Anfang Juni fand in diesem Jahr der zweite große Reichweitentest für Elektroautos, den der norwegische Autofahrerclub NAF zweimal pro Jahr gemeinsam mit europäischen Partnerclubs durchführt, statt. Unlängst wurden die Ergebnisse des sogenannten "El Prix" (siehe Infobox) veröffentlicht. Während beim heurigen Wintertest 23 Stromern auf den Zahn gefühlt wurde (alle Ergebnisse können Sie in unserem Bericht hier nachlesen), mussten beim Sommertest 26 E-Autos das praxisnahe Prozedere über sich ergehen lassen. Für Österreich war wieder der ÖAMTC als NAF-Partnerclub dabei.
In diesem Jahr war das mit dem Sommertest jedoch so eine Sache. Denn der erste Testtag bot mit Temperaturen zwischen 3 und 13 Grad Celsius sowie starkem Regen eher Herbst- oder Winterbedingungen. Doch selbst bei diesen herausfordernden Wetterbedingungen konnte der Großteil der 26 Autos überraschend weite Strecken zurücklegen, bilanzieren die Tester:innen. "Die meisten Fahrzeuge verbrauchten trotz nassen und kalten Wetters weniger Strom als vom Hersteller angegeben. Zudem erreichten 50 Prozent der Testkandidaten den gewünschten Batterieladestand von 80 Prozent in einer halben Stunde oder sogar noch schneller", lautet das Resümee von ÖAMTC-Techniker Florian Merker.
Fortschritte bei Verbrauch und Ladetechnik
Der Grund, warum die meisten Elektroautos unter den schwierigen Bedingungen so gut abschnitten, liege demnach in ihrem geringen Stromverbrauch. Die Automobilhersteller:innen hätten in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet, um den Verbrauch zu senken und so dem Bedürfnis nach höheren Reichweiten nachzukommen, so die Einschätzungen der Mobilitätsexpert:innen. Merker sagt dazu: "Gleichzeitig machen die tatsächlich auftretenden Reichweitenverluste eine umfassende Verbraucher:inneninformation seitens der Autoindustrie notwendig, damit Käufer:innen die Alltagstauglichkeit von Elektroautos besser einschätzen können." Wie die Ergebnisse zeigen, haben aber nicht nur die teuren Premium-Modelle gut abgeschnitten, sondern auch günstigere Elektroautos. "Selbst die günstigeren Modelle verfügen über einen niedrigen Verbrauch sowie gute Reichweite", erläutert der Experte des Mobilitätsclubs. Das seien gute Nachrichten für Autokäufer:innen.
Der Test bestätigt auch den Fortschritt beim Thema Laden: Die Hälfte der 26 getesteten Autos lud die Batterie in einer halben Stunde von zehn auf 80 Prozent. Es gab sogar Autos im Test, die die vom Hersteller angegebene Ladezeit unterschritten haben. "Selbst günstigere Fahrzeuge können mittlerweile so schnell geladen werden, dass man nach einer kurzen Pause weiterfahren kann", sagt Merker. Die Nase vorn bei sämtlichen Entwicklungen betreffend Schnellladen, Navigation oder Auflade-Vorbereitung haben aber weiterhin die Premium-Modelle. "Es gibt immer mehr Fahrzeuge, die die Autobatterie zum Laden vorwärmen und Fahrer:innen eine präzise Schätzung des verbleibenden Batteriestandes und der restlichen Reichweite geben", fügt der ÖAMTC-Experte hinzu.
So weit kommen aktuelle Elektroautos wirklich
Um für eine exakte Vergleichbarkeit zu sorgen, sind alle Testkandidaten die gleiche Strecke bei identischen Bedingungen gefahren. Die Batterien wurden vorm Start auf 100 Prozent aufgeladen und bei einer Restreichweite von 10 Prozent wurde die Fahrt beendet. Nachvollziehbar, schließlich wird kaum jemand – ausgenommen in Extremsituationen – sein E-Auto bis zum Stillstand leerfahren. Die erzielten Reichweiten geben dabei keinen Aufschluss über den tatsächlichen Verbrauch, da die Fahrzeuge mit unterschiedlichen großen Batterien ausgestattet sind. Für viele Käufer:innen sind aber nach wie vor die reale Reichweite und die tatsächliche maximale Ladezeit entscheidend. Deshalb wurden die Fahrzeuge im Anschluss an die Testfahrt von zehn auf 80 Prozent geladen.
Marke / Modell
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Reichweite in km (100 - 10 %)
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Ladezeit 10 - 80 %
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Renault Scenic E-Tech
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450 km
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40 min
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Kia EV9
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446 km
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25 min
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Xpeng G6
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443 km
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20 min
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Lotus Eletre
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442 km
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20 min
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Porsche Taycan
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433 km
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18 min
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Tesla Model Y RWD
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433 km
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33 min
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BYD Seal U
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421 km
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44 min
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NIO EL6
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418 km
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33 min
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MG4 Extended Range
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416 km
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32 min
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BMW i5 eDrive40
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409 km
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31 min
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Volkswagen ID.7
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406 km
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28 min
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Tesla Model 3 RWD
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400 km
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28 min
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NIO ET5
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399 km
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26 min
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BMW i5 Touring
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399 km
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30 min
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Peugeot e-3008
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397 km
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42 min
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Hyundai Kona
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388 km
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37 min
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Ford F-150 Lightning
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345 km
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33 min
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Mini Countryman SE All4
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339 km
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28 min
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Hyundai Ioniq 5 N
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337 km
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21 min
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BYD Dolphin
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336 km
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40 min
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Opel Astra Sports Tourer
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333 km
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29 min
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Smart #3
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330 km
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28 min
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Peugeot e-308 SW
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328 km
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29 min
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Seres 5
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323 km
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37 min
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Volvo EX30
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319 km
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31 min
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Abweichung zur WLTP-Angabe
Natürlich wurden die Autos beim Sommertest 2024 - wie erwähnt, durchgeführt bei kühleren Temperaturen mit viel Niederschlag am Testtag – auch bis zum Liegenbleiben (also ohne Restreichweite) gefahren. Dabei zeigte sich, dass nur zwei Fahrzeuge an ihre WLTP-Reichweiten herangekommen sind. Verglichen mit der WLTP-Reichweite lagen die meisten Fahrzeuge für einen Sommer-Reichweitentest weit von der WLTP-Reichweite entfernt, mit einer Abweichung von maximal 24 Prozent. Im Durchschnitt liegt die Abweichung bei den getesteten Fahrzeugen bei 11,1 Prozent. Lediglich der Mini Countryman konnte die Werksangabe sogar überbieten (+4,2 Prozent). Der BYD Seal U schaffte fast eine Punktlandung (-0,2 Prozent). Reichweitentechnisch hatte auch hier der Renault Scenic E-Tech mit fast 563 km die Nase vorn.
© ÖAMTC
Der heimische Mobilitätsclub begrüßt die Fortschritte in der Elektromobilität. "Unser Reichweitentest liefert Verbraucher:innen wertvolle Informationen über Leistungsfähigkeit und Alltagstauglichkeit dieser Fahrzeuge", betont Merker abschließend.
www.naf.no
www.oeamtc.at
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