Großer NAF-Reichweitentest
So weit kommen aktuelle Elektroautos wirklich

| Tobias Seifried 
| 24.07.2024

Dieses Mal wurden beim weltweit größten Praxis-Reichweitentest die Akkus von 26 Stromern auf Herz und Nieren geprüft. Ein E-Auto übertrumpfte sogar die Herstellerangabe.

Anfang Juni fand in diesem Jahr der zweite große Reichweitentest für Elektroautos, den der norwegische Autofahrerclub NAF zweimal pro Jahr gemeinsam mit europäischen Partnerclubs durchführt, statt. Unlängst wurden die Ergebnisse des sogenannten "El Prix" (siehe Infobox) veröffentlicht. Während beim heurigen Wintertest 23 Stromern auf den Zahn gefühlt wurde (alle Ergebnisse können Sie in unserem Bericht hier nachlesen), mussten beim Sommertest 26 E-Autos das praxisnahe Prozedere über sich ergehen lassen. Für Österreich war wieder der ÖAMTC als NAF-Partnerclub dabei.

In diesem Jahr war das mit dem Sommertest jedoch so eine Sache. Denn der erste Testtag bot mit Temperaturen zwischen 3 und 13 Grad Celsius sowie starkem Regen eher Herbst- oder Winterbedingungen. Doch selbst bei diesen herausfordernden Wetterbedingungen konnte der Großteil der 26 Autos überraschend weite Strecken zurücklegen, bilanzieren die Tester:innen. "Die meisten Fahrzeuge verbrauchten trotz nassen und kalten Wetters weniger Strom als vom Hersteller angegeben. Zudem erreichten 50 Prozent der Testkandidaten den gewünschten Batterieladestand von 80 Prozent in einer halben Stunde oder sogar noch schneller", lautet das Resümee von ÖAMTC-Techniker Florian Merker.

Fortschritte bei Verbrauch und Ladetechnik

Der Grund, warum die meisten Elektroautos unter den schwierigen Bedingungen so gut abschnitten, liege demnach in ihrem geringen Stromverbrauch. Die Automobilhersteller:innen hätten in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet, um den Verbrauch zu senken und so dem Bedürfnis nach höheren Reichweiten nachzukommen, so die Einschätzungen der Mobilitätsexpert:innen. Merker sagt dazu: "Gleichzeitig machen die tatsächlich auftretenden Reichweitenverluste eine umfassende Verbraucher:inneninformation seitens der Autoindustrie notwendig, damit Käufer:innen die Alltagstauglichkeit von Elektroautos besser einschätzen können." Wie die Ergebnisse zeigen, haben aber nicht nur die teuren Premium-Modelle gut abgeschnitten, sondern auch günstigere Elektroautos. "Selbst die günstigeren Modelle verfügen über einen niedrigen Verbrauch sowie gute Reichweite", erläutert der Experte des Mobilitätsclubs. Das seien gute Nachrichten für Autokäufer:innen.

Der Test bestätigt auch den Fortschritt beim Thema Laden: Die Hälfte der 26 getesteten Autos lud die Batterie in einer halben Stunde von zehn auf 80 Prozent. Es gab sogar Autos im Test, die die vom Hersteller angegebene Ladezeit unterschritten haben. "Selbst günstigere Fahrzeuge können mittlerweile so schnell geladen werden, dass man nach einer kurzen Pause weiterfahren kann", sagt Merker. Die Nase vorn bei sämtlichen Entwicklungen betreffend Schnellladen, Navigation oder Auflade-Vorbereitung haben aber weiterhin die Premium-Modelle. "Es gibt immer mehr Fahrzeuge, die die Autobatterie zum Laden vorwärmen und Fahrer:innen eine präzise Schätzung des verbleibenden Batteriestandes und der restlichen Reichweite geben", fügt der ÖAMTC-Experte hinzu. 

So weit kommen aktuelle Elektroautos wirklich

Um für eine exakte Vergleichbarkeit zu sorgen, sind alle Testkandidaten die gleiche Strecke bei identischen Bedingungen gefahren. Die Batterien wurden vorm Start auf 100 Prozent aufgeladen und bei einer Restreichweite von 10 Prozent wurde die Fahrt beendet. Nachvollziehbar, schließlich wird kaum jemand – ausgenommen in Extremsituationen – sein E-Auto bis zum Stillstand leerfahren. Die erzielten Reichweiten geben dabei keinen Aufschluss über den tatsächlichen Verbrauch, da die Fahrzeuge mit unterschiedlichen großen Batterien ausgestattet sind. Für viele Käufer:innen sind aber nach wie vor die reale Reichweite und die tatsächliche maximale Ladezeit entscheidend. Deshalb wurden die Fahrzeuge im Anschluss an die Testfahrt von zehn auf 80 Prozent geladen.

