"Helvetia ist ein ausgesprochen wertschätzendes Unternehmen"

Thomas Neusiedler, der neue CEO der Helvetia, über Nachhaltigkeit in der Unternehmensphilosophie, den Vertrieb der Zukunft, das sich verändernde regulatorische Umfeld, und wie Robotics bereits eingesetzt wird. 

Seit 1. Jänner 2020 ist Thomas Neusiedler, zuvor Vorstand für das Ressort Schaden-Unfall bei Helvetia Österreich, als CEO von Helvetia Österreich im Einsatz. LEADERSNET hat den diplomierten Wirtschaftswissenschaftler zum exklusiven Interview gebeten.

LEADERSNET: Sie sind seit Anfang des Jahres CEO der Helvetia? Was haben Sie vor?

Neusiedler: Das Jahr 2020 steht im Zeichen profitablen Wachstums. Wir nehmen uns gebührend Zeit, um die aktuelle Strategieperiode helvetia 20.20 optimal abzuschließen und arbeiten an den Zielen bis 2025. Helvetia Österreich ist ein erfolgreiches Unternehmen mit überdurchschnittlicher Vertriebskraft und einer Vielzahl an Talenten in unseren Reihen. Das wurde uns nicht zuletzt bei den AssCompact Awards 2019 wieder bescheinigt. Aber natürlich müssen auch wir technologisch agiler werden und den Service bei wachsenden Prämien und Kunden laufend verbessern. In den letzten Jahren haben wir bereits viel umgesetzt. Mit Beginn der neuen Strategieperiode werden wir wieder neue Ressourcen haben, um spürbar Innovationen voranzutreiben.

LEADERSNET: Wie eigenständig können Sie als Österreich-Chef schalten und walten?

Neusiedler: Helvetia ist ein ausgesprochen wertschätzendes Unternehmen, das beginnt bereits beim Verhältnis der Länder-CEOs zum Schweizer Konzern. Die Ländereinheiten erhalten ambitionierte Zielvorgaben, aber wie wir von A nach B kommen, entscheiden wir lokal – das finde ich auch gut und richtig so.

LEADERSNET: Wie beschreiben Sie Ihren Führungsstil?

Neusiedler: Auf Augenhöhe. Ich baue auf eine gesunde Mischung aus klarer Fokussierung auf die richtigen Themen, hoher Umsetzungsfrequenz und sozialer Kompetenz. In der Kommunikation lege ich Wert auf einen Austausch auf Augenhöhe bei gleichzeitiger Verbindlichkeit – gegenüber unseren Kunden, Vertriebspartnern, Mitarbeitenden, aber auch in Richtung des Helvetia Konzerns in der Schweiz. Ansonsten ist meine Anforderung für das nächste Jahr ganz einfach: Mit Begeisterung Neues wagen und dabei das Bestmögliche geben. Gemeinsam bringen wir Innovationen weiter – wir haben schließlich die besten Voraussetzungen dafür!

LEADERSNET: Welche Produkte stellt Helvetia den Kunden am österreichischen Markt zur Verfügung?

Neusiedler: Wir sind ein Versicherungsunternehmen mit Fokus auf Privat- und Gewerbekunden, betreiben alle Sparten des Lebens- und des Schaden-Unfallgeschäftes. Unsere Stärke liegt im individuellen Service. Wir denken an Lösungen und sind da, wenn es darum geht. Das schätzen unsere Kundinnen und Kunden sowie unsere Vertriebspartner.

LEADERSNET: Wie steht es allgemein um die Prämieneinnahmen? Gibt es Sparten, die sich besonders positiv entwickeln?

Neusiedler: Der Helvetia Konzern ist in verschiedenen Ländermärkten Mittel- und Südeuropas vertreten, Österreich ist eine erklärte Wachstumsregion. Wir steigern unser Prämienaufkommen mittlerweile mehrjährig über dem Branchenschnitt, von der Unfallversicherung über KFZ und Eigenheim bis hin zum Gewerbebündel bieten wir unseren Vertriebspartnern und Kunden individuelle Lösungskonzepte.

