Patricia Neumann arbeitet seit 1995 für den IT-Konzern und hat vor rund vier Jahren die Geschäftsführung von IBM Österreich übernommen. Im Gespräch mit LEADERSNET erzählt sie von ihren Anfängen im Unternehmen, welche inhaltlichen Akzente sie setzt und wie sich der pandemiebedingten Digitalisierungs-Boost auf das Unternehmen auswirkt.
LEADERSNET: Sie leiten die Geschicke der Österreichtochter des amerikanischen Unternehmens IBM (International Business Machines Corporation). Durch welche berufliche Lebensgeschichte sind Sie in diese Position gekommen?
Neumann: Die Möglichkeiten und Chancen, die ein großes internationales Unternehmen bietet, finde ich spannend. Im Anschluss an mein Wirtschaftsstudium habe ich bei IBM ein Portfolio an faszinierenden Projekten im Spannungsfeld aus Wirtschaft, Innovation und internationaler Ausrichtung gefunden. Begonnen habe ich bei IBM Global Financing in Wien und schon bald die Leitung des Bereichs übernommen. Danach folgten internationale Stationen in mehreren Vertriebs – und Bereichsleitungsrollen in London, CEE, Mailand und Deutschland. Nach über 10 Jahren internationaler Konzernkarriere bekam ich dann die Möglichkeit 2017 als Generaldirektorin der IBM Österreich in meine Heimat zurückzukehren.
LEADERSNET: Was waren Ihre inhaltlichen Akzente in den letzten vier Jahren als Generaldirektorin?
Neumann: IBM Österreich ist seit 93 Jahren in Österreich tätig und wir unterstützen die österreichischen Unternehmen und die öffentliche Hand mit den neuesten Technologien und Services auf ihrem Weg in die Digitalisierung. Wir haben hier in Österreich ein tolles Team, das unsere Kunden bei der Einführung von KI Projekten und Hybrid Cloud Lösungen begleitet. Wichtig ist mir hier der Fokus auf innovative Technologien und Projekte – etwa um eine nachhaltige Lieferkette aufzubauen oder neue Geschäftsmodelle mit modernen Applikationen und sicherer Infrastruktur umzusetzen. Ein weiterer Schwerpunkt ist für mich das Thema Inklusion. IBM ist zum Beispiel einer der Mitinitiatoren der Initiative #positivarbeiten – gegen die Diskriminierung von HIV-positiven Mitarbeitern am Arbeitsplatz.
LEADERSNET: Konnte auch IBM durch den pandemiebedingten Digitalisierungs-Boost ihre Geschäftsfelder expandieren?
Neumann: Mein Fokus liegt auf einer langfristigen Zusammenarbeit mit unseren Geschäftspartnern. Wir haben unsere Kunden gerade in der Anfangszeit der Pandemie bei der Einrichtung von Remote Working unterstützt. Das umfasst auch die Digitalisierung von Prozessen. Die braucht es, um wirklich Remote arbeiten zu können. Eng damit verbunden ist wiederum das Thema Security. Der externe Zugriff auf interne Systeme und Prozesse muss entsprechend abgesichert werden, um hier keine zusätzlichen Angriffspunkte für Cyber Kriminalität zu bieten.
LEADERSNET: Prozessdigitalisierung, Künstliche Intelligenz und Cloudlösungen sind die Kernkompetenzen von IBM. Wie wird sich das Arbeiten in der Zukunft verändern?
Neumann: Wir werden nicht mehr so arbeiten wie vor der Pandemie. Ich sehe es als große Chance, die positiven Lehren und Entwicklungen mitzunehmen und eine neue Arbeitswelt und ein neues Arbeitsmodell zu gestalten. Hier gilt es flexibel zu sein und auf die unterschiedlichen Bedürfnisse unserer Kunden und Mitarbeitenden einzugehen. So kann der Arbeitsplatz zu Hause sein, vor Ort beim Kunden oder im Büro. Gemeinsam gilt es ein Modell zu erarbeiten, dass ein positives Arbeitsklima schafft.
LEADERSNET: Inwieweit wird Cyber-Security im Zeitalter der Digitalisierung an Wichtigkeit gewinnen?
