"Wir bringen unseren Kundenstamm mit neuen Kund:innen zusammen"

Heimo Hammer ist CEO von kraftwerk. LEADERSNET verrät er, wieso sie sich als "Parship"-Werbeagentur verstehen und ob es trotz der Digitalisierung eine Sehnsucht nach dem Analogen gibt.

LEADERSNET: kraftwerk ist eine Werbeagentur, die in keine Schublade passt und gerade deshalb in den letzten Jahren stark gewachsen ist . Sie sagen gern, dass ihr das "Parship" der Kommunikationsbranche seid. Was darf man darunter verstehen?

Hammer: Der Begriff Agentur muss neu definiert werden. Wir verstehen uns als Unternehmen, das andere Unternehmen mehr als einen Schritt weiterbringen will.  Prinzipiell hat jede Agentur ihren Schwerpunkt und versucht diesen am Markt zu verkaufen. Das Wichtige ist aber, dass man seine Kunden weiterentwickelt. Das perfekte Matching von Kundenbedürfnissen mit Produkten und Services ist unsere Kernkompetenz. Ich nenne das Ganze "Parship B2B" oder "Parship "B2C".

Kund:in von heute suchen sich die Kanäle frei aus, wo sie ihre Meinung bilden. Da sind natürlich auch analoge Kanäle dabei. Das kann das Fernsehen sein, das kann aber auch eine Tageszeitung sein. Auf der anderen Seite gibt es digitale Kanäle, wo man immer und jederzeit an die Menschen herankommt. Am Ende des Tages geht es um die Frage: Wann trifft ein Mensch eine Entscheidung? Das passiert meistens, wenn er etwas angreifen, etwas fühlen kann - etwa ein Produkt, oder wenn er einer Person die Hand schüttelt. Das Digitale hilft im "Parship" Bereich auszusuchen, welche Produkte, welche Firmen infrage kommen. Im Leasing- oder Wohnfinanzierungsbereich gibt es oft schon bis zu 84 "Touchpoints", bevor man überhaupt den Vertrag abschließt. Und diese Touchpoints sind eben gemischt, analog und digital. Ich habe noch keinen Menschen gesehen, der sein Auto digital abgeholt hat.  Das ist bei Tesla so und bei jeden anderen Autohaus.

 
 
 

LEADERSNET: Gibt es eine Sehnsucht nach dem Analogen?

Hammer: Ich glaube, dass die Lockdowns der vergangenen Jahre auch einen positiven Effekt hatten: Beinahe jeder ist jetzt digital "fit". Jeder weiß, was ein QR-Code ist. Jeder weiß, wie man digitale Check-outs nutzt. Die Digitalisierung ist massiv gestiegen, aber umgekehrt gibt es natürlich auch etwas, was durch das Social-Distancing entstanden ist, nämlich der Wunsch, wieder soziale Kontakte aufzubauen. Ich glaube, dass viele Menschen heute die Sehnsucht haben, wieder so wie früher ungezwungen und ohne Einschränkung Leben zu können. Wir leben in turbulenten Zeiten und viele Menschen sehnen sich nach menschlichem Kontakt und vor allem Sicherheit.

LEADERSNET: Bei Ihrem kraftwerk-Event laden Sie in den "Weingarten" und die Menschen kommen in Scharren (LEADERSNET berichtete). Ist das dieser persönliche Kontakt von dem Sie sprechen?

Hammer: "Sich persönlich zu treffen, sich zu sehen, sich riechen können" sind durch nichts zu ersetzen. Hier geht es um die Sinneswahrnehmung der Menschen. Ich glaube, das Wichtigste was die Menschen heute brauchen, ist eine Umgebung, in der sie sich wohlfühlen. Wir leben in Wien in einer der tollsten Städte der Welt. Die Wiener Weinberge sind weltberühmt, das Klima dort ist hervorragend. Wir sind froh einen Platz, wie das Weingut Partik, gefunden zu haben. Die Leute kommen gerne und fragen schon, wann es wieder stattfindet. Es geht dabei nicht nur darum, auf einem Weinberg gute Stimmung zu haben, sondern auch Menschen in einem anderen Setting zu spüren.

LEADERSNET: Also einmal weg aus dem Büro?

Hammer: Natürlich. Wir alle verbringen viel zu viel Zeit (sinnlos) im Büro und am Handy. Ich bin gerade dabei, mit der TU Wien (ACE - Academy for  Continuing Education) eine Leadership-App zu entwickeln, die zeigt, wie man als moderner Leader sich und sein Team effizient steuert. Wir alle verschwenden Zeit mit diesen Geräten (drei bis vier Stunden am Tag) und wenn man dann in den Weinbergen ist, gibt man das Handy auf die Seite, schaut den anderen ins Gesicht, tauscht sich aus und hat eine ganz andere Qualität in der Kommunikation.

LEADERSNET: Wo wird sich die Branche mittelfristig in den nächsten drei bis fünf Jahren hin entwickeln? Was wollen die Menschen in unserem Land? Wie schaut die Arbeitswelt aus?

Hammer: Das sind wichtige Fragen, die eigentlich jeder für sich beantworten muss. Ich gehe mal kurz aus der Kommunikationsbranche raus und zu den Menschen hin. Ich denke, es wird eine Renaissance des persönlichen Treffens geben. Wir alle sind Menschen, wir sind soziale Wesen. In der Arbeitswelt gibt es einen verstärkten Trend hin zu Remote-Work. Ich denke, dass die Arbeitswelt sich massiv durch Covid verändert hat und weiter verändern wird. Ich bin gegen starre Systeme "One fits all" und für individuelle Vereinbarungen. Ob 2,5/ 4-Tagewoche, full remote, Mischformen Office & HomeOffice usw., es werden in Zukunft viele neue Formen entstehen. Für engagierte und gute Mitarbeiter:innen gab es noch nie so viele Gestaltungsmöglichkeiten wie heute, es kommt auf die Arbeitgeber:innen an, sich darauf einzustellen.

LEADERSNET: Sie haben in der Branche schon viel erlebt. Gegenwärtig leben wir in spannenden und herausfordernden Zeiten. Darf man sich auf die Zukunft freuen, oder muss man diese mit Respekt erwarten?

Hammer: Ich glaube, es hängt ein bisschen davon ab, ob man "gelernter Österreicher" oder Wiener ist. Da sieht man gerne schwarz. Das darf man aber nicht immer ernst nehmen, denn eigentlich haben die Wiener:innen das Herz am richtigen Fleck. Ich persönlich bin jemand, der hinter jeder Tür eine neue Möglichkeit sieht. Ich freue mich jedes Mal, wenn eine Tür aufgeht, ich sehe das immer als Chance. Trotz Covid, Krieg und Inflation hat man zurzeit viele Chancen neue Dinge zu machen. Ich glaube, man muss für neue Möglichkeiten immer die Augen offenhalten. Ich bin aber allgemein ein eher positiver Mensch. Bei kraftwerk ist es derzeit so, dass wir noch nie so viel zu tun hatten und auch in turbulenten Zeiten stark wachsen. Wir freuen uns auf die Zukunft und hoffen, dass der Krieg bald vorbei ist und Klimaziele spät aber doch von allen ernst genommen werden.

www.kraftwerk.co.at

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