Ethik, Recht und Technologie standen im Mittelpunkt des IAA Business Communication Lunch im Palais Wertheim. "Die Auswirkungen der Digitalisierung gehen uns alle an und stellen uns vor Herausforderungen, die wir heute unmöglich abschätzen können. Nur eines ist sicher: Nichts bleibt, wie es ist und wir werden uns auf eine völlig neue, hochtechnologisierte Welt gefasst machen müssen", so IAA Generalsekretärin Christine Antlanger-Winter, CEO Mindshare Austria. Alena Buyx, Mitglied des Ethikrates der Deutschen Bundesregierung und Digitalrechtsexperte Nikolaus Forgó von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien versuchten Antworten auf brandaktuelle Fragen und Lösungen für eine lebenswerte, digitale Zukunft zu finden.
Buyx sieht grundsätzlich großes, positives Potential in der Zukunft, ist sich aber der Gefahren und negativen Effekte, der rasant fortschreitenden technologischen Entwicklung bewusst. Um dem gegenzusteuern, ist es wichtig, dass auch Techniker – ähnlich wie Mediziner - in ethischen Fragen ausgebildet bzw. ethische Berater beigezogen werden. Sie nannte als Beispiel ein Programm an der Universität Stanford, wo Ethik als Lehrfach ein Teil von technischen Ausbildungen ist.
"Weder schlecht noch gut"
Das größte Problem sehen die beiden Wissenschaftler nicht in der Regulierung, die würde man, laut Nikolaus Forgó, in den Griff bekommen, sondern darin, wie wir mit dem technischen Wandel umgehen. Die Dual-Use Problematik wird nun, da sich praktisch jeder fast alle Informationen beschaffen kann, noch schwerer in den Griff zu bekommen sein. "Technologien sind per se ja weder schlecht noch gut, entscheidend ist der Einsatz", meint Alena Buyx, "das macht uns Angst und wir haben Schwierigkeiten sie emotional und psychisch in unser Leben zu integrieren, selbst wenn viele Neuerungen bereichernd sein werden. Wir müssen die Herausforderungen rational sehen und versuchen, in unserem Bereich eine Balance zu finden".
Dem kann Nikolos Forgó nur zustimmen: "Auch die Politik muss sich in Sachlichkeit und Zurückhaltung üben. Es ist für ein Land wie Österreich sicherlich besser, sich in einem größeren Verbund, wie der EU, wiederzufinden und nicht eigene, nationale Wege zu gehen". In Bezug auf die „Kompromisslösung“ Datenschutzgrundverordnung und die e-Privacy-Richtlinie ist der Rechtsexperte eher skeptisch: "Die EU ist aktiv im Regulieren, aber erstens finden wir hier große Widersprüche, wie z.B. Datenschutz versus Informationsfreiheit und zweitens lässt sich Technologie durch Recht nur schwer steuern. Viele wussten gar nicht, dass es bereits sehr viele Datenschutz-Regulierungen gibt, erst dadurch, dass in Zukunft Strafen drohen, wurden sie darauf aufmerksam, was mit den Daten alles gemacht werden kann und jetzt ist der Schock natürlich groß."
Ähnlich sieht es Alena Buyx: "Wir kämpfen - und das gilt für den Einzelnen ebenso, wie für die Wirtschaft im Allgemeinen - mit einem Bewusstseinsproblem. Trotzdem sehe ich in den hohen Standards, die wir in Europa haben, mehr eine Chance als einen Nachteil. Wir müssen hier ge- und entschlossen auftreten – an großen Unternehmen, wie z.B. Facebook, kann man ja sehen, dass die strengeren EU-Richtlinien sogar freiwillig übernommen werden. Der europäische Markt ist ein großer wirtschaftlicher Faktor, das sollten wir uns zunutze machen.“ Nikolaus Forgó sieht in der e-Privacy Richtlinie grundsätzlich auch keine Schwierigkeit, wohl aber in deren teilweise sehr unklaren Formulierung – dies könne sehr wohl zu einem Wettbewerbsnachteil führen.
Techniken abbrechen
Für die Zukunft wünschen sich die beiden Experten, dass nicht neue Technologien verdammt werden, sondern überlegt wird, welcher Einsatz "geächtet“ wird und wie der Mensch Herr der Lage bleibt. Es muss auch möglich sein, bestimmt Techniken abzubrechen, die ohne menschliche Kontrolle funktionieren könnten. In diesem Zusammenhang wäre es dringend notwendig, Ethikkommissionen mit entsprechenden Mitteln und Möglichkeiten auszustatten, um auf potentielle Gefahren hinzu-weisen und entsprechende Schritte einleiten zu können. (jw)
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