Interview mit Ulrike Haslauer
"Wenn der Ausbau wie geplant erfolgt, haben wir gute Chancen, uns selbst mit Energie zu versorgen"

Die Geschäftsführerin von Compact Electric und die laut eigenen Angaben einzige "Schaltschrank-Bäuerin Österreichs", Ulrike Haslauer, spricht im LEADERSNET-Interview u.a. über die Zukunft der Energieversorgung in Österreich, die große Bedeutung von Energiespeichern und PV-Verteilern sowie die Chancen, die der Lehrberuf Mechatronik bietet. 

LEADERSNET: Sehr geehrte Frau Hauslauer, Sie sind die Geschäftsführerin von Compact Electric. Was machen Sie und wofür steht Ihre Marke?

Ulrika Haslauer: Compact Electric und, ich darf wohl auch sagen, meine Wenigkeit, ist bekannt durch meinen Anspruch, die einzige Schaltschrank-Bäuerin Österreichs zu sein. Der Hauptgeschäftszweig, also das Kernthema von Compact Electric, ist nach wie vor der Verteilerbau im Bereich von Industrieanlagen und Gebäude-Automatisierungstechnik – und jetzt neu dazu: Photovoltaikverteiler, sogenannte AC-Verteiler, die man bei jeder Photovoltaikanlage braucht.

LEADERSNET: Vielleicht erklären Sie uns kurz so einen Verteiler? Wer braucht den eigentlich und wo sind diese Verteiler?

Haslauer: Wenn man eine Photovoltaikanlage baut, braucht man einen Wechselrichter und einen zugehörigen Verteiler, der dann sozusagen die ganzen Verbraucher im Haus speist. Die Verteiler sind dabei überall - auf den Dächern oder im Keller. Je nachdem, wo Sie Platz finden.

LEADERSNET: Wie viele Leute beschäftigen Sie bei Compact Electrics? Und wenn nicht Photovoltaik Ihr Kerngeschäft ist, was ist dann Ihre Stammprofession?

Haslauer: Insgesamt habe ich 50 Mitarbeiter:innen. Unser Kernbereich war schon immer der Verteilerbau, aber auch die Elektronikabteilung sowie Entwicklung von Elektronik. Außerdem waren von Anfang an Spannungsüberwachungsrelais, sogenannte Messrelais, ein Thema der Compact Electric. Diese werden jetzt bei den erneuerbaren Energien gebraucht. Das heißt, wir haben seit Jahrzehnten auch mit der Energieversorgung in Österreich zu tun und mit den entsprechenden Netzanbietern. Wir sind jetzt landesweit mit unseren Spannungsüberwachungsrelais präsent, ein sogenannter Netzschutz, der quasi die Frequenz und die Spannung misst.

LEADERSNET: Was denken Sie, wo geht denn die Reise in Sachen alternativer Energieerzeugung hin?

Haslauer: Wie wir alle wissen sollten, wird sich der Energieverbrauch im Zuge der Digitalisierung steigern – und zwar in einem Ausmaß, den wir jetzt noch nicht produzieren und auch nicht abschätzen können. Wir sprechen über KI und Digitalisierung. Diese Technologien brauchen in irgendeiner Form eine Stromversorgung und der kommt eben nicht aus der Steckdose, sondern muss erst produziert werden - in Österreich mit Sonnenenergie und auch mit Windkraft. Das sind jene Alternativenergien, die wir schon haben und kennen. Diese werden glücklicherweise weiter massiv ausgebaut.

LEADERSNET: Also gibt es einerseits diejenigen, die die Leitung bauen, und andererseits die, die den Strom produzieren. Was ist euer Anteil an den Geschäftsmodellen?

Haslauer: Wir brauchen überall eine Spannungsüberwachung, eine Frequenzüberwachung, sodass wir 230 Volt und 50 Hertz garantieren können. Und diese Messrelais, die aus meinem Hause kommen, überwachen das. Die Verteilerschränke, die man braucht, um das Ganze zu den Verbraucher:innen zu überführen, kommen auch von Compact Electrics. Wir sind also mittendrin in der Energieversorgung und dem Ausbau der Energie.

LEADERSNET: Wie viel Energie werden wir in Zukunft brauchen? Können wir die in Österreich produzieren? Ist da überhaupt möglich und heißt das, dass wir uns einschränken müssen, sodass wir nur zu gewissen Zeiten diese Energie verwenden dürfen? Was denken Sie, wie sieht die Zukunft aus?

