Austrian-Compliance-Enquete: Event-Branche sieht sich "unter Generalverdacht"

"Schwammig formuliertes Korruptionsstrafgesetz" führe zu drastischem Rückgang beim Ticketverkauf.

Die Austrian-Compliance-Enquete 2018 für Event- und Tourismus-Management hat es mehr als deutlich gemacht: Die Einbußen beim Event-Package-Verkauf, speziell im VIP-Ticket-Bereich, seien signifikant und bereits existenzbedrohend. "Gleich vorweg, damit keine Missverständnisse aufkommen: Niemand von uns will das Anti-Korruptionsgesetz abschaffen", erklärt Gert Zaunbauer, Obmann der Fachgruppe Freizeit- und Sportbetriebe in der Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) und Veranstalter der Enquete.

Verunsicherte Top-Manager

Jedoch sei nun der Event-Branche "der Kragen geplatzt", weil Top-Manager bei Einladungen immens verunsichert seien diese anzunehmen. Die Nerven der firmeninternen Compliance-Officer lägen oft blank und für Marketing-Abteilungen gleiche es einem schweißtreibenden Drahtseilakt, honorige Ehrengäste und relevante Würdenträger zu einem Event für effizientes Networking zu bekommen, so Zaunbauer.

"Eine ganze Branche steht unter Generalverdacht, dass sie VIP-Loungen als Brutstätten von Korruption und Packelei zur Verfügung stellt", ärgert sich der Fachgruppen-Obmann. Für die Enquete-Teilnehmer seien die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen nichts anderes als eine Blendgranate, die von der eigentlichen "Offshore-Korruption & Co." ablenken soll.

8,9 Milliarden Euro Umwegrentabilität in Gefahr

Nicht außer Acht zulassen sei auch die volkswirtschaftliche Komponente des Veranstaltungswesens. "Der vorjährigen IHS-Studie zufolge trägt unsere Branche knapp neuen Milliarden Euro an Umwegrentabilität zum BIP bei und beschäftigt über 140.000 Mitarbeiter. Weiters sind Mega-Events im TV ein wesentlicher Image- und Werbeträger im Ausland für den heimischen Tourismus", betont Erik Kastner, Vorsitzender der Eventnet.Austria.

"Das Korruptionsstrafrechts drängt das Veranstalterwesen buchstäblich in die Ecke", ergänzte Hubert Neuper, der für die Zukunft der Schiflug WM am Kulm "schwarz sieht". Ähnlich formulierte es der emba-Präsident Martin Brezovich: "Die aktuelle Regelung ist ein Anschlag auf den Wirtschafts- und Tourismusstandort Österreich. Einer ganzen Branche, die mit einzigartigen Eventformaten wesentlich zur touristischen Bewerbung Österreichs beisteuert, wird das Leben unnötig schwer gemacht." Deshalb brauche es ein alltagstaugliches Compliance-Gesetz, so Hermann Wurzenberger Geschäftsführer der Show Express GmbH.

Der Laxenburger Appell mit den Branchen-Forderungen

"Bei der Austrian Compliance Enquete geht uns darum, aufzuzeigen, was falsch läuft und wo massive Probleme für unserer Branche vorherrschen", betont Obmann Gert Zaunbauer. Ergebnis der Enquete ist der Laxenburger Appell: Die Forderung nach einem Commitment der Regierung zum Erhalt von werbewirksamen Groß-Events als Visitenkarten von Österreich.

Konkret einigte sich die Branche auf drei Hauptforderungen: Erstens klare Bestimmungen im Korruptionsstrafgesetz, mit denen Firmen sowie Veranstalter arbeiten können. Etwaige mit einer Bagatellgrenze und einer Obergrenze, wie es mit 1.000 Schweizer Franken in der Schweiz diskutiert werde. Um mehr Transparenz in die Geschenkannahme von Events zu erhalten, kann sich die Branche eine Punkteliste nach Green-Event-Vorlage zu jeder Veranstaltung vorstellen, um die personenbezogene Zuwendung einer Einladung zu bemessen.

Zweitens wird die Streichung des Anfütterungsparagraphen gemäß dänischem und schweizerischen Vorbild gefordert. Als dritter Punkt müsse der Begriff "Amtsträger" konkretisiert werden, da 43 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher vor dem Gesetz "Amtsträger" seien. Somit dürfte fast jeder zweite Bürger – vom Feuerwehrmann bis zum ORF-Portier – nicht zu einer Jubiläumsfeier oder einem feierlichen Dankesabendessen eingeladen werden. Die Branche schlägt hier eine Amtsträger-Bezugspyramide vor. (red)

Impressionen von der Austrian-Compliance-Enquete 2018 finden sie hier.

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