglichkeiten für Investor:innen bieten soll.
Der Zinshausmarkt in der steirischen Landeshauptstadt befindet sich in einer Neuausrichtung. Im ersten Halbjahr 2024 wurden 66 Zinshäuser mit einem Transaktionsvolumen von 115 Millionen Euro gehandelt, was auf eine Marktstabilisierung hindeutet. "Mit durchschnittlichen Verkaufspreisen von 1.973 Euro/Quadratmeter (rund 20 Prozent unter dem Vorjahreswert), ergeben sich attraktive Chancen für langfristige Investor:innen", sagt Puljic.
Im Speziellen stellt die Sanierung von Bestandsimmobilien für private Immobilienbesitzer:innen häufig eine finanzielle Herausforderung dar, wodurch kapitalstarke Anleger:innen wieder verstärkt auf den Markt zurückkehren und die aktuellen Bedingungen gezielt für strategische Käufe nutzen. Für 2025 wird mit weiteren Preiskorrekturen gerechnet, die langfristige Investitionen begünstigen könnten.
Der Logistikimmobilien in den beiden Städten
Wien bleibt weiterhin einer der zentralen Standorte für Logistikimmobilien Österreichs. "Die Logistikbranche zeigt sich auch 2024 dynamisch und profitiert von steigenden Anforderungen, wie der wachsenden Bedeutung des E-Commerce. Wir sehen hier großes Potenzial für 2025", prognostiziert Sommer.
Während die Bundeshauptstadt also an erster Stelle steht, stärken Graz und die Region Graz-Umgebung ihre Position als drittgrößter Logistikmarkt Österreichs. Vor allem die Realisierung neuer Projekte von Eigennutzer:innen im Süden der Landeshauptstadt hat die Wachstumsdynamik in der Region maßgeblich vorangetrieben. Bis Ende dieses Jahres werden rund 80.000 Quadratmeter zusätzliche Logistikflächen erwartet, insbesondere im Raum Graz, Graz-Umgebung und Leibnitz. "Mit Spitzenmieten von 6,45 Euro/Quadratmeter und einer stabilen Nachfrage bleibt die Region ein attraktiver Standort für Logistikunternehmen und InvestorInnen. Eine Entwicklung, mit der wir auch für das nächste Jahr rechnen", so Puljic.
Hotellerie: Wien weiter stark, Graz als Wachstumstreiber
2024 hat sich der Hotelmarkt in Wien weiter erholt und ist geprägt von einer stabilen Nachfrage. "Aufgrund der steigenden Übernachtungszahlen zeigen Investor:innen weiterhin großes Interesse an Objekten in zentralen Lagen und in aufstrebenden Stadtteilen", so Sommer und fügt hinzu: "Budget-, Boutique-Hotels und das Luxussegment ab 100 Zimmern sind die bevorzugten Investments im Hospitality Markt."
Ein differenziertes Bild zeigt die steirische Hotellerie. In der Landeshauptstadt wurden zuletzt rund 1.350 neue Gästebetten geschaffen, was den Wettbewerb intensiviert. "Trotz des intensiveren Preiskampfs bleibt Graz für Investor:innen in Top-Lagen attraktiv", betont Puljic. Im restlichen Bundesland wurden nur wenige neue Hotels errichtet. Hotels zählen zu Sonderimmobilien und lassen oft keine alternative Nutzung zu. Bei kleinen Hotels erschweren Personalmangel, steigende Kosten und Nachfolgeprobleme zusätzlich die Vermittlung. "Aktuell bieten sich Käufer:innen jedoch Chancen, gut positionierte Hotelimmobilien zu attraktiven Preisen zu erwerben", ergänzt Puljic.
Investmentmarkt: Optimistische Perspektiven für 2025
2024 zeigte der Investmentmarkt in Wien erste Erholungstendenzen, Investor:innen sondieren bereits neue Investitionsmöglichkeiten, um vom kommenden Aufschwung zu profitieren. "Die stabile Zinsentwicklung und die verbesserte wirtschaftliche Lage schaffen ideale Rahmenbedingungen – auch für die kommenden Jahre", sagt Sommer. Die Nachfrage nach Büroimmobilien sowie Logistik- und Gesundheitsimmobilien soll weiter stabil bleiben. Fallende Zinsen tragen zur positiven Stimmung am Investmentmarkt bei und sollen in Zukunft auch wieder vermehrt Investitionen in Wohnbauprojekte in den Fokus rücken. "Für 2025 wird ein positiver Ausblick erwartet, mit einem wachsenden Interesse für Wohnimmobilien und einer anhaltenden Dynamik in zukunftsorientierten Assetklassen", schließt Jurica Puljic ab.
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