"Die Start-up Bewertungen in Österreich haben sich zum Teil halbiert"

| Tobias Seifried 
| 21.02.2023

Top-Investor erklärt, weshalb es Jungunternehmen aktuell so schwer haben. Zudem hat er Tipps für Gründer:innen auf Lager. Diese sollten jedenfalls einen "kühlen Kopf" bewahren.

Nachdem in den vergangenen Jahren einige österreichische Start-ups große, teils international beachtete Erfolge feierten, bläst vielen Jungunternehmer:innen derzeit ein ziemlich rauer Wind entgegen. Herausforderungen wie Corona-Pandemie, Krieg, Inflation oder Energiekrise gehen eben auch an dieser Szene nicht spurlos vorüber. Viele junge Unternehmen müssen ums Überleben kämpfen. Manche Branchen-Expert:innen sprechen deshalb sogar von einer veritablen Start-up-Krise. Zu ihnen zählt auch Startup-Experte und Investor Bernhard-Stefan Müller.

Neue Realität

Laut ihm haben in der Vergangenheit viele Start-ups auf Investor:innen gesetzt, mit dem Ziel, schnell zu skalieren. Doch nun sind sie mit einer ganz anderen Realität konfrontiert. Der im April 2022 veröffentlichte Start-up-Trend-Report zeigt, dass die Investitionsfreudigkeit in der Startup-Szene insbesondere in den USA, Europa und Asien in Branchen wie Biotechnologie oder KI zwar nach wie vor recht hoch ist, die Finanzkrise aber durchaus zu einer Verlangsamung bei Investitionen geführt hat.

Die Unsicherheit der wirtschaftlichen Lage bedingt Müller zufolge, dass viele Investor:innen vorsichtiger und kritischer gegenüber Start-ups geworden sind. Deshalb sind ihre Bewertungen gesunken, was wiederum ihre Finanzierungssituation verschärft habe. Investor:innen würden zudem vermehrt auf Start-ups mit ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales, Governance) setzen, da die Bedeutung von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung stetig zu wachsen scheint. Das zeigt, dass Start-ups bezüglich der Finanzierung aktuell sehr eingeschränkt sind.

Bewertungen teilweise halbiert

"Die Start-up Bewertungen in Österreich haben sich zum Teil halbiert. Unter anderem die Agrartech- und FMCG-Branche hat darunter stark zu leider. Start-ups sind per Definition auf Skalierung ausgelegt – dies ist nur mit entsprechendem Wachstumskapital möglich – solches aufzutreiben wir zunehmend schwieriger und dauert deutlich länger als dies noch 2022 der Fall war", so Bernhard-Stefan Müller.

Nun sei schnelles Handeln gefragt, um die Burnrates anzupassen und aus einer Wachstumsstrategie in eine Konsolidierung zu kommen, die mit weniger Geld auskomme. Gründer:innen müssen das Wesentliche im Fokus behalten und langfristige Veränderungen in Betracht ziehen, sagt Müller. Dabei spiele der Pivot eine wichtige Rolle. Ein Pivot bedeutet, dass ein Unternehmen seine Strategie ändert und eine andere Richtung einschlägt, um auf Dauer erfolgreich zu sein. Diese Anpassungsfähigkeit sei in Zeiten von Krisen bedeutender denn je. Banken als Finanzierungsquelle heranzuziehen erweise sich für Start-ups oft als schwierig. Sie sind meistens auf etablierte Unternehmen mit soliden Finanzierungsstrukturen ausgerichtet, was die Rahmenbedingungen für Start-ups erschwert.

Kühlen Kopf bewahren

Jungunternehmen können oft nicht genügend Sicherheiten bieten, um einen Kredit bewilligt zu bekommen.  Zudem seien ihre Geschäftsmodelle häufig noch nicht ausreichend erprobt, um von den Geldinstituten als erfolgsversprechend bewertet zu werden. Zudem legen Banken viel Wert auf langfristige Geschäftsbeziehungen, die Start-ups durch ihr schnelles Wachstum nicht garantieren können. Müller: "Man sieht also, die aktuelle Finanzierungslage von Start-ups ist kritisch."

Gründer:innen sollten laut dem Experten aber einen kühlen Kopf bewahren, ihre Geschäftsmodelle und Strategien überzeugend darlegen und kommunizieren, um Investor:innenen von ihrem Erfolgspotenzial zu überzeugen. In diesen Momenten sei es unabdingbar, gezielt und richtig zu handeln und dabei gut beraten zu werden. Berater mit Erfahrung könnten Gründer:innen dabei helfen, ihre Strategie anzupassen, neue Finanzierungsmöglichkeiten zu finden und langfristig erfolgreich zu sein, so Bernhard-Stefan Müller abschließend.

www.tantum.at

Investor und Start-up Experte

Bernhard-Stefan Müller ist Geschäftsführer des Company Builders Tantom und hat  selbst als Investor in mehrere Start-ups investiert. Er berät andere Investor:innen und Corporates in Akqusitionsrunden und ist Mitglied der Austrian Angel Investors Association.

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Bernhard-Stefan Müller ist Geschäftsführer des Company Builders Tantom und hat  selbst als Investor in mehrere Start-ups investiert. Er berät andere Investor:innen und Corporates in Akqusitionsrunden und ist Mitglied der Austrian Angel Investors Association.

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