Erst zu Pfingsten wurde bekannt, dass René Benko den deutsche Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof zur Gänze übernimmt. Österreichs Parade-Investor hatte schon lange Zeit seine Kreise um die zweite Hälfte des Kaufhausriesen gezogen und Verhandlungen mit dem kanadischen Partner geführt bevor dieser letzendlich das Handtuch werfen musste. Die Süddeutsche Zeitung schrieb gleich im Anschluss an die diesbezügliche Pressemitteilung, dass dies, wenngleich erfreulich für den Millionär, alles andere als gute Nachrichten für die Mitarbeiter von Galeria Kaufhof bedeuten würde. Diese Prognose bewahrheitet sich nun allem Anschein nach.
Der Warenhauskonzern will nun nämlich weitere Sparmaßnahmen beschließen. Aus Unternehmens- und Gewerkschaftskreisen will die Süddeutsche Zeitung erfahren haben, dass das Gemeinschaftsunternehmen von Karstadt und Kaufhof beabsichtigt zwei Logistikstandorte in Frechen und Erfurt sowie vier kleinere regionale Verteilzentren in Stuttgart, Würzburg, Hannover und Berlin zu schließen. Eine entsprechende Vereinbarung soll am Montag zwischen Geschäftsführung und Gesamtbetriebsrat unterzeichnet werden.
Extremkürzungen sollen für "Interessenausgleich" sorgen
Das Management sprach den Informationen zufolge von einem Interessenausgleich. Die Einigung ermögliche es, "erhebliche Einsparungen an Personal- und Sachkosten zu erzielen", die für die Gesundung des Unternehmens notwendig seien. Aus Sicht der Arbeitnehmer seien mögliche soziale Härten durch einen Sozialplan abgefedert. Über das Volumen der Einsparungen und den Umfang des Stellenabbaus war zunächst nichts Genaues bekannt. Dies ist Thema in den noch laufenden Verhandlungen.
Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi sind allein in der Kaufhof-Logistik 1100 Arbeitsplätze von insgesamt 1650 Stellen bedroht. Diese würden zusätzlich zu den ohnehin bis zu 4500 von der Kündigung bedrohten Mitarbeitern von Kaufhof in der Verwaltung und in den Filialen hinzukommen.
Ein Standort soll ausgeweitet werden, die Gewerkschaften bezweifeln das jedoch. Vorgesehen ist darüber hinaus, die Kapazitäten in den Lagern in Dietzenbach und Neuss und im Verteillager in München zu reduzieren. Der Standort Köln-Porz soll hingegen ausgeweitet werden. Ob dies tatsächlich geschieht, wird von Gewerkschaftsseite angezweifelt. Durch die Neuorganisation sollen der Transport von Online-Bestellungen und Retouren schneller verarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht werden.
Umstrukturierung als "Beruhigungspille"
Ziel des Umbaus ist es aus Arbeitgebersicht, die moderne Logistik im Zuge der wachsenden Digitalisierung zu einem der wesentlichen Wachstumsfelder zu machen. Der Konzern wolle zudem weitere Partner, vor allem Markenhersteller, gewinnen. Das heißt, dass die Logistik auch anderen Unternehmen zur Verfügung stehen soll. Auf diese Weise soll ein weiterer Abbau von Stellen verhindert werden. Aus Gewerkschaftssicht ist das eine Art "Beruhigungspille". Das Geschäft mit Dritten stehe noch am Anfang. Bereits im vergangenen Jahr hatte Karstadt die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens mit dem Logistikdienstleister Fiege angekündigt, das seine Dienstleistungen auch anderen Unternehmen anbieten soll.
Grund für die Umstrukturierung ist, dass sich die Logistikstandorte von Karstadt und Kaufhof teilweise überlappten und nach der Fusion neu zugeschnitten werden mussten. Gekürzt wird allerdings nur bei Kaufhof. Der Konzern zählt nach der Schließung der Logistik- und Verteilzentren noch etwa 180 Standorte in Deutschland. Die größten befinden sich in Unna, Vogelheim und Porz. Zudem sollen auch Filialen in einzelnen Städten als Logistikzentren dienen. Etwa 80 Prozent der urbanen Bevölkerung Deutschlands sei nach Unternehmensangaben innerhalb von 15 Fahrminuten von den Filialen aus erreichbar. (red)
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