Marke / Modell

Reichweite in km (100 - 10 %)

Ladezeit 10 - 80 %

Renault Scenic E-Tech

450 km

40 min

Kia EV9

446 km

25 min

Xpeng G6

443 km

20 min

Lotus Eletre

442 km

20 min

Porsche Taycan

433 km

18 min

Tesla Model Y RWD

433 km

33 min

BYD Seal U

421 km

44 min

NIO EL6

418 km

33 min

MG4 Extended Range

416 km

32 min

BMW i5 eDrive40

409 km

31 min

Volkswagen ID.7

406 km

28 min

Tesla Model 3 RWD

400 km

28 min

NIO ET5

399 km

26 min

BMW i5 Touring

399 km

30 min

Peugeot e-3008

397 km

42 min

Hyundai Kona

388 km

37 min

Ford F-150 Lightning

345 km

33 min

Mini Countryman SE All4

339 km

28 min

Hyundai Ioniq 5 N

337 km

21 min

BYD Dolphin

336 km

40 min

Opel Astra Sports Tourer

333 km

29 min

Smart #3

330 km

28 min

Peugeot e-308 SW

328 km

29 min

Seres 5

323 km

37 min

Volvo EX30

319 km

31 min

Abweichung zur WLTP-Angabe

Natürlich wurden die Autos beim Sommertest 2024 - wie erwähnt, durchgeführt bei kühleren Temperaturen mit viel Niederschlag am Testtag – auch bis zum Liegenbleiben (also ohne Restreichweite) gefahren. Dabei zeigte sich, dass nur zwei Fahrzeuge an ihre WLTP-Reichweiten herangekommen sind. Verglichen mit der WLTP-Reichweite lagen die meisten Fahrzeuge für einen Sommer-Reichweitentest weit von der WLTP-Reichweite entfernt, mit einer Abweichung von maximal 24 Prozent. Im Durchschnitt liegt die Abweichung bei den getesteten Fahrzeugen bei 11,1 Prozent. Lediglich der Mini Countryman konnte die Werksangabe sogar überbieten (+4,2 Prozent). Der BYD Seal U schaffte fast eine Punktlandung (-0,2 Prozent). Reichweitentechnisch hatte auch hier der Renault Scenic E-Tech mit fast 563 km die Nase vorn. 


© ÖAMTC

Der heimische Mobilitätsclub begrüßt die Fortschritte in der Elektromobilität. "Unser Reichweitentest liefert Verbraucher:innen wertvolle Informationen über Leistungsfähigkeit und Alltagstauglichkeit dieser Fahrzeuge", betont Merker abschließend.

www.naf.no

www.oeamtc.at

Infos zu El Prix

El Prix ist der laut eigenen Angaben weltweit größte Test für die Reichweite und das Aufladen von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen (BEV) in der Praxis. Der norwegische Automobilverband (NAF) führt El Prix seit 2020 zweimal pro Jahr durch. El Prix wird dazu genutzt, um Autofahrer:innen einen Überblick zu geben, wie BEVs unter vergleichbaren, alltäglichen Bedingungen abschneiden.

Das Ziel ist, dass die meisten neuen Elektrofahrzeuge sowohl im norwegischen Sommer als auch im Winter hinsichtlich ihrer realen Reichweiten getestet werden. Somit kann festgestellt werden, ob die offiziellen angegebenen WLTP-Reichweiten auch im realen Fahrbetrieb erreicht werden können.

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El Prix ist der laut eigenen Angaben weltweit größte Test für die Reichweite und das Aufladen von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen (BEV) in der Praxis. Der norwegische Automobilverband (NAF) führt El Prix seit 2020 zweimal pro Jahr durch. El Prix wird dazu genutzt, um Autofahrer:innen einen Überblick zu geben, wie BEVs unter vergleichbaren, alltäglichen Bedingungen abschneiden.

Das Ziel ist, dass die meisten neuen Elektrofahrzeuge sowohl im norwegischen Sommer als auch im Winter hinsichtlich ihrer realen Reichweiten getestet werden. Somit kann festgestellt werden, ob die offiziellen angegebenen WLTP-Reichweiten auch im realen Fahrbetrieb erreicht werden können.

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