Haslauer: Ich war vor fünf Jahren bei einem Summit über Energiewirtschaft in Paris und da hieß es, dass der Energieverbrauch bis 2030 um 70 Prozent aufgrund der Digitalisierung und der Verwendung von KI steigen wird. Und das sehe ich auch so: Minimum 70 Prozent mehr Energiebedarf muss bis 2030 erzeugt werden. Wir müssen in den nächsten Jahren sehr viel Kapazität schaffen. Aber ich glaube nicht, dass wir uns einschränken müssen, wenn wir das in Österreich dementsprechend ausbauen.

Es gibt schon seit Jahren und Jahrzehnten genug Projekte in den Schubladen. Vielleicht sollte man auch von politischer Seite ein verstärktes Go geben, dass diese Hemmnisse, diese Projekte umzusetzen, wegfallen. Dass man all das baut, was man schon seit Jahrzehnten plant. Dann haben wir in Österreich gute Chancen, uns selbst zu versorgen. Ich bin überzeugt davon, dass wir das hierzulande sehr gut stemmen könnten, wenn all diese Projekte umgesetzt werden.

LEADERSNET: Wie ist es denn heute? Wie sehr sind Sie von der Bürokratie gehemmt?

Haslauer: Wir bei Compact Electric spüren das nicht. Denn wenn Aufträge zu uns ins Haus kommen, sind das schon Projekte, die im Laufen sind. Aber ich weiß von Energieversorgerseite und auch von den Firmen wie dem Stromnetzbetreiber APG, dass es tatsächlich zu massiven Verzögerungen im Projektbereich kommt.

LEADERSNET: Es heißt, der Gamechanger beim Thema alternativer Energieversorgung ist die Speicherung. Wie wird das sein?

Haslauer: Das ist ein spannendes Thema und das wird meiner Meinung nach auch in den nächsten Jahren zuspitzen. Es ist möglich, die alternative Energie zu speichern. Wir sind bereits dabei, in unserem Haus eine österreichische Batterie zu produzieren, für die wir die Elektrik machen. Zudem sind wir diesbezüglich ein Joint Venture mit der Partnerfirma Popper Power eingegangen.

Ich bin zuversichtlich, dass wir Ende des Jahres bereits eine österreichische Lithium-Batterie, die erweiterbar ist, also für Einfamilienhäuser bis zu großen Windparks geeignet, anbieten können. Die Speicherbatterien werden zum Beispiel angereiht in mehreren Containern untergebracht, wie es teilweise bereits gemacht wird. So kann man zum Zeitpunkt der Erzeugung, diese Energie auch zwischenspeichern und dann abrufen, wenn sie benötigt wird.

LEADERSNET: Sie sind, wie Sie selbst gesagt haben, Österreichs einzige Schaltschrank-Bäuerin. Damit sind Sie in der Branche allein. Gibt es von Ihrer Seite einen Appell an andere Frauen, in die technische Berufswelt zu wechseln? Wäre das wünschenswert für Sie?

Haslauer: Absolut. Ich bin auch immer sehr gerne als Testimonial unterwegs, um für den Lehrberuf Mechatronik zu werben oder spreche auf der Bühne der Wirtschaftskammer. Weil man die Frauen tatsächlich motivieren und ihnen den Rücken stärken muss. Es ist ein wunderbares Gebiet der Technik, das sehr viele Möglichkeiten für Frauen bietet. Und dafür stehe ich seit 35 Jahren.

LEADERSNET: Was denken Sie – dürfen wir uns auf die Zukunft freuen oder müssen wir sie mit großem Respekt erwarten? Glauben Sie, dass wir all die Dinge, die auf uns zukommen werden, meistern?

Haslauer: Aber bestimmt. Ich bin immer eine Visionärin gewesen und auch in einem Unternehmen mit Forschung sowie Entwicklung beschäftigt. Zukunft ist immer eine Herausforderung. Es ändern sich ständig Rahmenbedingungen. Aber gerade als Unternehmerin muss man immer am Zahn der Zeit sein und schauen, in welche Richtung ich mein Unternehmen manövrieren will. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir durch das Fortschreiten der Technologie selbstverständlich unsere Zukunft meistern werden.

Wir haben gemeinsam mit der TU aktuell ein Forschungsprojekt beim FFG eingereicht, bei dem es genauso um Innovationen geht, die mit neuen Materialien und Stoffen, die Wärme leiten und die man quasi auch in der Gebäude-Automatisierung nutzen kann. Es ist also ein wenig wie ein elektrotechnisches Puzzle, mit den erneuerbaren Energien usw., dass alles bei uns im Haus zusammenläuft. Da das äußerst spannend und mein Steckenpferd ist, freue ich mich auf die Zukunft.

www.compactelectric.at

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