Neumann: Cyber-Security hat durch die Pandemie und den damit zusammenhängenden Veränderungen in der Arbeitsweise dramatisch an Bedeutung gewonnen. Die Anzahl der mobilen Geräte, die es zu verwalten gilt, stieg durch das Arbeiten von zu Hause rasant an. Das Risiko von Cyber Angriffen erhöhte sich aufgrund der neuen Umstände exponentiell. Laut der neueste "Cost of a Data Breach"-Studie des Ponemon-Instituts treibt die COVID-19-Pandemie die Kosten für Sicherheitsvorfälle auf ein nie gemessenes Niveau. 4,24 Millionen US-Dollar kostet ein Datenvorfall den untersuchten Unternehmen im weltweiten Durchschnitt. Ich höre in meinen persönlichen Gesprächen, dass die Sensibilisierung der Unternehmen für das Thema Security stark gestiegen ist.
LEADERSNET: Wie hoch ist aus Ihrer Sicht der Digitalisierungsgrad der österreichischen Wirtschaft? Welche Meilensteine liegen hier vor uns?
Neumann: Ich sehe einen hohen Grad der Digitalisierung in der Industrie oder bei den Finanzdienstleistern. Aufholbedarf sehe ich vor allem im Bereich der Prozessdigitalisierung. Wie können bestehende Prozesse mit neuen Technologien wie KI transformiert werden? Damit einher geht die Nutzung von Cloud Services. Unternehmen müssen sich eine Hybrid Cloud Strategie zurechtlegen. Welche Prozesse und Daten bleiben bei mir im Unternehmen und welche werden in die Cloud gelegt? Wie stelle ich sicher, dass die Daten und die Prozesse entsprechen geschützt sind? Cyber-Security und Cloud-Security werden hier zu kritischen Erfolgsfaktoren.
LEADERSNET: Wie wird sich das Verhältnis menschliche Intuition/Intelligenz versus Künstlicher Intelligenz aus Ihrer Sicht entwickeln?
Neumann: KI hat bereits Einzug in unser Leben gehalten. Wir begegnen ihr laufend in unserem Alltag. Nicht nur in der klassischen Form eines Chatbots, sondern beispielsweise auch bei der Abwicklung von Versicherungsanliegen, in Suchmaschinen, Onlineshops und den sozialen Medien. KI kann riesige Mengen an Daten analysieren und Handlungsvorschläge erstellen. Es geht darum, die Menschen zu unterstützen und nicht Entscheidungen für sie zu treffen. Es obliegt uns, wie wir damit umgehen und KI nutzen. Es ist ein Mensch und Maschine.
LEADERSNET: Inwieweit ist der politische Kurs Amerikas ausschlaggebend für die Geschäftsentwicklung von IBM Österreich?
Neumann: In der gerade von der AmCham veröffentlichten Studie zu den Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich-USA geht hervor, dass der Warenaustausch mit den USA ist in letzten zehn Jahren um 150 Prozent gestiegen ist. Die Top-50 US-Unternehmen sind in Österreich für 120.000 Arbeitsplätze verantwortlich und die österreichischen Top-50 Unternehmen erwirtschaften in den USA 6 Milliarden Euro Jahresumsatz. Die Wirtschaftsbeziehungen Österreich-USA stehen also auf einer sehr soliden unternehmerischen Basis, wobei es wichtig ist, dass die Politik den freien Warenaustausch unterstützt.
LEADERSNET: Stichwort Digitalisierung: Dürfen wir uns auf die Zukunft freuen oder müssen wir diese mit Respekt erwarten?
Neumann: Ich sehe die Digitalisierung als große Chance. Wobei die Digitalisierung nicht zum Selbstzweck vorangetrieben werden soll, sondern immer einen Nutzen spenden muss. Wir entscheiden, wo wir welche Technologien zu welchem Zweck einsetzen wollen. Ich bin der Überzeugung, dass wir Technologie brauchen, um die Herausforderungen, die Klimakrise und Pandemie an uns stellen, zu meistern. Wenn wir alle verantwortlich mit den neuen Technologien umgehen und diese einsetzen, um unsere Ressourcen zu schonen und Nachhaltigkeit zu leben, schauen wir in eine sehr positive Zukunft. (red)
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