LEADERSNET: Können die Fondsgebundenen Lebensversicherungen ihr Wachstum beibehalten?

Neusiedler: Wir setzen unverändert auf unser Lebensversicherungsgeschäft und hier besonders auf die fondsgebundenen Produkte – ich bin mit der Entwicklung zufrieden, konkret muss ich Sie aber bis zu unserer Bilanzpräsentation am 4. März 2020 vertrösten.

LEADERSNET: Zählt der Bereich Schaden-Unfall weiterhin zu den tragenden Säulen des Geschäfts, wie ist die Entwicklung?

Neusiedler: In den vergangenen Jahren sind wir in unserem Kernbereich Schaden-Unfall über dem Markt gewachsen, alleine im ersten Halbjahr 2019 konnten wir ein Plus von 5,6 Prozent auf 171,0 Mio. Euro verzeichnen. Die Richtung stimmt – Details folgen wie gesagt mit der Veröffentlichung der Jahresergebnisse.

LEADERSNET: Mit welchen Innovationen können auch neue Zielgruppen erschlossen werden?

Neusiedler: Im Bereich der Produktinnovationen setzen wir auf zwei aktuelle Trends: Den Wunsch nach Schutz im virtuellen Raum und nach verantwortungsvollem Anlegen. Diese beiden Trends decken wir mit unserer Cyberversicherung für Privat- und Firmenkunden und unserem nachhaltigen Angebot in der Fondsgebundenen Lebensversicherung gut ab. So berücksichtigt die »FairFuture Lane« ausschließlich Fonds von Unternehmen mit klarer nachhaltiger Ausrichtung. Außerdem erschließen wir neue Zielgruppen mit unserem Versprechen »einfach.klar.helvetia.«. Wir arbeiten an den Themen Digitalisierung und Kundenzentrierung, um das Leben für unsere Kunden zu vereinfachen. Ein Beispiel ist hier die digitale Unterschrift, die wir mit Ende letzten Jahres ausgerollt haben. Sie wurde hausintern entwickelt und ein wichtiger Schritt zu einem zeitgemäßen Weg des Versicherungsverkaufs, der den Arbeitsalltag für Mitarbeitende und Partner spürbar erleichtert. Bei all den Zielen für das laufende Geschäftsjahr orientieren wir uns an den Schweizer Tugenden Verlässlichkeit und Innovation.

LEADERSNET: Sind auch Werbe-Kampagnen geplant?

Neusiedler: Wie schon in den vergangenen Jahren, starten wir auch heuer wieder mit einer Werbekampagne ins neue Jahr. Aktuell sind unsere Radio-Spots auf verschiedenen Sendern zu hören und wir haben auf eine Online-Kampagne laufen. Rund um den Opernball schalten wir auch TV-Spots. Außerdem sind wir mit unserem Sportsponsoring im Ski Alpin und mit unserer Leichtathletik Partnerschaft während der Olympiade präsent.

Einen weiteren Marketing-Schwerpunkte werden wir 2020 im Rahmen unserer Gewerbeoffensive setzen. Sie rückt klein- und mittelständische Unternehmen in den Fokus, um den Ausbau des Firmenkundengeschäfts voranzutreiben und wird in allen Vertriebswegen umgesetzt. Um unsere Markenbekanntheit in diesem anspruchsvollen Kundensegment zu erhöhen, investieren wir in Image-Videos mit Firmenkunden und sind Sponsoring-Partner ausgewählter Veranstaltungen aus den Bereichen Gastronomie und Kulinarik.

LEADERSNET: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in der Unternehmensphilosophie?

Neusiedler: Corporate Responsibility ist nach wie vor fest in unserer Unternehmensphilosophie verankert und eng mit dem Kerngeschäft verknüpft. Unser Anspruch ist es, nachhaltige Werte für unsere Kundinnen und Kunden, unsere Mitarbeitenden und Partner zu schaffen. Auch 2020 nehmen wir unsere gesellschaftliche Verantwortung wahr. Zusätzlich zum etablierten Schutzwald-Engagement gewinnt die Zusammenarbeit mit der Stiftung Helvetia Patria Jeunesse an Dynamik, die lokale Kinder- und Jugendprojekte unterstützt.

LEADERSNET: Wird das Engagement in Umwelt, Bildung, Kunst und Sport weiterhin hochgehalten?

Neusiedler: Absolut. Vorrangig eben durch unsere Stiftung Helvetia Patria Jeunesse. So konnten im vergangenen Jahr 21 Projekte mit insgesamt über 42.000 Euro unterstützt werden. Die Stiftung fördert gezielt Kinder und Jugendliche in den Bereichen Sport, Spiel, Freizeit und Kultur.

LEADERSNET: Agenturen und Maklerpartnerschaften: Wie stellen Sie den Vertrieb künftig auf?

Neusiedler: Unser Vertrieb fußt mit dem angestellten Außendienst, dem Makler- und dem Agenturvertrieb auf drei in etwa gleich starken Säulen, was in der heimischen Versicherungslandschaft einzigartig ist. Hinzu kommen die hochspezialisierten Segmente im Bankenvertrieb und die auf Transportversicherung spezialisierte Direktion für Österreich (DfÖ). Wir sind immer auf der Suche nach jungen Talenten und erfahrenen Verkäufern, die unsere Vertriebskraft stützen. Um eine Vertriebskarriere bei Helvetia zu bewerben, haben wir eigens ein Imagevideo produzieren lassen.

LEADERSNET: Wie beurteilen Sie die Chancen für die nächsten Geschäftsjahre?

Neusiedler: In Summe haben wir ein solides Fundament geschaffen, um unser nachhaltiges Wachstum in den kommenden Jahren fortzusetzen.

LEADERSNET: Welche Themen werden die Branche nachhaltig betreffen?

Neusiedler: Es gibt einige Herausforderungen und die Branche ist am Zug, hier Lösungen zu bieten. Ich denke beispielsweise an das sich verändernde regulatorische Umfeld, wo mit IFRS17 in den nächsten Jahren fundamentale Änderungen in der Abschlusslogistik bevorstehen. Das Zinsumfeld spielt den Bereichen Lebensversicherungen und der Kapitalveranlagung weiterhin nicht in die Karten. Auch müssen Versicherer agil bleiben und sich dem veränderten Nachfrageverhalten von Kundinnen und Kunden anpassen. Was Klimawandel und technologische Veränderungen für den Schaden-Unfall-Bereich bedeuten, wird sich noch zeigen.

LEADERSNET: Elektronische Unterschrift, Robotics in der Schadenbearbeitung: Wo orten Sie die größten Chancen des digitalen Wandels?

Neusiedler: Wir investieren in die Automatisierung unserer Prozesse und setzen im Schadenservice bereits neue Technologien aus dem Bereich Robotic ein, mit denen wir sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Beispielsweise haben wir zur Abwicklung von Kfz-Schäden eine eigene Plattform im Schadenbereich eingeführt, die eine hohe Automatisierung erlaubt und allen Beteiligten wie involvierte Werkstätten Zugriff auf Informationen gewährt. Massenprozesse wie Datenübertragungen werden automatisiert und Mitarbeitende werden entlastet, um sich anspruchsvolleren Tätigkeiten wie der qualitativen Beratung widmen zu können. Alle Maßnahmen folgen unserem Markenversprechen '"einfach.klar.helvetia" und werden uns unserem Ziel – die beste Partnerin für Mitarbeitende und erfolgreiche Vermittler zu sein – näherbringen.

www.helvetia.at

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